WhatsApp Image 2020 09 24 at 19.41.21 2 e1600969905582
WhatsApp Image 2020 09 24 at 19.41.21 2 e1600969905582

Forschende der Sektion für Bewegungsstörungen und Neurostimulation der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz haben herausgefunden, dass der Nucleus subthalamicus, ein Nervenkern im Stammhirn, sowohl die Bewegungsgeschwindigkeit als auch die Geschwindigkeit von Prozessen der Entscheidungsfindung reguliert.

Verbesserten Ansatz zur Tiefenhirnstimulation entdeckt

Ein etabliertes Therapieverfahren für Parkinson-Patienten ist die Tiefenhirnstimulation (THS), bei der der Nucleus subthalamicus elektrisch stimuliert wird, um die Bewegungsgeschwindigkeit zu verbessern. Allerdings kann es durch die Stimulation bei einigen Patienten zu einer unerwünschten Beschleunigung der Entscheidungsfindung kommen.

Die Forschungsergebnisse, die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurden, zeigen, dass die Kontrolle der Bewegungsgeschwindigkeit und die Geschwindigkeit von Prozessen der Entscheidungsfindung nicht miteinander verknüpft sind und dass eine neue Form der Neurostimulation, bei der Stromimpulse in kurzen Intervallen gegeben werden, eine verbesserte THS ermöglicht.

Die Studienergebnisse stellen einen vielversprechenden Ansatz dar, um die THS weiterzuentwickeln

Die neurowissenschaftlichen Untersuchungen der Aktivität des Nucleus subthalamicus haben gezeigt, dass es keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Kontrolle der Bewegungsgeschwindigkeit und der Regulation der Geschwindigkeit von Prozessen zur Entscheidungsfindung gibt. Die Mainzer Wissenschaftler haben daraufhin ein verbessertes THS-Verfahren entwickelt, bei dem die Stromimpulse nur in kurzen Intervallen – sogenannten Bursts – gegeben werden, um die Motorik der Patienten noch gezielter und separat von der Entscheidungsfindung zu beeinflussen.

Implantierte THS-Elektroden bei einem Patienten mit Parkinson. © Universitätsmedizin Mainz / Dr. Damian Herz
Implantierte THS-Elektroden bei einem Patienten mit Parkinson. © Universitätsmedizin Mainz / Dr. Damian Herz

Die THS-Therapie wird eingesetzt, wenn die medikamentöse Parkinson-Therapie nicht mehr ausreichend ist und die Betroffenen an Lebensqualität verlieren. In einem operativen Eingriff werden kleine Elektroden im Gehirn platziert und mit einem Impulsgenerator verbunden, der auf dem Brustkorb implantiert wird. Die THS-Therapie ist vollständig reversibel, der Hirnstimulator kann abgeschaltet und wieder komplett aus dem Körper entfernt werden.

Morbus Parkinson ist in Deutschland mit rund 300.000 Betroffenen die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach der Alzheimer-Krankheit. Neben der Bewegungsverlangsamung können weitere motorische Störungen wie beispielsweise eine zunehmende Muskelsteifheit, Zittern sowie eine instabile Körperhaltung auftreten.

Die THS soll den Betroffenen helfen, ihre Bewegungen kontrollierter ausführen zu können

Univ.-Prof. Dr. Sergiu Groppa, Leiter der Sektion Bewegungsstörungen und Neurostimulation der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz, betont die Bedeutung des neuen Verfahrens: „Die THS soll den Betroffenen helfen, ihre Bewegungen kontrollierter ausführen zu können, beispielsweise beim Essen mit Besteck. Sie sollten dabei zudem aber weiterhin in der Lage sein, die Geschwindigkeit ihrer Entscheidungen zu steuern, um nicht etwa vorschnell das erste Gericht auf der Speisekarte zu bestellen.“

Teilnehmer waren in der Lage, Bewegungen schnell auszuführen

Die Forschungsergebnisse von Professor Groppa und seinem Team bieten einen vielversprechenden Ansatz zur Weiterentwicklung der Tiefen Hirnstimulation (THS) bei Parkinson-Patienten. Die neurowissenschaftlichen Untersuchungen des Nucleus subthalamicus haben gezeigt, dass es keinen kausalen Zusammenhang zwischen der Kontrolle der Bewegungsgeschwindigkeit und der Regulation der Geschwindigkeit von Prozessen zur Entscheidungsfindung gibt. Die Wissenschaftler haben festgestellt, dass die Teilnehmer in der Lage waren, Bewegungen schnell auszuführen, ohne dass sie gleichzeitig Entscheidungen schneller treffen mussten und umgekehrt.

Basierend auf diesen Erkenntnissen haben die Mainzer Wissenschaftler ein verbessertes THS-Verfahren entwickelt, das durch eine neue Form der Neurostimulation, bei der die Stromimpulse nur in kurzen Intervallen – sogenannten Bursts – gegeben werden, die Motorik der Patienten noch gezielter und separat von der Entscheidungsfindung beeinflussen kann.

Bislang an an 15 Parkinson-Patienten getestet

Professor Groppa erläutert, dass das neue THS-Verfahren an 15 Parkinson-Patienten getestet wurde, bei denen zuvor ein Tiefenhirnstimulator implantiert worden war. Durch kurze Stimulationsimpulse konnten die Wissenschaftler die Mechanismen der Bewegungs- und Entscheidungskontrolle im Gehirn untersuchen und Aufnahmen der elektrischen Aktivität des Nucleus subthalamicus der Probanden erstellen.

Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung und nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Erkrankung in Deutschland. Neben der Bewegungsverlangsamung können weitere motorische Störungen wie Muskelsteifheit, Zittern und eine instabile Körperhaltung auftreten. Die THS wird eingesetzt, wenn die medikamentöse Parkinson-Therapie nicht mehr ausreichend ist und die Betroffenen an Lebensqualität verlieren. In einem operativen Eingriff werden Elektroden im Gehirn platziert, die mit einem Impulsgenerator verbunden sind, der auf dem Brustkorb implantiert wird. Die THS-Therapie ist vollständig reversibel und kann bei Bedarf abgeschaltet und entfernt werden.

Die Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz setzt das THS-Verfahren seit fast 20 Jahren ein und führt jährlich rund 40 bis 50 Eingriffe durch. Die Universitätsmedizin Mainz zählt zu den größten THS-Behandlungszentren in Deutschland. Seit Ende 2021 steht den THS-Patienten in Mainz zusätzlich die telemedizinische THS-Therapie zur Verfügung.

Artikel-Empfehlung der Redaktion:

Die Universitätsmedizin Mainz und der Gutenberg Health Hub haben zusammen mit 14 anderen Partnern aus Forschung und Industrie das “Kompetenzzentrum Arbeitsforschung” namens KOMATRA gegründet. Das Ziel des Verbundprojekts ist es, nachhaltige Geschäftsmodelle im Medizinsektor in Rheinland-Pfalz und im Automobilsektor im Saarland zu fördern, um die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der Region zu sichern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt KOMATRA. Die Universitätsmedizin Mainz erhält eine Förderung in Höhe von rund einer Million Euro.

Uniklinik Mainz startet neues Pilotprojekt und erhält 1 Million Euro