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Bad Kreuznach. Einmal im Jahr ist Radio anders als sonst. Mutiger: Wenn die SWR1-Hitparade läuft.  Noch eine Woche lang können die Hörer sich dafür ihre Songs wünschen – Außergewöhnliches ist ausdrücklich erwünscht. Eigentlich hätte aus einen gläsernen Studio in Bad Kreuznach gesendet werden sollen, doch der Live-Auftritt wurde wegen Corona um ein Jahr verschoben.


Der Begriff „Dudelfunk“ hat einen eigenen Wikipedia-Eintrag. Der Fachbegriff dazu lautet „Formatradio“. Gemeint ist damit einerseits das Einsperren des Mediums in feste Abläufe und strikte Vorgaben: Werbung kommt immer zur gleichen Zeit oder Wortbeiträge dürfen eine gewisse Länger nicht überschreiten.

Andererseits ist die Musikauswahl normiert. Die Macher lassen aufwendig untersuchen, bei welchem Lied die meisten Hörer abspringen. Wenn sie dran bleiben, kommt der Song in die Rotation. Vermeintlich bedient das den Geschmack der Mehrheit, es hat aber auch zur Konsequenz, dass nicht läuft, was gefällt, sondern was nicht stört – Dudelfunk halt.

Nik Kershaw hat es zum Beispiel mit „I won’t let the sun go down on me“ 1983 mal auf Platz zwölf der Charts geschafft. 2020 läuft er auf SWR1 damit so häufig, als wäre es ein aktueller Top-Ten-Hit. Belanglos-Musik für die nicht mal jemand aufstehen würde, um den Sender zu wechseln.

Mutigere Moderatoren

Für die Musik, die von Montag bis Donnerstag, 14. bis 18. September, in der SWR1-Hitparade läuft, rufen die Hörer eigens an oder stimmen online darüber ab. Auch wenn sich das Abstimmungsverfahren im Selbstversuch als sperrig erweist. Mitunter weigert sich das Programm, Songs, die es noch nicht kennt, zu übernehmen.

Das hält aber viele nicht davon ab, sich zu beteiligen. Die SWR1-Hitparade ist beliebt. Das zeigen schon die vielen Reaktionen, die den Sender über Mail, soziale Netzwerke oder Telefon erreichen.

Es wäre jetzt spannend zu wissen, auf welchem Platz „I won’t let the sun go down on me“ in der Regel landet. Auf jeden Fall nicht in den Top Ten. Die ist Liedern vorbehalten, die im Formatradio zumindest nicht in den Spitzenzeiten laufen, schon weil sie zu lang sind: Miles Davis, Music; Queen, Bohemian Rapsody oder Led Zeppelin, Highway to heaven.

Auch der Moderationsstil ist ein anderer: Die Moderatoren trauen sich mehr, plaudern auch mal frei Schnauze. Und wenn ein Dialog im Studio zeitlich ausufert, dann ufert der halt aus. Es ist spannender als übers Jahr – der Hörer wird eher mal überrascht.

Verschobener Auftritt

Auf einen festen Teil der SWR1-Hitparade muss der Sender in diesem Jahr wegen Corona verzichten: Normal wird die Hitparade aus einem gläsernen Studio übertragen, das in einer Innenstadt steht. In diesem Jahr wäre Bad Kreuznach mit dem Kornmarkt dran gewesen. Nun hat die Stadt den Zuschlag fürs nächste Jahr erhalten.

Der Kontakt zu den Hörern will der Sender aber trotz des Virus intensiver gestalten, als im Rest des Jahres: Über App, Mail, Facebook oder Telefon können sie sich ans Studio wenden – die Moderatoren greifen das dann im Programm auf.

1000 Songs laufen von 14. bis 18. September am Stück durch. Die Abstimmung läuft noch eine Woche – bis zum 10. September. Grenzen werden grundsätzlich kaum gesetzt. Wer etwa Last Christmas schon im Spätsommer hören will, kann sich das durchaus wünschen. Die Abstimmung ist ja geheim.