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Wirtschaft Nachrichten: Der anhaltende Wohnungsmangel in Deutschland wird nach Einschätzung von Experten auch 2025 für deutlich steigende Mieten sorgen. Nach einem vorübergehenden Rückgang der Immobilienpreise könnten diese ebenfalls wieder leicht anziehen. Positiv fällt ins Gewicht, dass gesunkene Zinsen die Finanzierung von Immobilien erleichtern, wodurch mehr Menschen Kredite in Anspruch nehmen können. Doch die zugrunde liegenden Probleme des deutschen Wohnungsmarktes bleiben ungelöst.

Neubau in der Krise

Sören Gröbel, Director Research für Wohnimmobilien bei Jones Lang LaSalle (JLL), geht davon aus, dass die Bauaktivität in naher Zukunft weiter stagnieren wird. „Der Wille zum Neubau ist bei vielen Haushalten vorhanden, aber die Kosten für Handwerker und Materialien bleiben hoch. Der jüngste Zinsrückgang reicht nicht aus, um die hohen Bau- und Grundstückskosten auszugleichen,“ erklärt Gröbel. Insbesondere in städtischen Regionen bleibt Wohnraum knapp, was sich auf die Mietpreise niederschlägt.

Michael Schlatterer, Managing Director beim Immobiliendienstleister CBRE, teilt diese Einschätzung: Insolvenzen in der Baubranche und anhaltende Zuwanderung verschärfen die Situation. Der Wohnungsmangel hat sich vielerorts zu einem chronischen Problem entwickelt.

Der Baugewerbeverband ZDB prognostiziert für 2024 lediglich 250.000 bis 255.000 Fertigstellungen, weit entfernt vom Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr. Dies wirft Fragen über die Wirksamkeit der bisherigen politischen Maßnahmen auf.

Mietpreise steigen weiter

Daten von JLL zeigen, dass die Mieten im dritten Quartal 2024 erheblich gestiegen sind, und zwar auch in ländlichen Gebieten. Besonders stark war der Anstieg in den größten Metropolen sowie anderen Großstädten mit einem Plus von rund acht Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Auch in regionalen Zentren legten die Mieten um etwa 4,5 Prozent zu. Selbst in übrigen städtischen Räumen und dörflichen Gegenden kletterten die Preise um rund vier Prozent.

Die Inflation als Treiber

Gröbel identifiziert drei Hauptgründe für den Anstieg:

  • Viele Menschen weichen aufgrund der gestiegenen Zinsen vom Immobilienkauf auf den Mietmarkt aus.
  • Das Ungleichgewicht zwischen hoher Nachfrage und begrenztem Angebot verschärft sich.
  • Die Inflation führt zu höheren Einkommen, was sich auch in den Mieten widerspiegelt.

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, dass der Anstieg der Mieten 2024 mit rund vier Prozent sogar den Immobilienboom der vergangenen Jahre übertrifft. „Die Mietsteigerungen derzeit sind höher als im vergangenen Immobilienboom“, erklärt Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft.

Hohe Wohnkosten belasten die Bevölkerung

Deutschland steht im EU-Vergleich besonders unter Druck, da hier mehr Menschen zur Miete wohnen als in den eigenen vier Wänden. Die Eigentümerquote lag 2023 laut Eurostat bei unter 47 Prozent. Eine Umfrage der Direktbank ING zeigt, dass 26 Prozent der Mieter ihre Wohnkosten als „schwierig“ oder „sehr schwierig“ tragbar empfinden. Unter den Eigentümern betrifft dies lediglich 12 Prozent.

Ein Ende der Mietsteigerungen ist nicht absehbar. Gröbel betont: „Ein Patentrezept der Politik gibt es nicht. An den Trend zu hohen Mieten und Kaufpreisen in Städten werden wir uns gewöhnen müssen.“

Leicht steigende Kaufpreise

Auch bei Immobilienkäufen zeichnet sich eine Trendwende ab. Nach einer deutlichen Preiskorrektur 2023 steigen die Immobilienpreise seit Sommer 2024 wieder leicht an, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Der Aufschwung ist jedoch moderat. Laut JLL waren die Preiszuwächse im dritten Quartal gering, selbst in Großstädten. „Der Immobilienmarkt nimmt langsam wieder Fahrt auf, aber für viele Menschen bleibt Kaufen oder Bauen zu teuer,“ so Gröbel. Besonders problematisch sind Immobilien mit alten Gas- oder Ölheizungen, die aufgrund hoher Sanierungskosten Preisabschläge von bis zu 20 Prozent erfahren können. „Keiner ist so naiv und kauft mehr leichtfertig eine Immobilie mit schlechter Energieklasse“, warnt Philipp Niemann, Geschäftsführer bei McMakler.

Sinkende Bauzinsen: Chance mit begrenzter Wirkung

Die gesunkenen Bauzinsen bringen eine gewisse Entlastung. Laut FMH-Finanzberatung lagen die Zinsen für zehnjährige Kredite zuletzt bei 3,2 Prozent, verglichen mit 3,6 Prozent ein Jahr zuvor. Tomas Peeters, Geschäftsführer bei Baufi24, betont: „Für Immobilienanwärter hat sich die Situation signifikant verbessert.“ Jedoch ist der Spielraum für weitere Zinssenkungen begrenzt. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, sieht kaum Potenzial für einen weiteren deutlichen Rückgang. Laut der Landesbank Helaba sind Zinssenkungen allein keine Garantie für einen Immobilienboom. Entscheidend bleibe die wirtschaftliche Gesamtlage – und die ist in Deutschland weiterhin schwach.

Der Wohnungsmarkt in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Während sich die Bauzinsen leicht entspannt haben und Immobilienpreise stabilisieren, bleibt die Wohnraumknappheit bestehen. Besonders in städtischen Gebieten sind keine kurzfristigen Lösungen in Sicht. Für Mieter und Käufer gleichermaßen bleibt der Druck hoch, während die Politik Wege finden muss, um nachhaltige Lösungen zu schaffen.