Das Landgericht Hamburg hat am 15. November 2024 ein wegweisendes Urteil in einem vielbeachteten Rechtsstreit zwischen dem bekannten Influencer und Streamer „Scurrows“ und der Streamerin „Shurjoka“ gefällt. Der Fall zeigt exemplarisch, wie schwerwiegende Vorwürfe ohne belastbare Beweise die Reputation einer Person schädigen können – und wie wichtig es ist, rechtlich dagegen vorzugehen. Der vorliegende Artikel entstand auf Grundlage einer Mitteilung der Kanzlei DR. SARAFI Rechtsanwälte, die Scurrows in diesem Verfahren vertreten hat.
Die Vorgeschichte: Treffen auf der Gamescom 2017
Der Streit begann mit einem Ereignis auf der Gamescom 2017. Scurrows, ein erfolgreicher Influencer, der regelmäßig auf Plattformen wie Twitch live streamt, war damals mit einem Selfie-Stick unterwegs, um seine Erlebnisse auf der Messe zu dokumentieren. Dabei führte er unter anderem ein kurzes Interview mit der Streamerin Shurjoka. Während dieses Gesprächs filmte er sich selbst, wobei Shurjoka ebenfalls ins Bild geriet.
Das Gespräch verlief freundlich und ohne provokante Bemerkungen. Aufgrund der erhöhten Position des Selfie-Sticks war auch Shurjokas Dekolleté sichtbar, was jedoch keinesfalls absichtlich geschah. Beide trennten sich nach dem Gespräch einvernehmlich. Jahre später sollte dieses harmlose Zusammentreffen jedoch in den Mittelpunkt eines schweren Vorwurfs rücken.
Die Anschuldigungen: Belästigung und „Nazi-Troll“-Vorwurf
Im Jahr 2020 und erneut 2023 erhob Shurjoka öffentlich schwere Vorwürfe gegen Scurrows. Sie behauptete, er habe sie und andere Frauen auf der Gamescom 2017 sexuell belästigt. Weiterhin bezeichnete sie ihn in einem Livestream als „Nazi-Troll“ und warnte andere Influencer davor, mit ihm in Kontakt zu treten.
Scurrows reagierte auf diese Vorwürfe mit der Veröffentlichung eines Videos, das die Begegnung aus dem Jahr 2017 dokumentiert. Das Video zeigte, dass die Behauptungen unbegründet waren. Es war weder eine Belästigung noch ein unangemessenes Verhalten erkennbar.
Trotzdem ließ Shurjoka nicht locker. Sie behauptete, es habe weitere Vorfälle gegeben, die auf dem Video nicht sichtbar seien. Ihre Vorwürfe, Scurrows habe absichtlich Frauen ins Dekolleté gefilmt und anzügliche Kommentare gemacht, konnten jedoch nicht durch Beweise untermauert werden. Auch für die Bezeichnung „Nazi-Troll“ gab es keine Grundlage.
Der Rechtsstreit: Abmahnung und Klage
Angesichts der wiederholten und unbelegten Vorwürfe mahnte die Kanzlei DR. SARAFI Rechtsanwälte Shurjoka im Jahr 2023 ab und forderte sie auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Da sie dieser Aufforderung nicht nachkam, reichte Scurrows Klage ein. Die mündliche Verhandlung fand am 30. August 2024 vor dem Landgericht Hamburg statt.
Während des Verfahrens änderten Shurjokas Anwälte ihre Argumentationsstrategie mehrfach. Zunächst betonten sie, die Äußerungen ihrer Mandantin seien als Meinungsäußerungen zu verstehen. Später versuchten sie, den Begriff „Belästigung von Influencerinnen“ auf Männer und Frauen auszuweiten, was jedoch vom Gericht zurückgewiesen wurde. Aus dem Kontext ging eindeutig hervor, dass Shurjoka gezielt von Frauen sprach.
Das Urteil: Klare Grenzen für Meinungsäußerungen
Das Landgericht Hamburg stellte in seinem Urteil fest, dass die Vorwürfe von Shurjoka teilweise als unwahre Tatsachenbehauptungen einzustufen sind. Die Behauptungen, Scurrows habe Frauen belästigt, seien durch keinerlei Beweise gestützt. Auch die Bezeichnung „Nazi-Troll“ wurde als ehrverletzend eingestuft und untersagt.
Das Gericht verpflichtete Shurjoka, folgende Aussagen künftig zu unterlassen:
- Es habe „super viel Hate wegen ähnlichen sexistischen Vorwürfen von anderen Frauen zu eben der Gamescom“ gegeben.
- Es stünden „diverse Vorwürfe zur Belästigung von Influencerinnen“ im Raum.
- Scurrows habe absichtlich ins Dekolleté von Frauen gefilmt.
- Er habe mit seinem Handy vor Shurjoka gefuchtelt und anzügliche Kommentare gemacht.
- Er sei ein „Nazi-Troll“.
Zwar gestand das Gericht Shurjoka zu, die Situation auf der Gamescom subjektiv als belästigend empfunden zu haben. Diese persönliche Wahrnehmung rechtfertige jedoch keine unwahren Tatsachenbehauptungen oder ehrverletzenden Äußerungen.
Rechtliche Würdigung und Bedeutung des Urteils
Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg unterstreicht, dass Meinungsäußerungen klare Grenzen haben, wenn sie die Rechte Dritter verletzen. Subjektive Empfindungen dürfen nicht in falsche Anschuldigungen münden, die den Ruf einer Person nachhaltig schädigen können.