Michael Ebling
Michael Ebling

Beim diesjährigen „Forum Innere Sicherheit“ hat Innenminister Michael Ebling eindringlich vor der anhaltenden Gefahr durch islamistische Radikalisierung gewarnt. Die vom Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz organisierte Veranstaltung fand am Donnerstag zum dritten Mal statt und stand unter dem Titel „Islamismus im Umbruch – geopolitische Dimensionen, gesellschaftliche Dynamiken, sicherheitspolitische Herausforderungen“. Expertinnen und Experten diskutierten aktuelle Entwicklungen und beleuchteten insbesondere die Radikalisierung junger Menschen im Internet.

„Fanatismus, Menschenverachtung und der gezielte Missbrauch junger Menschen durch islamistische Ideologien sind eine reale Gefahr“

„Islamismus bleibt ein Thema von Kontinuität und hoher Aktualität. Fanatismus, Menschenverachtung und der gezielte Missbrauch junger Menschen durch islamistische Ideologien sind eine reale Gefahr, nicht nur in fernen Konfliktregionen, sondern mitten in unserer Gesellschaft“, sagte Innenminister Michael Ebling.

Er warnte: „Islamisten versuchen gezielt, junge Menschen zu beeinflussen, indem sie soziale Medien und jugendgerechte Kommunikationsformen nutzen. Sie greifen Alltagsthemen auf, geben einfache Antworten und schaffen so eine gefährliche Parallelwelt, die sich gegen unsere demokratischen Werte richtet.“

Jugendliche im Fokus extremistischer Onlinepropaganda

Nach Angaben des Verfassungsschutzes Rheinland-Pfalz richten islamistische Akteure ihre Propaganda zunehmend an identitäts- und orientierungssuchende junge Menschen. Über Plattformen wie TikTok, Telegram oder Snapchat versuchen sie, Jugendliche zu beeinflussen, aus ihrem sozialen Umfeld herauszulösen und für extremistische Ideen zu gewinnen.

Die Sicherheitsbehörden beobachten dabei eine zunehmende Verrohung im digitalen Raum, die bis zu realen Gewalttaten führen kann. „Das Ausmaß der Onlinebeeinflussung und -radikalisierung macht es immer schwieriger, potenziell gefährliche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, insbesondere, wenn Akteure alleine agieren“, erklärte Ebling.

Er fügte hinzu: „Die Aktivitäten der Islamisten bedrohen Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie bereiten einen Nährboden für Spaltung, Hass und Gewalt. Darauf reagieren wir mit klarer Haltung, starken Sicherheitsstrukturen und entschlossener Präventionsarbeit.“

In Rheinland-Pfalz geraten laut Ebling zunehmend auch Minderjährige in den Fokus der Sicherheitsbehörden, die sich über das Internet radikalisiert haben. „Das zeigt, dass wir dort ansetzen müssen, wo Radikalisierung entsteht – in Köpfen, Netzwerken und digitalen Räumen“, so der Minister.

Experten sehen wachsende Dynamik in der islamistischen Szene

Mehrere Fachleute bestätigten die Einschätzung des Ministers. Journalistin Lena Kampf von der Süddeutschen Zeitung sprach von einer „teilweise extrem schnellen Radikalisierung sehr junger Menschen über Social Media“ und kritisierte die „unzureichende statistische Erfassung islamistisch motivierter Taten“.

Torsten Voß, Leiter des Hamburger Verfassungsschutzes, betonte die Wandlungsfähigkeit der Szene: „Der Islamismus in Deutschland hat sich seit 9/11 immer wieder gewandelt.“ Heute gehe die größte Bedrohung vor allem von jihadistisch inspirierten Einzeltätern aus.
Bundesweit rechnet der Verfassungsschutz aktuell mit rund 28.280 Personen, die dem islamistischen Spektrum zugeordnet werden – 9.540 davon gelten als gewaltorientiert.

Auch der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 habe neue Dynamiken ausgelöst, erklärte Voß. Bei Demonstrationen im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt hätten sich Akteure aus unterschiedlichen extremistischen Bereichen beteiligt – von Islamisten bis hin zu türkischen Rechtsextremisten.

Der Islamwissenschaftler Dr. Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik beschrieb den internationalen islamistischen Terrorismus als „stark fragmentiert“. Gefährlich sei derzeit vor allem der sogenannte „Islamische Staat – Provinz Khorasan“ (ISPK), der wiederholt Anschläge in Europa geplant habe.

Wachsamkeit und Prävention als zentrale Aufgaben

Innenminister Ebling betonte abschließend die Bedeutung einer starken Sicherheitsarchitektur: „Unsere Sicherheitsbehörden bleiben wachsam und handeln konsequent. Wir lassen nicht zu, dass die Rechnung der Islamisten aufgeht.“

Das Forum Innere Sicherheit wurde 2023 vom Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz ins Leben gerufen. Es bietet jährlich einem Fachpublikum die Gelegenheit, aktuelle sicherheitspolitische Brennpunkte aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und den fachlichen Austausch zwischen Wissenschaft, Behörden und Medien zu fördern.

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