Der Bundesrat hat der umstrittenen Krankenhausreform zugestimmt, die das deutsche Gesundheitssystem grundlegend verändern soll. Die Debatte war geprägt von scharfen Kontroversen und politischen Manövern. Doch was bedeutet die Reform konkret für Krankenhäuser, Patienten und das Gesundheitssystem? Ein Überblick über die Hintergründe, Kritikpunkte und Neuerungen.
Die Abstimmung im Bundesrat: Eine knappe Entscheidung
Die Abstimmung im Bundesrat zur Krankenhausreform war äußerst knapp. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warb eindringlich für die Reform und trat gleich zweimal ans Rednerpult, um die Mitglieder des Bundesrats zu überzeugen. Sechs Bundesländer, darunter Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg, forderten den Vermittlungsausschuss, um weitere Änderungen durchzusetzen. Andere sechs Länder sprachen sich dagegen aus, während drei Länder sich enthielten.
Die Abstimmung wurde zusätzlich durch einen internen Konflikt in Thüringen erschwert. Das uneinheitliche Abstimmungsverhalten des Landes führte dazu, dass dessen Stimmen für ungültig erklärt wurden. Auch in Brandenburg sorgte die Entscheidung für politische Spannungen: Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) entließ vor der Abstimmung seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), um eine Enthaltung der Landesstimmen zu verhindern.
Kritische Stimmen: Unklarheiten und finanzielle Risiken
Die Reform stieß bei mehreren Ländern auf Kritik. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bemängelte, dass Fachärzte in ländlichen Regionen schwer zu erreichen seien. Er forderte mehr Flexibilität bei den Vorgaben. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) warnte vor einer möglichen Verschärfung der Versorgungsungleichheiten zwischen Ost- und Westdeutschland.
Bayern machte auf die akute finanzielle Notlage vieler Kliniken aufmerksam. Die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) kritisierte, dass der Bund kein Soforthilfeprogramm vorgelegt habe. Auch Baden-Württemberg äußerte Bedenken über die langfristigen Folgen der Reform.
Argumente der Befürworter: Notwendigkeit und Chancen
Befürworter der Reform wie der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) betonten die Dringlichkeit, die Krankenhauslandschaft zu reformieren. Er wies auf die Ergebnisse eines zweijährigen Arbeitsprozesses hin, die nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden sollten. Der niedersächsische Minister Andreas Philippi (SPD) warnte, dass ein Scheitern der Reform im Vermittlungsausschuss deren Ende bedeuten könnte.
Warum stand die Reform auf der Kippe?
Das Krankenhausreformgesetz war bereits im Bundestag beschlossen worden. Doch die Opposition, insbesondere aus unionsgeführten Ländern, forderte Nachverhandlungen. Hauptkritikpunkte waren fehlende Zwischenfinanzierungen und unklare Auswirkungen. Ein Vermittlungsausschuss hätte die Reform erheblich verzögern oder gar blockieren können. Letztlich gelang es der Bundesregierung jedoch, die Reform durch den Bundesrat zu bringen.
Ziele der Reform: Spezialisierung und Effizienz
Die Krankenhausreform verfolgt das Ziel, die stationäre Versorgung in Deutschland effizienter und qualitativ hochwertiger zu gestalten. Viele Krankenhäuser stehen finanziell unter Druck, und zahlreiche Betten bleiben ungenutzt. Die Reform setzt auf Spezialisierung und eine Neuausrichtung der Krankenhauslandschaft.
Kleinere Krankenhäuser sollen sich künftig auf spezielle Leistungen konzentrieren, die sie besonders gut beherrschen. Dies könnte längere Wege für Patienten bedeuten, die Qualität der Behandlungen aber verbessern. Gesundheitsminister Lauterbach betonte, dass kleine Krankenhäuser insbesondere auf dem Land so überleben könnten.
Konkrete Änderungen für die Krankenhäuser
Die Reform wird schrittweise ab 1. Januar 2025 umgesetzt und soll bis 2029 vollständig greifen. Eine zentrale Neuerung betrifft die Finanzierung: Krankenhäuser sollen künftig 60 Prozent ihrer Vergütung für das Vorhalten bestimmter Angebote erhalten. Die bisherigen Fallpauschalen, die zu einer hohen Zahl medizinisch fragwürdiger Eingriffe geführt haben, sollen nur noch 40 Prozent der Vergütung ausmachen.
Zusätzlich werden Behandlungen in 65 Leistungsgruppen eingeteilt, darunter Bereiche wie Herzchirurgie oder Leukämiebehandlung. Krankenhäuser müssen Qualitätsvorgaben und Personalstandards erfüllen, um bestimmte Leistungen anbieten zu dürfen. Die Entscheidung, welche Klinik welche Leistungsgruppen übernimmt, liegt bei den Landesbehörden.
Besonderheiten für ländliche Regionen
Die Reform enthält Regelungen, um Krankenhäuser in ländlichen Regionen zu stärken. Dort sollen Fachärzte ihre Leistungen auch ambulant anbieten können, was den Zugang zur medizinischen Versorgung erleichtert. Zudem sollen sogenannte Sicherstellungshäuser von einigen strengen Vorgaben abweichen dürfen, um die Grundversorgung auf dem Land zu sichern.
Finanzierung: Ein Transformationsfonds und Krankenkassenbeiträge
Die Reform wird durch einen Transformationsfonds von 50 Milliarden Euro finanziert, der je zur Hälfte von Bund und Ländern getragen wird. Zusätzlich sollen Krankenkassen die steigenden Tariflöhne der Klinikmitarbeiter vollständig übernehmen. Doch diese Pläne stoßen auf Widerstand: Die Krankenkassen drohen mit Klagen, da sie befürchten, übermäßig belastet zu werden.