SYMBOLBILD

Kommentar von Meikel Dachs: Die jüngsten Bedrohungen und Übergriffe auf Kommunalpolitiker im gesamten Bundesgebiet sind ein alarmierendes Zeichen für die wachsende Verrohung unserer Gesellschaft. Menschen, die sich in ihrer Freizeit und meist ohne finanzielle Entlohnung für das Wohl ihrer Gemeinden einsetzen, werden zunehmend zur Zielscheibe von Wut und Frustration. Das ist nicht nur inakzeptabel, sondern auch demokratiegefährdend.

Kommunalpolitiker sind keine Erfüllungsgehilfen der Bundespolitik

Ihre Entscheidungen betreffen den Alltag vor Ort: Infrastruktur, Schulen, soziale Einrichtungen. Wer ihnen die Schuld für übergeordnete politische Entscheidungen gibt und sie deshalb bedroht oder gar angreift, verkennt ihre Funktion und Verantwortung. Sie handeln nicht aus Eigeninteresse, sondern für die Gesellschaft – unabhängig davon, welcher demokratischen Partei sie angehören. Ihr Engagement ist eine der tragenden Säulen unserer Demokratie. Dafür sollten wir allen politisch Engagierten der demokratischen Parteien dankbar sein. Wir können in den Sachthemen unterschiedlicher Meinung sein, aber wir müssen uns gegenseitig mit Respekt begegnen.

Doch was erleben diese Menschen, die für uns Straßen sanieren lassen, Kita-Plätze organisieren, sich für eine funktionierende Abfallentsorgung einsetzen oder den Menschen vor Ort gezielt Hilfe anbieten? Sie erhalten Hassnachrichten, ihre Häuser werden beschmiert, sie werden bedroht oder sogar tätlich angegriffen. Dieser erschreckende Trend hat sich in den letzten Jahren verstärkt und scheint kaum noch aufzuhalten. Es ist unfassbar, dass jene, die sich für das Gemeinwohl engagieren, Angst um ihre Sicherheit haben müssen. Wir stehen an einem Punkt, an dem politisches Engagement zu einem Risiko wird, das immer weniger Menschen bereit sind einzugehen – ein Alarmsignal, das wir nicht ignorieren dürfen. Man tritt diesen ehrenamtlichen Menschen mit Hass entgegen, engagiert sich aber selbst nicht politisch, um etwas zu verändern.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Gerade in Zeiten geopolitischer Krisen, wirtschaftlicher Unsicherheiten und sozialer Spannungen ist der gesellschaftliche Zusammenhalt wichtiger denn je. Gewalt und Bedrohungen – ob von rechts oder links – spalten und verunsichern, anstatt konstruktive Lösungen zu fördern. Besonders auch die Antifa muss sich dieser Realität stellen: Wer Gewalt als Mittel zur Durchsetzung seiner Ideologie nutzt, stärkt nicht die Demokratie, sondern deren Feinde. Angst und Diffamierung schaffen keinen Fortschritt – sie treiben Menschen in die Hände derjenigen, die wir zu bekämpfen glauben.

Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Menschen zu schützen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen. Wir müssen ein gesellschaftliches Klima schaffen, in dem politisches Engagement nicht zur Gefahr wird. Demokratische Streitkultur bedeutet Meinungsvielfalt, sachliche Diskussionen und Respekt – nicht Drohungen und Gewalt. Nur so können wir verhindern, dass sich unsere Gesellschaft weiter radikalisiert. Denn wer die Kommunalpolitik destabilisiert, legt den Grundstein für den Verfall der Demokratie selbst.

Wie konnte es so weit kommen?

Wann hat sich unsere Gesellschaft so sehr verändert, dass gewählte Vertreter als Feindbilder stilisiert werden? Die Antwort ist vielschichtig, doch eines ist klar: Die Digitalisierung hat zur Enthemmung beigetragen. Anonymität im Netz erlaubt es Hetzern, ungehemmt ihre Aggressionen auszuleben. Lügen und Verschwörungstheorien verbreiten sich schneller als faktenbasierte Argumente. Eine aggressive Sprache in sozialen Medien schafft die Grundlage für reale Gewalt. Wenn Politiker systematisch entmenschlicht werden, wenn sie als „Volksverräter“ beschimpft oder mit Fantasien von körperlicher Bestrafung überzogen werden, dann ist der nächste Schritt nicht mehr weit.

Die gesellschaftliche Debatte hat sich verschoben. Was früher unvorstellbar war, wird heute normalisiert. Gewalt ist längst keine Strategie von Randgruppen mehr. Sie sickert in die Mitte der Gesellschaft ein. Und genau das ist der gefährlichste Punkt: Wenn die Normalbürger, die eigentlich kein Interesse an Radikalisierung haben, beginnen, Gewalt zu tolerieren oder gar zu rechtfertigen, dann wird die Demokratie brüchig.

Natürlich sind Politiker nicht unfehlbar – es sind Menschen

Natürlich gibt es Fehlentscheidungen, fragwürdige Projekte und ja, auch Korruption. Kritik daran ist nicht nur erlaubt, sondern notwendig. Aber Kritik und Gewalt sind zwei vollkommen verschiedene Dinge. Eine funktionierende Demokratie braucht engagierte Bürger, die ihre Meinung äußern, die protestieren, die fordern – aber sie braucht keine Bürger, die mit Fäusten, Drohungen oder Brandsätzen argumentieren.

Wir als Gesellschaft haben die Pflicht, diesen Entwicklungen entschieden entgegenzutreten. Nicht nur, indem wir Gewalt verurteilen, sondern indem wir aktiv gegen sie vorgehen. Das bedeutet, Täter konsequent zur Rechenschaft zu ziehen. Das bedeutet, politisch Verantwortliche zu schützen. Und das bedeutet vor allem, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen, in dem Menschen, die sich für die Gemeinschaft einsetzen, Anerkennung und nicht Angst erfahren.

Die kommenden Jahre werden hart

Wirtschaftliche Krisen, soziale Spannungen, globale Konflikte – all das wird unseren Zusammenhalt auf die Probe stellen. Umso wichtiger ist es, dass wir als Gesellschaft klare Grenzen ziehen. Wer Kommunalpolitiker angreift, greift uns alle an. Wer Gewalt gegen sie toleriert, öffnet Tür und Tor für eine Entwicklung, die uns allen schaden wird. Und wer glaubt, mit Angst und Bedrohungen politische Veränderungen erzwingen zu können, sollte sich bewusst machen: Er stärkt am Ende nur die Kräfte, die er eigentlich bekämpfen will.

Es ist an der Zeit, sich klar zu positionieren – nicht nur gegen rechtsextreme Gewalt, nicht nur gegen linksextreme Gewalt, sondern gegen jede Form von Gewalt, die darauf abzielt, Menschen zum Schweigen zu bringen. Wir brauchen mehr Mut, mehr Solidarität und mehr Engagement für unsere Demokratie. Denn wenn die, die sich für uns einsetzen, aufgeben müssen, dann haben wir alle verloren.