Die internationale Fahndungskampagne „Identify Me“ wird fortgesetzt: Interpol und sechs europäische Länder rufen zu Hinweisen für nun insgesamt 46 ungeklärte Kriminalfälle mit bislang nicht identifizierten Frauen auf. In den meisten Fällen wurden diese Frauen entweder ermordet oder sie sind unter zweifelhaften oder ungeklärten Umständen gestorben. Einige der Fälle liegen bereits Jahrzehnte zurück.

Fahndungsaufruf

Die Fahndungskampagne „Identify Me“ startete im Mai 2023 mit dem Ziel, 22 tote Frauen zu identifizieren, darunter sechs Frauen, welche in Deutschland aufgefunden wurden. Bislang gingen zu den 22 Fällen rund 1.800 Hinweise aus der Öffentlichkeit ein. Nun wird die Kampagne um weitere 25 ungeklärte Fälle ausgeweitet. Die Fälle stammen aus Belgien, Deutschland und den Niederlanden sowie aus den neu teilnehmenden Ländern Frankreich, Italien und Spanien. Mit dem neuen Fahndungsaufruf erhofft sich die Polizei entscheidende Hinweise aus der Bevölkerung, die zur Identifizierung der unbekannten Frauen beitragen. Da ein Großteil der Fälle mutmaßlich internationale Bezüge hat, ist die Kampagne länderübergreifend aufgesetzt.

Aus Hessen stammt ein Fall, bei dem vor über 23 Jahren die Leiche einer schätzungsweise 15 bis 16 Jahre alten Jugendlichen im Main gefunden wurde. Es wird ein Tötungsdelikt angenommen. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main und das Hessische Landeskriminalamt (HLKA) legen den Fall nicht zu den Akten, sondern bitten um Hinweise, die dabei helfen, die Identität der jungen Frau festzustellen und die Tat aufzuklären.

Am Nachmittag des 31. Juli 2001 wurde gegen 15.00 Uhr in Frankfurt-Nied die Leiche der jungen Frau im Wasser entdeckt. Sie war verpackt und mit einem Sonnenschirmständer beschwert.

Personenbeschreibung der jungen Frau:

  • Statur: Zierlich, mädchenhaft
  • Alter: etwa 15 bis 16 Jahre alt, geboren vermutlich zwischen 1985 und 1986
  • Nationalität: unbekannt
  • Größe: 1,57 Meter groß
  • Gewicht: 38,5 Kilogramm
  • Augenfarbe: unbekannt
  • Behaarung Kopf/Körper: Dunkelbraune etwa 30 Zentimeter lange Kopfhaare, keine Achsel- und Schambehaarung (rasiert), starke dunkelfarbene Schienbeinbehaarung, teilweise bis zu einer Länge von 2 Zentimetern
  • Zahnstatus: Lückenloses Gebiss, kein Hinweis auf eine durchgeführte Zahnbehandlung, alle Zähne ohne Füllungen, Weisheitszähne bereits mineralisiert, aber noch nicht durchgebrochen
  • Beide Ohrläppchen durchstochen
  • Linkes Ohr: Durch Gewalteinwirkung deformiert (sogenanntes Blumenkohlohr)

Kriminaltechnische Untersuchungen ergaben, dass die Jugendliche vermutlich aus dem asiatischen Raum (Pakistan, Afghanistan oder Nordindien) stammt.

Der Körper der jungen Frau wies multiple Verletzungen auf, die auf lang andauernde, schwerwiegende Misshandlungen schließen lassen und nicht ärztlich versorgt wurden – darunter zahlreiche längliche Narben an Stirn, Rumpf und Beinen, in Fehlstellung verheilte mehrfache Brüche beider Oberarme und zahlreiche Brandnarben am ganzen Körper, die zum Teil durch Verbrennungen von Zigaretten entstanden sein könnten. Die junge Frau hatte wahrscheinlich schon Geschlechtsverkehr. Anzeichen für eine Schwangerschaft wurden nicht festgestellt, auch keine Anzeichen einer Genitalverletzung.

Ermittlungen ergaben, dass der Leichnam zwischen zwölf und 24 Stunden im Wasser gelegen hatte, bevor er gefunden wurde. Der Todeseintritt liegt zwischen dem 28. und dem 31. Juli 2001. Als Todesursache kommen durch stumpfe Gewalt hervorgerufene Rippenbrüche, die Lunge und Milz verletzten, in Betracht.

Details zur Auffindesituation der Leiche:

  • Der Körper der jungen Frau war in einen bräunlichen Bettbezug mit Leopardenmuster und ein Frotteebetttuch eingewickelt. Die Beine waren angewinkelt und an die Brust gepresst, die Arme eng an den Körper angelegt.
  • In dieser Hockstellung wurde der Leichnam mit bis zu zehn Zentimeter breiten Textilbändern umwickelt und verknotet. Der verpackte Leichnam war mit weißem Textilband zusammengeschnürt und mit einem violett-gestreiften Band an einen Sonnenschirmständer gebunden, der mutmaßlich als Sinkgewicht dienen sollte.
  • Bei den Textilbändern handelt es sich um sogenannte Nalas. Diese gewebten Textilbänder finden im pakistanischen, afghanischen sowie auch teilweise im indischen Kulturkreis zum Binden für Pluderhosen Verwendung. In Indien wird die Nala nur von Frauen, in Pakistan und Afghanistan von Frauen in überwiegend bunten Farben und von Männern, meistens in der Farbe weiß, getragen.

Informationen zum Schirmständer der niederländischen Firma ELFE:

  • Der Sonnenschirmständer, an den der Leichnam gebunden war, wird sowohl von der niederländischen Firma „ELFE“ unter der Typenbezeichnung 505 KE, als auch von der ebenfalls niederländischen Firma „VEROPA“ unter der Typenbezeichnung TFU 70 baugleich mit einer Stückzahl von circa 10.000 jährlich hergestellt und europaweit an Großhändler und Baumärkte, unter anderem OBI, HORNBACH und PRAKTIKER, vertrieben.
  • Er ist zweiteilig, der runde Fuß hat 70 Zentimeter Durchmesser.
  • Das Unterteil ist graublau mit sechs tortenstückförmigen Kammern zur Befüllung mit Sand oder Wasser, mittig befindet sich ein Schraubgewinde.
  • Am oberen Ende des nach oben sich verjüngenden Standrohres ist eine Schraubklemmmuffe angebracht, die einen Sonnenschirmmast von maximal 62 Millimetern durchlässt.

Fragen im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt:

  • Wo wird ein Mädchen vermisst, das Ende der 1990er oder Anfang der 2000er Jahre Ähnlichkeiten mit der Gesichtsrekonstruktion der Toten hatte?
  • Wer kann Hinweise auf die Identität der jungen Frau geben?
  • Wer hat in der Zeit vom 28. bis 31. Juli 2001 am Main, rund um den Stadtteil Frankfurt-Nied, auffällige Beobachtungen gemacht oder von auffälligen Beobachtungen gehört?
  • Wer kann in Bezug auf den Schirmständer, den Bettbezug mit Leopardenmuster und die elastischen Bänder (sogenannte Nalas) weiterführende Angaben machen?

Für Hinweise, die zur Ermittlung des Täters / der Täter führen, hat die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main eine Belohnung von 10.000,- Euro ausgesetzt.

Informationen und Hinweise werden telefonisch unter der Rufnummer 0611/83-8484 oder per E-Mail an ccu.hlka@polizei.hessen.de entgegengenommen. Der Fall wird voraussichtlich am Mittwoch, 11. Dezember 2024, in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY mit Rudy Cerne ungelöst ausgestrahlt.


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