Lange Zeit gehörte es zum Alltag: Wenn ein Paketbote von DHL ein Paket zustellen wollte, klingelte er zunächst an der Tür, um eine persönliche Übergabe zu ermöglichen. Doch diese Praxis hat sich geändert – und das nicht zufällig. Eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Deutschen Post DHL Group erlaubt es den Zustellern unter bestimmten Bedingungen, die Pakete direkt am Ablageort zu hinterlegen – ganz ohne vorheriges Klingeln.
Das sorgt zunehmend für Verwirrung und Ärger bei den Empfängern. Viele Kunden berichten, dass sie zu Hause auf ihre Lieferung warteten, aber der Bote weder klingelte noch eine Benachrichtigung hinterließ. Doch in vielen Fällen handeln die Paketboten dabei vollkommen regelkonform.
Neuer Kurs: Direktabstellung am Ablageort
Hintergrund der Änderungen ist ein neuer Service von DHL: Kunden haben die Möglichkeit, einen individuellen Ablageort für ihre Pakete festzulegen. Wer sich dafür registriert, erklärt sich gleichzeitig damit einverstanden, dass künftig keine persönliche Übergabe an der Haustür mehr stattfindet. Stattdessen werden Pakete direkt an dem angegebenen Ort hinterlegt – etwa in der Garage, im Carport oder im Gartenhaus. Wichtig ist dabei nur, dass der Ablageort wettergeschützt und für Dritte nicht einsehbar ist.
Früher galt noch die Regel, dass die Zusteller auch bei einem gewählten Ablageort zumindest einmal klingeln mussten, bevor sie das Paket ablegten. Diese Vorgabe wurde mit der AGB-Änderung aufgehoben. In der aktuellen Formulierung heißt es:
„Künftig stellen wir ein für Sie bestimmtes Paket direkt an Ihrem Ablageort zu – ohne den Versuch der persönlichen Zustellung an der Haustür. Vor der Ablage wird demnach nicht mehr bei Ihnen geklingelt.“
Diese Anpassung soll den Paketboten eine erhebliche Zeitersparnis bringen. Angesichts des enorm gestiegenen Paketaufkommens – insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie – geraten Zusteller zunehmend unter Druck. Mit der neuen Regelung kann DHL mehr Pakete in kürzerer Zeit zustellen, was letztlich auch eine schnellere Lieferung für die Kunden bedeutet.
Schon früher wurde oft nicht geklingelt
Die aktuelle Änderung der AGB ist streng genommen nur eine Formalisierung einer Praxis, die viele Empfänger schon seit Jahren beobachten: Paketboten, die ohne zu klingeln Pakete ablegen oder Benachrichtigungskarten einwerfen. Bereits im November 2020 hatte DHL erste Anpassungen vorgenommen, nach denen größere Sendungen ohne Versuch einer persönlichen Übergabe abgelegt werden konnten.
Seit Juli 2021 sind diese Regelungen endgültig in Kraft. Kunden haben allerdings nach wie vor die Möglichkeit, im DHL-Portal zu bestimmen, dass der Zusteller trotz gewähltem Ablageort vorher klingeln soll. Diese Einstellung findet man im Kundenkonto unter „Meine Daten & Services“ und „Ablageort“. Hier kann der Haken bei „Vor der Zustellung soll der Zusteller klingeln“ gesetzt werden.
Wenn das Klingeln ausbleibt: Möglichkeiten zur Beschwerde
Trotz aller Anpassungen in den AGB kommt es auch bei klassischen Zustellungen ohne Ablageort-Vereinbarung immer wieder vor, dass Paketboten nicht klingeln und stattdessen die Sendung direkt zur Filiale bringen oder gar keine Benachrichtigung hinterlassen. Für Empfänger bedeutet das oft viel Aufwand: Sie müssen selbst herausfinden, wo ihr Paket abgegeben wurde, und dieses dann unter Umständen bei einer weit entfernten Filiale abholen.
In vielen Fällen dürfte auch hier der enorme Zeitdruck der Zusteller eine Rolle spielen. Oftmals fehlt schlicht die Zeit, an jeder Tür zu klingeln und zu warten, ob jemand öffnet. Hinzu kommt, dass zahlreiche Empfänger während der Zustellzeiten ohnehin nicht zu Hause sind, was die Motivation zum Klingeln weiter reduziert.
Dennoch haben Kunden, die zuhause waren und bei denen weder geklingelt noch eine Benachrichtigung hinterlassen wurde, das Recht, sich zu beschweren. DHL bietet dafür verschiedene Kanäle an: Über die Kundenhotline 0228 4333112, erreichbar täglich von 7 bis 20 Uhr, oder über das Online-Formular auf der DHL-Website.
Ein Blick in die Zukunft: Automatisierung und neue Zustellmethoden
Experten gehen davon aus, dass die derzeitigen Entwicklungen nur der Anfang sind. Die Paketbranche steht angesichts des boomenden Onlinehandels und des zunehmenden Fahrermangels unter enormem Innovationsdruck. Automatisierte Zustellstationen, Paketdrohnen und autonome Lieferfahrzeuge könnten in Zukunft eine größere Rolle spielen und das Klingeln an der Haustür endgültig zur Ausnahme machen.
Bereits jetzt investieren große Versanddienstleister in die Infrastruktur von Packstationen und Paketboxen, die rund um die Uhr erreichbar sind. Das Modell der direkten Haustürzustellung könnte damit zunehmend in den Hintergrund treten – nicht nur bei DHL, sondern bei allen großen Logistikunternehmen.
Die Änderung der DHL-AGB hat den Umgang mit Paketlieferungen grundlegend verändert. Wer einen Ablageort registriert, muss künftig nicht mehr damit rechnen, dass der Bote klingelt. Damit schafft DHL mehr Effizienz, allerdings auf Kosten der persönlichen Zustellung. Kunden sollten sich genau überlegen, ob sie die bequeme Ablageoption nutzen oder lieber weiterhin auf das klassische Klingeln setzen – sofern es die Zusteller unter den gegebenen Bedingungen überhaupt noch schaffen.