
Ein Team um Univ.-Prof. Dr. Dr. Philipp Lurz, Direktor des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, hat weltweit erstmalig nach Zulassung einen neuen Herzklappenersatz eingesetzt: das neue Mitralklappenersatzsystem SAPIEN M3 des Unternehmens Edwards Lifesciences. Dabei handelt es sich um die weltweit erste zugelassene Transkatheter-Mitralklappenersatztherapie mit transfemoralem Zugang, also über die Leistenarterie.
Professor Philipp Lurz
Sie wird zur Behandlung von Patienten mit relevanter symptomatischer Mitralklappeninsuffizienz eingesetzt, für die es keine anderen Therapieoptionen mehr gibt. Das innovative Verfahren erfordert keine herzchirurgischen Maßnahmen, wodurch der Eingriff für die Patienten sehr schonend ist. Für die Therapie der Mitralklappeninsuffizienz ist der innovative Klappenersatz ein echter und zukunftsweisender Meilenstein.
„An der Universitätsmedizin Mainz sind wir in der besonderen Lage, alle vier Herzklappen ohne Chirurgie über die Leiste bei Patienten ersetzen zu können. Von allen Klappenimplantationen und Klappeneingriffen, die man über die Leiste minimal-invasiv mit Kathetern durchführen kann, stellt die Implantation des weltweit neuen Mitralklappenersatzsystems gegenwärtig sicher die komplexeste Intervention dar.
Die Premiere haben wir daher sehr genau geplant, mehrfach simuliert und als interdisziplinäres Team gemeinsam mit unseren Kollegen der Herzchirurgie, Anästhesie und der Radiologie durchgeführt“, erklärt Professor Philipp Lurz.
Am gestrigen Mittwoch war es dann soweit: Bei einer 89-jährigen Patientin, deren natürliche Mitralklappe nur noch sehr unzureichend funktionierte und nicht mehr durch eine Rekonstruktion zu reparieren war, implantierten Professor Lurz und sein Team erfolgreich die neu zugelassene Ersatzklappe.
„Wir freuen uns, dass wir dank der neuen Behandlungsoption die Mitralklappe der Patientin ersetzen konnten und der Eingriff sehr erfolgreich verlaufen ist. Der Patientin geht es schon wieder sehr gut“, so Lurz nach der Weltpremiere.
Wie funktioniert das neue Mitralklappenersatzsystem?
Das von Professor Lurz implantierte SAPIEN M3-System umfasst zwei Phasen:
Im ersten Schritt wird zunächst ein Landeplatz, das sogenannte Dock, im Herzen eingebracht. Dieser Landeplatz dient der sicheren Befestigung der im zweiten Schritt zu implantierenden neuen Mitralklappe. Die Positionierung des Landeplatzes ist sehr anspruchsvoll und erfordert vom Team ein großes Verständnis für die Anatomie und die dreidimensionale Struktur des Herzens.
Für den Erfolg braucht es eine perfekte Interaktion zwischen jenen, die den Eingriff durchführen, und jenen, die die Positionierung echokardiographisch anleiten.
Im zweiten Schritt erfolgt der vollständige Ersatz der Mitralklappe: Sowohl das Dock als auch die Klappe werden minimal-invasiv, also ohne große Operation, durch die Haut der Leistenvene über eine lenkbare Führungshülse eingebracht.
Anerkennung für die Universitätsmedizin Mainz
Der Vorstandsvorsitzende und Medizinische Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Ralf Kiesslich, betont:
„Ich gratuliere Professor Lurz und dem Team ganz herzlich zu diesem herausragenden Erfolg. Wir sind alle sehr stolz und glücklich, dass wir als erster Standort weltweit diese neue Behandlungsform unseren Patientinnen und Patienten anbieten können.
Es ist ein Zeichen der Anerkennung der außerordentlichen Expertise von Professor Lurz und der Universitätsmedizin Mainz, dass die Herstellerfirma Edwards Lifesciences mit ihm und dem Operationsteam für den weltweit ersten Einsatz des innovativen, erst Mitte April für Europa zugelassenen Medizinproduktes zusammengearbeitet hat.
Und das nicht zum ersten Mal. Bereits im November 2023 gab es in Mainz eine Weltpremiere für eine neue Herzklappe. Damals implantierten Professor Lurz und Kollegen erstmals minimal-invasiv eine neue, jüngst zugelassene künstliche Trikuspidalklappe.“
Was ist eine Mitralklappeninsuffizienz und wie wird sie behandelt?
Im menschlichen Herz befinden sich vier Herzklappen. Sie sind richtungsweisend für die Blutzirkulation im Körper:
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Die Pulmonalklappe verbindet die rechte Herzkammer und die Lungenarterie.
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Die Aortenklappe stellt die Verbindung zwischen der linken Herzkammer und der Aorta her.
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Der linke Vorhof und die linke Herzkammer sind durch die Mitralklappe verbunden.
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Die Trikuspidalklappe ist die Verbindung zwischen dem rechten Vorhof und der rechten Hauptkammer des Herzens.
Die häufigste Herzklappenerkrankung im Erwachsenenalter ist die Mitralklappeninsuffizienz. Dabei schließt die Klappe nicht richtig, das Blut fließt in umgekehrter Richtung zurück in die Lunge, wodurch es zu Rückstauungen kommen kann. Das Herz muss dadurch deutlich mehr arbeiten, um den Körper ausreichend mit Blut zu versorgen. Langfristig kann das lebensbedrohliche Schäden an Herz und anderen Organen verursachen.
Zur Behandlung gibt es verschiedene Methoden:
Traditionell kann die Klappe durch eine herzchirurgische Operation unter Vollnarkose repariert oder ersetzt werden. Dabei wird das Herz entweder durch Öffnen des Brustbeins oder über einen kleineren, minimal-invasiven Schnitt im Bereich der rechten Rippen erreicht.
Schonendere Mitralklappen-Clipping-Verfahren per Herzkatheter sind ebenfalls etabliert. Jedoch sind nicht alle Schäden reparabel – dann bleibt nur der Ersatz der Klappe.
Für Patienten, bei denen eine Operation zu risikoreich oder unmöglich ist – meist ältere oder schwer vorerkrankte Menschen – bietet das neue Transkatheter-Mitralklappenersatzsystem SAPIEN M3 nun erstmals eine schonende, minimal-invasive Behandlungsoption über die Leiste – ganz ohne herzchirurgischen Eingriff.