Universitätsmedizin Uniklinik Mainz

Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz haben einen bislang unbekannten Mechanismus der körpereigenen Immunabwehr bei Krebserkrankungen entschlüsselt – und daraus einen vielversprechenden Therapieansatz entwickelt. Die Erkenntnisse sind in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Immunity veröffentlicht worden.

Im Mittelpunkt der Forschung stehen Polyamine – natürliche Moleküle, die im Tumorgewebe entstehen und sich dort ansammeln. Diese Substanzen beeinflussen regulatorische T-Zellen, eine spezielle Art weißer Blutkörperchen, und schwächen so die Abwehrreaktion des Körpers gegen den Krebs. Das Forscherteam am Institut für Immunologie unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Tobias Bopp und Univ.-Prof. Dr. Hansjörg Schild konnte nun zeigen, dass sich die Tumorabwehr deutlich verbessern lässt, wenn die Produktion von Polyaminen gezielt gehemmt wird.

Polyamine blockieren Anti-Tumor-Aktivität

In der Studie „Polyamines regulate adaptive antitumor immunity by functional specialization of regulatory T cells“ untersuchten die Mainzer Wissenschaftler, wie Polyamine im Tumor die Funktion regulatorischer T-Zellen verändern. Diese Zellen steuern die Intensität der Immunreaktion, verhindern Überreaktionen und schützen so vor Autoimmunerkrankungen. Im Tumorgewebe jedoch schwächen sie – beeinflusst durch die Polyamine – die Abwehrkraft des Körpers.

Durch die gezielte Hemmung der Polyamin-Produktion im Tumor konnten die Forscher nicht nur eine effektive Anti-Tumor-Immunantwort auslösen, sondern auch beobachten, dass sich die Struktur des Tumors veränderte: Er wurde besser durchblutet und dadurch durchlässiger für therapeutische Wirkstoffe.

„Die neue Erkenntnis ist, dass sich die Anti-Tumor-Immunantwort von regulatorischen T-Zellen verstärken lässt, ohne dabei die lebenswichtige Verhinderung von Autoimmunerkrankungen einzuschränken. Dies ist ein wichtiger Aspekt, der bei der Nutzung derartiger Therapieansätze für die Behandlung von Krebspatienten berücksichtigt werden muss und unterstreicht das Potenzial dieses neuen Ansatzes“, erklärt Professor Bopp. Er ergänzt: „Unsere Studie wurde unter anderem durch den DFG-geförderten Sonderforschungsbereich 1292 ermöglicht und ist deshalb ein gutes Beispiel für die Bedeutung von Verbundprojekten für die translationale interdisziplinäre Zusammenarbeit.“

Ausblick: Klinische Studie bereits gestartet

Der neue Therapieansatz wird bereits in einer klinischen Phase-I-Studie in den USA getestet. Unter der Leitung der Firma Aminex prüfen Forscher dort die Verträglichkeit und optimale Dosierung eines Polyamin-Inhibitors. Sollte die Testphase erfolgreich verlaufen, sind weitere Studien zur Wirksamkeit bei Tumorpatienten geplant.

Mit diesen Ergebnissen eröffnet sich ein neuer Weg, Krebsbehandlungen zu verbessern – indem die körpereigene Immunabwehr gezielt gestärkt und gleichzeitig das Risiko für Autoimmunerkrankungen minimiert wird.

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