Medizin Mainz: Die Augenklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz untersucht einen neuartigen Therapieansatz für das primäre Offenwinkelglaukom – den sogenannten Grünen Star. Dabei kommt das transkorneale Elektrostimulationsverfahren (TES) zum Einsatz, bei dem schwache elektrische Impulse über die Hornhaut direkt auf die Netzhautzellen wirken.
Bisherige Therapieoptionen konnten häufig eine Verschlechterung des Befundes nicht verhindern
Ziel der Pilotstudie ist es zu überprüfen, ob mit dem bereits gegen andere Augenerkrankungen erfolgreich eingesetzten elektrischen Stimulationsverfahren auch dem Fortschreiten von Gesichtsfelddefekten bei Glaukompatienten sicher und wirksam entgegengewirkt werden kann. Bisherige Therapieoptionen des unheilbaren Grünen Stars konnten häufig eine Verschlechterung des Befundes nicht verhindern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Studie mit einem Gesamtvolumen von rund 1,1 Millionen Euro zu 50 Prozent.
Beim Glaukom handelt es sich um eine langsam fortschreitende chronische Augenerkrankung, bei der der Augeninnendruck erhöht ist und die Zellen der Netzhaut zunehmend absterben. Infolgedessen kommt es zu Ausfällen im Gesichtsfeld. Das Ausmaß der Gesichtsfelddefekte nimmt mit zunehmendem Untergang der Nervenfasern zu. Unbehandelt können Glaukompatienten erblinden. Eine frühe Diagnostik ist besonders wichtig, da beginnende Ausfälle im Gesichtsfeld von den Patienten selbst zunächst nicht bemerkt werden. Bereits eingetretene Schäden sind jedoch nicht mehr reversibel. Ziel der Glaukombehandlung ist es, zumindest ein möglichst langsames, im Idealfall kein weiteres Fortschreiten der Gesichtsfelddefekte zu erreichen und eine Erblindung zu vermeiden.
Derzeit ist die Senkung des Augeninnendrucks die einzige therapeutische Option – sei es durch Augentropfen oder operative Eingriffe
Weil Unverträglichkeiten auftreten, die Patienten den Therapieplan nicht immer einhalten oder die angewendete Lokaltherapie nicht ausreichend wirkt, stellen die Behandlungsteams jedoch häufig fest, dass sich die Befunde trotz Therapie verschlechtern.
Um die Erfolgsquote der Behandlungen zu erhöhen, verfolgen die Wissenschaftler der Augenklinik und Poliklinik der Uniklinik Mainz daher einen neuen, ergänzenden Therapieansatz. Sie wollen die bereits eingetretenen Gesichtsfelddefekte stabilisieren und so das Sehvermögen der Patienten erhalten, indem sie die sogenannte transkorneale Elektrostimulation (TES) einsetzen. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem schwache Strompulse durch die Hornhaut und das Auge fließen. Die elektrischen Impulse regen Schutzmechanismen in den Zellen an und können die Mikrozirkulation im Auge verbessern. So können die Zellen der Netzhaut davor bewahrt werden abzusterben und das Gesichtsfeld könnte länger erhalten bleiben.
Prof. Dr. Dr. Katrin Lorenz dazu
„Wir untersuchen in unserer Studie Patientinnen und Patienten mit einem Offenwinkelglaukom. Bei dieser häufigsten Glaukomart entsteht ein Ungleichgewicht zwischen der Produktion des Kammerwassers und des Abflusses, wodurch der Augeninnendruck ansteigen kann. Im Rahmen unserer Studie wollen wir prüfen, ob die TES mit dem OkuStim 2 System auch für die Behandlung dieser Augenerkrankung erfolgreich und sicher genutzt werden kann. Für die Erkrankung Retinitis pigmentosa, also der erblich bedingten Netzhautdegeneration, ist das innovative Verfahren nämlich schon als Medizinprodukt zugelassen“, erläutert Prof. Dr. Dr. Katrin Lorenz, Leiterin des Klinischen Studienzentrums der Augenklinik und Poliklinik der Unklinik Mainz. Und erklärt: „Im Rahmen unserer geplanten klinischen Prüfung ist eine Behandlung von 50 Glaukom-Patienten mit der transkornealen Elektrostimulation vorgesehen. Wir legen den Patienten einmal wöchentlich dünne Metallfäden für dreißig Minuten in den Bereich zwischen dem unteren Augenlid und dem Auge, und schließen diese sogenannten Elektroden an schwachen Strom an. Die Anwendung der transkornealen Elektrostimulation ist problemlos auch im häuslichen Umfeld der Patienten möglich. Nach 6, 12 und 18 Monaten Anwendung prüfen wir die Wirkung auf bestehende Gesichtsfelddefekte. Die Studiendauer pro Patient:in beträgt somit 18 Monate. Die ersten Probanden starten im März.“
Die monozentrische Studie „Transcorneal Electrical Stimulation for the treatment of visual field defects in patients with open-angle glaucoma (TES-GPS)“ mit einem Gesamtvolumen von rund 1,1 Millionen Euro wird von der Okuvision GmbH gesponsert und zu 50 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Sie wird in enger Zusammenarbeit mit dem Interdisziplinären Zentrum Klinische Studien (IZKS) der Universitätsmedizin Mainz durchgeführt.
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