Tempo 30 Mainz: Der Stadtrechtsausschuss hat am Mittwoch (9. April 2025) einem Widerspruch gegen die verkehrsbehördliche Anordnung von Tempo 30 in mehreren zentralen Straßenabschnitten stattgegeben. Die Begründung: Die bisherigen Luftschadstoffwerte, insbesondere für Stickstoffdioxid (NO2), werden auch ohne die Geschwindigkeitsbegrenzung eingehalten – zum Teil sogar unterschritten. Damit verliert die Maßnahme ihre Gültigkeit, soweit sie auf dem bestehenden Luftreinhalteplan basiert.
Neue EU-Grenzwerte ab 2030 – Stadt will frühzeitig reagieren
Betroffen von der Entscheidung sind die Parcusstraße, Kaiserstraße sowie Abschnitte der Rheinallee und Rheinstraße. Die Stadtverwaltung hatte sich auf das Bundesimmissionsschutzgesetz berufen, das den „bestmöglichen Schutz der Bevölkerung vor Luftschadstoffen“ verlangt. Doch der Ausschuss folgte dieser Argumentation nicht.
Die Verwaltung hatte im Verfahren auf die kommende europäische Luftqualitätsrichtlinie verwiesen, die im Dezember 2024 in Kraft trat. Die darin vorgesehenen, deutlich strengeren Grenzwerte gelten ab 1. Januar 2030. Deutschland hat bis Ende 2026 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die Stadt Mainz sieht sich in der Pflicht, bereits jetzt Maßnahmen zu ergreifen, um frühzeitig auf die neuen Anforderungen vorbereitet zu sein – auch im Sinne des vorsorglichen Gesundheitsschutzes.
Tempo 30 als Maßnahme gegen Lärm – Lärmschutzgutachten untermauert Bedarf
Unabhängig von der Luftreinhalte-Thematik argumentiert die Stadt auch mit dem Schutz vor Lärmbelastung. Ein von der Verwaltung beauftragtes Lärmgutachten bescheinigt insbesondere in den betroffenen Abschnitten Parcusstraße, Kaiserstraße, Rheinallee (zwischen Kaiser-Karl-Ring und Diether-von-Isenburg-Straße) sowie der Rheinstraße (zwischen Quintinsstraße und Holzhofstraße) eine deutliche Überschreitung zumutbarer Lärmwerte.
Auf dieser Grundlage beantragt die Stadt nun bei der übergeordneten Landesbehörde eine neue Anordnung von Tempo 30 – diesmal mit Verweis auf die Straßenverkehrsordnung (StVO), die Geschwindigkeitsbegrenzungen auch zum Lärmschutz der Wohnbevölkerung zulässt. Bereits der bestehende Lärmaktionsplan der Landeshauptstadt betont die Bedeutung von Tempo 30 für eine Reduktion der Lärmbelastung.
Unfallzahlen deutlich gesunken – Stadt verweist auf Sicherheitsaspekt
Auch die Verkehrssicherheit spielt in der Bewertung der Verwaltung eine zentrale Rolle. Daten der Polizei zeigen: Vor Einführung von Tempo 30 kam es 2019 auf den betroffenen Strecken zu 382 Verkehrsunfällen mit 15 Schwerverletzten. Im Jahr 2021, nach der Einführung, waren es nur noch 192 Unfälle – mit lediglich einem Schwerverletzten.
Fahrtzeitverluste durch Tempo 30 seien dabei laut Verwaltung minimal – im Tagesdurchschnitt etwa zwei Sekunden pro 100 Meter. Zugleich sorge die reduzierte Geschwindigkeit für einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss.
Initiative „Lebenswerte Städte“ als politisches Signal
Die Stadt Mainz ist Teil der bundesweiten Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“. Diese setzt sich auf Bundesebene für mehr kommunale Entscheidungsfreiheit bei der Verkehrsplanung ein – insbesondere bei der Anordnung von Tempolimits. Die daraus hervorgegangene Novellierung der Straßenverkehrsordnung (StVO) stärkt den Städten den Rücken, wenn es um Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz geht.
Die Mainzer Umwelt- und Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger zeigt sich trotz der Entscheidung des Stadtrechtsausschusses entschlossen: „Wir sind überzeugt, dass Tempo 30 auf den Hauptachsen der Mainzer Innenstadt nach wie vor sinnvoll ist – für bessere Luft, mehr Sicherheit, insbesondere für Schulwege, und eine gesteigerte Lebensqualität in unseren stark belasteten Quartieren. Die positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung bestärken uns darin, die Regelung im Sinne des Gemeinwohls rechtssicher fortzuführen.“
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