Im Kreis Mainz-Bingen leben rund 8.860 Bürgergeld-Empfänger. Das teilt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit. Darunter seien viele Arbeitslose und Alleinerziehende. Nach Angaben der NGG Darmstadt und Mainz leben allein rund 3.150 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Haushalten, die Bürgergeld beziehen. Die Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen der Arbeitsagentur.
NGG warnt vor wachsender Armut im Kreis Mainz-Bingen
„Wer im Kreis Mainz-Bingen auf Bürgergeld angewiesen ist, der droht jetzt noch tiefer in die Armut zu rutschen“, sagt Guido Noll, Geschäftsführer der NGG Darmstadt und Mainz. Grund seien die Pläne der Bundesregierung zur Kürzung des Bürgergeldes.
„Die Bundesregierung will damit Menschen zwingen, den Gürtel noch enger zu schnallen. Dabei ist das letzte Gürtelloch längst erreicht – gerade auch bei den Aufstockern, also bei Menschen, die für einen Niedriglohn arbeiten und Bürgergeld als Ergänzung zum Lohn dringend brauchen, um überhaupt über die Runden zu kommen“, so Noll weiter.
Nullrunde bedeutet reales Minus
Die Gewerkschaft warnt die schwarz-rote Koalition vor Einschnitten beim Bürgergeld. Schon die Ankündigung der Bundesregierung, in diesem und im kommenden Jahr eine Nullrunde zu fahren – also keinen Inflationsausgleich zu zahlen – bedeute ein reales Minus von rund fünf Prozent, rechnet die NGG Darmstadt und Mainz vor.
„Letztlich ist jede Kürzung beim Bürgergeld mehr oder weniger eins zu eins auch das Geld, das weniger ausgegeben wird – das also im Kreis Mainz-Bingen als Kaufkraft fehlt“, erklärt Noll.
Appell an Bundestagsabgeordnete
Die NGG appelliert nun an die Bundestagsabgeordneten aller demokratischen Parteien aus dem Landkreis Mainz-Bingen und der Region, den Sparplänen der Bundesregierung einen Riegel vorzuschieben.
„Es ist unsozial, unfair und es bringt wenig, denen noch etwas wegnehmen zu wollen, die sowieso wenig haben. Stattdessen sollten die, die viel Geld haben, davon wenigstens etwas abgeben. Dann kommt unterm Strich auch mehr Geld für alle dabei heraus“, so Guido Noll.
Forderung nach Reform der Erbschaftssteuer
Die NGG Darmstadt und Mainz spricht sich für eine Reform der Erbschaftssteuer aus. „Millionenerben, die keine Erbschaftssteuer zahlen, darf es nicht mehr geben“, fordert Noll. Außerdem sei ein höherer Spitzensteuersatz längst überfällig.
„In der Ära von Bundeskanzler Kohl (CDU) lag der Spitzensteuersatz bei 56 Prozent. Heute liegt er bei 42 Prozent – und es gibt nicht einmal eine Vermögenssteuer“, so Noll.
Schärferes Vorgehen gegen Steuerbetrug gefordert
Darüber hinaus fordert die NGG Darmstadt und Mainz die heimischen Bundestagsabgeordneten auf, den Fokus der Bundesregierung stärker auf den Steuerbetrug zu lenken, um zusätzliche Einnahmen für den Bundeshaushalt zu sichern.
„Die wirklichen Sozialschmarotzer sind nämlich die Steuerhinterzieher“, sagt Noll. Der jährliche Schaden durch Steuerhinterziehung werde vom Bundesrechnungshof auf 30 bis 50 Milliarden Euro geschätzt. Steuer-Experten gingen sogar von weit über 100 Milliarden Euro jährlich aus, die dem Staat entgingen.
„Es ist höchste Zeit, Steuerbetrug intensiver zu bekämpfen“, so Noll. Auch Missbrauch beim Bürgergeld müsse der Staat konsequent verfolgen.