Operative Übung auf dem Feuerwehrgelände © Feuerwehr Frankfurt
Operative Übung auf dem Feuerwehrgelände © Feuerwehr Frankfurt

Mit der bislang größten Bevölkerungsschutzübung in der Geschichte Frankfurts hat die Stadt ein starkes Zeichen für Krisenvorsorge und Resilienz gesetzt. Unter dem Titel „ÜB’s! 2025“ – einem Wortspiel aus „Übung Bevölkerungsschutz“ und dem Appell „Übe es!“ – trainierte die Branddirektion Frankfurt gemeinsam mit städtischen Ämtern, Behörden, Hilfsorganisationen, einem Krankenhaus sowie Partnern der kritischen Infrastruktur eine fiktive, aber realitätsnahe Bedrohungslage. Nach sieben kompletten Tagen ist die bislang größte Bevölkerungsschutzübung Frankfurts nun erfolgreich beendet worden.

In Frankfurt wurde „geübt, was angesichts der aktuellen Weltlage immer realistischer wird“

Ziel war es, auf komplexe Krisensituationen vorbereitet zu sein – von Cyberangriffen über Sabotage bis hin zu einem großangelegten Gefahrstoffanschlag mit Massenanfall von Verletzten (MANV).

„Wir haben gemeinsam geübt, was angesichts der aktuellen Weltlage immer realistischer wird: Von einem Aggressor gehen hybride Bedrohungen aus, die gezielt Instabilität erzeugen“, erklärt Markus Röck, Leiter der Branddirektion Frankfurt. „Die Übung war ein wichtiger Schritt, um unsere Krisenreaktionsfähigkeit zu stärken. Wer vorbereitet sein will, muss sich mit solchen Szenarien auseinandersetzen.“

Dreistufiges Übungskonzept für realistische Krisenszenarien

Die Übung war in drei aufeinander aufbauende Phasen gegliedert: das städtische Krisenmanagement, eine umfassende Realübung sowie die intensive Stabsarbeit der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes. Über 300 Personen waren aktiv beteiligt, zusätzlich unterstützten rund 50 weitere die Planung und Organisation.

Hessens Innenminister Roman Poseck verschaffte sich vor Ort ein Bild der Lage und unterstrich die Bedeutung der Übung, die mit Unterstützung des Landes Hessen durchgeführt wurde.

Herausforderungen für Verwaltung und Einsatzkräfte

In der ersten Übungsphase wurde das städtische Krisenmanagementkonzept auf den Prüfstand gestellt. Ämter und Behörden entwickelten Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Versorgungssicherheit und Krisenkommunikation. Besonders herausfordernd: Am letzten Tag arbeiteten der Verwaltungsstab und der Katastrophenschutzstab parallel – trotz unterschiedlicher Arbeitsstrukturen verlief die Koordination erfolgreich.

„Städtisches Krisenmanagement ist Teamarbeit“, betont Annette Rinn, Dezernentin für Ordnung, Sicherheit und Brandschutz. „Die Übung hat uns gezeigt, dass wir auf einem guten Weg sind, aber auch, wo wir noch besser werden können. Entscheidend ist, dass wir aus der Übung konkrete Lehren ziehen, Prozesse schärfen und das Zusammenspiel weiter professionalisieren. In Krisen zählt jedes Zahnrad im System.“

Realistische Einsatzübung: MANV-Szenario mit Chemikalien

Der Höhepunkt der Realübung fand in einer nachgebauten U-Bahn-Station auf dem Feuerwehrgelände statt. Dort wurde ein Anschlag mit zwei unbekannten ätzenden Stoffen simuliert. Die Lage forderte ein CBRN-Szenario (chemisch, biologisch, radiologisch, nuklear) mit MANV. Innerhalb von nur 28 Minuten identifizierten die Einsatzkräfte die Gefahrstoffe und informierten das Krankenhaus – eine entscheidende Voraussetzung für gezielte medizinische Hilfe. Bereits nach 54 Minuten waren alle Schwerverletzten abtransportiert. Auch die nachgelagerte Alarmübung in der BGU Frankfurt, inklusive Dekontamination und Patientenversorgung, verlief erfolgreich.

32 Stunden Stabsarbeit: Feuerwehreinsatzleitung unter Hochdruck

Parallel arbeitete der Führungsstab der Feuerwehr in zwei Etappen – acht und 24 Stunden – an der Lagebewältigung. Die Szenarien reichten von Attacken auf Versorgungsinfrastruktur bis hin zu politisch motivierten Unruhen. Auch Themen wie Desinformation und soziale Medien wurden strategisch berücksichtigt.

„Unsere Strukturen haben gezeigt, dass sie auch extremer Belastung Stand halten“, sagt Markus Röck. „Wir haben viele Erkenntnisse gewonnen und natürlich auch Defizite und Schwachstellen identifiziert. Das hat uns gezeigt, worauf wir uns konzentrieren müssen.“

Ausblick: Erkenntnisse fließen direkt in neue Konzepte ein

Die bei „ÜB’s! 2025“ gewonnenen Erkenntnisse werden nun unmittelbar in die Weiterentwicklung von Abläufen, Einsatzplänen und Konzepten integriert. Ziel ist es, die Resilienz Frankfurts nachhaltig zu stärken und die interdisziplinäre Zusammenarbeit weiter zu professionalisieren. Eine Folgeveranstaltung ist bereits für das kommende Jahr geplant.

„Mein Dank gilt allen Beteiligten, dem Organisationsteam und insbesondere allen, die im Hintergrund den Dienstbetrieb sichergestellt haben“, so Röck abschließend. „Das Land Hessen hat die Übung unterstützt – auch dafür sind wir sehr dankbar. Denn Vorbereitung ist keine Kür, sondern Pflicht im modernen Bevölkerungsschutz.“