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Hier kommt das andere Ende der Leine zu Wort: der Don. Wir Haushunde leben ein tolles Leben. Es ist voll mit Leckerlis, Sofas, Decken, Gammeln und Spaziergängen. Allerdings zahlen wir einen Preis dafür. Wir akzeptieren die Menschen um uns herum. Gerade unter den Hundehaltern gibt es einige merkwürdige. Und da rede ich noch nicht einmal vom Dicken.

Manchmal sagt der Dicke etwas wirklich Fieses zu mir. Es ist deshalb gemein, weil ich darauf nichts zu erwidern habe. Um nicht so weit zu gehen und einzugestehen, dass der Dicke da mal ausnahmsweise recht hat: „Mit der muss ich nur wegen Dir reden“, wirft der Dicke mir dann vor.

Es ist eine Frau aus der Nachbarschaft. Wir dachten schon mal, dass sie gestorben ist. Zumindest passte die Beschreibung auf sie. Dann sind wir ihr beim Last Piss im Dunkeln begegnet. Es war gruselig. Also noch gruseliger als sonst. Zumal wir ihr eine Zeit lang nur noch im Dunkeln begegnet sind.

Giftköder. Immer wieder

„Haben Sie schon gehört. Sie müssen aufpassen! Hier ist ein Hund vergiftet worden.“ Das geht jetzt seit acht Jahren so. Immer diese drei Sätze. Nur die Reihenfolge variiert sie. Nun wäre das ein wichtiger Hinweis. Denn es gibt ja wirklich Arschlöcher, die Gift für Hunde auslegen oder Fleischwurst, die mit Nägeln versehen ist. Nur stimmen sollte es halt.

Der Dicke liest wegen seines „Berufs“ Polizeimeldungen. Über ausgelegte Köder für Hunde berichtet die Mainzer Polizei. Im Münchfeld ist es schon passiert, auch in Finthen. Wo wir leben und Gassi gehen zum Glück noch nicht. Natürlich kann es hier passieren. Aber 56 Hundejahre andauernder Alarmismus tut halt niemandem gut.

Zumindest der besagten Nachbarin nicht. Sie hat immer diesen leicht irren Blick, den sich Menschen angewöhnen, die sich permanent auf der Flucht wähnen. Von was Positivem hat sie noch nie erzählt. Ihr Hund hat immer gerade Durchfall oder fühlt sich sonst nicht wohl, erzählt sie, wenn wir mal länger stehen bleiben, als es für die drei Giftköder-Sätze braucht.

Der ist zu fett

„Nur wegen Dir rede ich mit solchen Leuten“, schimpft der Dicke mich danach aus. Als ob ich was dafür könnte. Ich mag die ja auch nicht. Die hat ja nicht mal Leckerlis bei sich, wie es sich für einen Hundehalter gehört.

Wobei die auch nicht immer hilfreich sind. „Der sieht ja nicht gerade unterernährt aus“, sagen es manche nett. „Der ist zu fett“; sagen andere. Wissen die eigentlich, was die mir antun? Tage lang knausert der Dicke danach am Napf rum oder kürzt mir die Leckerlis. Am meisten mag der Dicke die Hundehalter, die ihn ausschimpfen und ermahnen, auf meine Figur zu achten – und mir danach etwas Essen zustecken.

Früher, so erzählt der Dicke, seien Menschen mit Hunden geerdeter gewesen. Sie seien zwar auch mit ihnen spazieren gegangen oder im Notfall zur Tierärztin, aber sie hätten nicht so viel Chichi betrieben.

The Sound of Asta

Nun. Ich habe früher nicht gelebt. Und wenn es der Dicke erzählt, gibt es viele Gründe, dem nicht zu glauben. Was ich selbst sehe, ist wie manche Menschen am Umgang mit ihren Hunden scheitern. Vor allem die, die Bücher oder Artikel darüber lesen, was gerade modern ist, Hunde zu erziehen. Zum Beispiel überall freilaufen lassen und dann mit einer Pfeife oder einem Schlüsselwort abrufen.

Das ist ja wunderbar. Wenn es funktioniert. Wenn. Neulich waren wir sonntags am Stadion. Zwei- oder dreihundert Menschen haben dort nach Ruhe gesucht. Und den permanenten Sound des „Asta komm her“ gefunden. Gesteigert von „Aaaaaastaaaa komm her!“ „ Aaaaaastaaaa kommmmm heeeeer!“ Zwei Stunden hysterisches Sonntagsschreien. Nur unterbrochen für die zwei Minuten, in denen die Frau Asta hinterher gelaufen ist, an die Leine genommen und wieder losgelassen hat. Eine Freude für jeden, der dabei war.

Oder jener Hund auf dem Hartenberg. „Das hat er noch nie gemacht“, sagt sein Frauchen zum Dicken, wenn er mal wieder auf mich zugelaufen kommt und mich dominieren will. Allein bei mir hat er das schon zwanzig mal noch nie gemacht. Vorher hat sie versucht, ihn mit einer Pfeife abzurufen. Die ist wie ein Fitnessprogramm.

Aber nicht für ihn. Seit sie die Pfeife benutzt, kann sie Laufen als Hobby angeben. Wobei es Hinterherlaufen vermutlich besser treffen würde. Oder fadenscheinige Ausreden erfinden. Aber das ist ja kein Hobby und bevor wir wieder zum „Beruf“ des Dicken kommen, schweige ich an dieser Stelle. Sonst heißt es wieder, mit so Menschen müsst‘ er nur wegen mir reden.

An dieser Stelle finden sich andere Texte aus der Serie

Der Dicke und ich, ich im Vordergrund. Selfie: Der Don