Hier spricht das andere Ende der Leine: der Don. Ich hatte Ärger. Denn ich habe nach dem Dicken geknappt. Nichts Wildes, für mich war es eher ein Spiel. Aber der Dicke war stinksauer. Vermutlich weil es um eines der sensibelsten Themen für Hunde und ihre Menschen ging: um Ressourcen.


Wir waren in einem Lokal. Der Dicke wollte gehen, ich wollte auch gehen. Aber ich sollte noch einen Moment warten, meinte der Dicke. Also bin ich zurück auf die Decke, die mir der Wirt hingelegt hatte und die damit eindeutig mir gehörte. Von der sollte ich runter. Und da war ich genervt: Gehen durfte ich nicht, auf die Dicke durfte ich nicht, da habe ich nach dem Dicken geknappt.

Ich habe nicht durchgezogen. Der Mund war fast noch komplett offen. Aber der Dicke ist schon an die Decke gegangen, als ich mit den Zähnen an seine Finger kam. Da ist er hyperempfindlich. Die Diva.

Selbstverständlich weiß ich, dass ich nicht beißen darf. Aber es war ja kein Beißen. Irgendwie muss ich ja zeigen, dass ich nicht einverstanden bin, wenn er nach meinen Ressourcen greift.

Gähnen statt knurren

Gut. Wenn wir „Mein Leckerli – nein, mein Leckerli“ spielen, darf ich auch nie knappen. Das weiß ich. Nicht mal knurren darf ich. Doch da weiß ich mir zu helfen. Ich gähne. Oder ich hechele. Auf jeden Fall sorge ich dafür – wie zufällig – dass der Dicke meine Schneidezähne sieht. Und ihre Länge.

Hätte ich dieses mal auch machen können. Aber ich war aufgeregt, weil wir in Aufbruchstimmung waren. Da mag ich es nicht, warten zu müssen. Denn ich laufe gerne vorneweg. Nichts ist ätzender, als in einem Rudel hinten laufen zu müssen. Da habe ich mich vergessen.

Mit dem Dicken kann man reden. Wenn ich Wünsche habe, in welche Richtung wir weiter spazieren, geht der Dicke auf mich ein. Auch sorgt er dafür, dass ich die meisten Hunde begrüßen darf, die wir treffen. Und wenn mir unterwegs einer was zu essen anbietet, sagt der Dicke nur selten nein.

Doch meine Ressourcen verteidigen, darf ich nicht. Zumindest nicht so, dass es effektiv wäre. Meistens geht es ums Essen. Der Dicke hält mir bis heute die Streitereien vor, die ich mit Rocky und Barney um Leckerlis hatte. Für mich war es ein kleines Balgen, der Dicke meint, das hätte eskalieren können. Der Schwätzer.

Er darf auf die Couch

Meistens sind mir Ressourcen nicht so wichtig. Auf meiner Couch darf der Dicke ruhig neben mir liegen. Auf den 20 Prozent, die verbleiben, wenn ich mich breitgemacht habe. Es sei denn, ich habe Hunger. Dann drücke ich ihn runter. Aber wie oft kommt das vor?

Nach meinem Spielzeug schaue ich überhaupt nicht. Im Körbchen liegen Sachen, die habe ich seit sieben Jahren nicht mehr angeschaut. Auf das Körbchen lege ich allerdings wert. Wenn der Dicke es zur Seite räumt, weil er putzen will, werde ich so nervös, wie in der Decken-Szene. Aber wie oft kommt das vor?

Erster Ankerpunkt

Mein Körbchen war mein erster Ankerpunkt in der Wohnung. In der habe ich mich anfangs nicht wohlgefühlt. Der Dicke war für mich zuerst nur ein Zwischenstopp, wie ich sie damals reihenweise erlebt habe. Es dauerte, bis ich mich mit ihm angefreundet habe. Eigentlich habe ich stündlich drauf gewartet, dass Eva und Lisa mich wieder abholen.

Nach drei Wochen sind der Dicke und ich ins Saarland gefahren. Das ganze Wochenende dachte ich, dass ich umziehen muss. Schon wieder. Erst als wir nach Hause gekommen sind, ist mir klar geworden, dass ich jetzt ein Zuhause habe und dort auch bin. Da habe ich mich – ich gebe es zu – doch sehr gefreut.

Als ich in die Wohnung bin, habe ich gleich geschaut, ob meine Ressourcen noch da sind: das Körbchen, die Couch und mein Napf. Wenn der Dicke an den rangeht und ich nicht knurren oder beißen darf, dann habe ich echt ein Problem. So sehr kann ich gar nicht gähnen oder hecheln.

Der Dicke und ich, ich im Vordergrund. Selfie: Der Don

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