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Hier kommt das andere Ende der Leine zu Wort: der Don. Der Dicke und ich, wir schauen ab und an zusammen fern. Wobei wir den gleichen Film gucken – aber offenbar nicht den selben. Denn der Dicke sieht in dem Geschehen was ganz anderes als ich. Nämlich unnötig gequälte Hunde.


In „Das Schweigen der Lämmer“ geht es um einen kleinen Hund, der bei einem Irren lebt und dann durch einen perfiden Trick zum Opfer seines Herrchens wird: Mit einem Knochen wird er von einer Frau in eine Falle gelockt, stürzt einen Brunnenschacht runter, verletzt sich dabei und wird dann von ihr noch gequält, um seinen Halter zu erpressen.

Was für ein ungeheuerliches Schicksal. Doch der Dicke sagt, darum gehe es in dem Film gar nicht. Das sei nur ein Seitenarm der Geschichte, der dazu diene, am Ende die Spannung zu verdichten und aus dem weiblichen Opfer eine Figur zu machen, die sich zur Wehr setzt. Um sie, die weibliche Ermittlerin und die anderen weiblichen Opfer gehe es hauptsächlich in dem Film. Was ein Quatsch. Die quält einen Hund.

Ich bin der Hund vom Grinch

Ein weniger mehr sind wir uns einig, wenn wir den Grinch gucken. Da geht es auch um einen Irren. Mit dem will das ganze Dorf nichts zu tun haben. Ich verstehe, dass der Dicke sich da wiedererkennt. Und mit seinem Hund habe ich viel gemein. Denn ich leide genauso. Alle reden davon, dass der Grinch Weihnachten stiehlt. Aber wer muss denn die Geschenke diesen verdammten Berg hoch schleppen und sich zwischendrin all die Gemeinheiten anhören?

Und am Ende? Worum geht es da? Der Grinch versöhnt sich mit Weihnachten. Der Grinch findet seine große Liebe. Dem Grinch wächst ein Herz. Gut, dem Dicken wächst das Herz auch. Nur ist das nichts Gutes, sondern ein Infarktrisiko.

Der Hund kommt am Ende so gut wie gar nicht mehr vor. Man sieht ihn nicht mehr. Dabei müsste eigentlich gefeiert werden, dass er den Despotismus los ist, unter dem er gelitten hat.

Filmemacher genießen das Leid der Hunde

Filmemacher genießen es regelrecht, uns Hunde leiden zu lassen. Immer wieder sind wir es, die sterben müssen. Im Weißen Hai. Wer stirbt da noch vor dem fetten Jungen? Rippet. Der Hund. Und warum? Weil sein Herrchen ihn ins tiefe Wasser schickt, um ein dämliches Stück Holz zu apportieren. Ich weiß, warum ich mich diesem Unsinn verweigere.

Oder Hondo. Da sorgen sich die Zuschauer um die Frau. Um ihren kleinen Jungen. Um John Wayne. Aber sterben tun nur zwei. Der asoziale Ehemann der Frau. Der Tod ist notwendig, damit in den prüden USA John Wayne am Schluss die Frau zur Frau nehmen kann. Und wer stirbt von den Guten, nur um zu demonstrieren, wie gefährlich die Lage ist? Richtig. Der Hund. Wie immer.

Was macht John Wayne? Der Gute unter den Guten. Er nimmt es achselzuckend zur Kenntnis, als die India… Ureinwo… Mitglieder der indigenen Bevölkerung den Hund ermorden. Das ist für den feinen Herren wohl in Ordnung. Und den wählt sich Al Bundy als Vorbild?

Ich identifiziere mich mit Buck Bundy

Wobei Buck Bundy eine der wenigen Hundefiguren ist, mit denen ich was anfangen kann: Seine Halter vernachlässigen ihn und Buck erhält viel zu wenig zu essen. Damit kann ich mich voll identifizieren. Auch dass er folglich nur wenig Interesse an seiner Familie zeigt und stattdessen jede Gelegenheit nutzt, den Ladys hinter herzustellen oder Katzen zu jagen.

So realistisch werden Hunde nur selten dargestellt. Wenn sie nicht gerade ums Leben kommen, dienen sie dazu billig dramaturgische Lücken zu füllen. So geht es etwa Lulu in „Ich heirate eine Familie“. Will der Drehbuchautor erzählen, dass Werner lärmgeplagt ist, bellt der Hund. Ist eine Figur zu viel in der Szene, muss Lulu Gassi gehen. Und wenn einer was zu erzählen hat, was sich wirklich keiner anhören will, muss halt wieder der Hund herhalten.

Für alle möglichen Fragen beschäftigen Filmemacher Experten, die sie beraten. Warum nicht auch dann, wenn es um Hunde geht? Ich könnte ihnen sagen, was für ein Lebenskampf es bedeutet, dem Dicken auch nur das Allereinfachste klar zu machen, wie den Hunger, den ich immer habe. Oder Gassi zu gehen, da gerade mal die Sonne scheint. Wobei er eben nach der Leine greift. Da ist doch tatsächlich ein Happyend in Sicht.

Hier finden sich weitere Texte zur Serie.

Der Dicke und ich, ich im Vordergrund. Selfie: Der Don