Christine Cazon ist in Deutschland die Botschafterin der Côte D’Azur. Mit den Kriminalfällen, die der von ihr geschaffene Kommissar Duval aufklärt, schafft es die Schriftstellerin regelmäßig auf die Bestseller-Listen. Dabei nennt sie das Rhein-Main-Gebiet als ihre eigentliche Heimat.

Die Suquet. Eine der Toplagen des europäischen Immobilienmarktes. Einheimische leben hier kaum noch. Der Aufstieg durch die malerische Altstadt Cannes‘ führt zum „Palais des Festivals et des Congrès“, in dem jedes Jahr die Stars und Sternchen die Filmfestspiele feiern. Ein Hund kackt auf den Bürgersteig der Suquet und bringt damit Christine Cazon, die Journalisten durch Cannes führt, in ein Dilemma: „Ich kann doch jetzt nicht als Deutsche zu dem Besitzer sagen, heben Sie das jetzt mal auf!“

Seit über zehn Jahren lebt Cazon im Süden Frankreichs. Doch die Rolle einer Einheimischen komme ihr immer noch nicht zu. Im Ausland zu leben, bedeute entsprechend Kompromisse einzugehen. Und dazu gehöre es in heiklen Momenten still zu bleiben – so wie in dem mit dem kackenden Hund.

Zumal Cazon einen Weg gefunden hat, kritische Dinge anders anzusprechen: mit ihren Romanen. Aktuell ist „Das tiefe blaue Meer der Côte D’Azur“ im Handel. Das sechste Abenteuer von Kommissar Léon Duval. Und wie immer greift Cazon auch Themen auf, über die am Mittelmeer gesprochen wird. In dem Fall die Fischer von Cannes, die zwar als romantische Kulisse geschätzt werden, denen aber die Auswüchse des Tourismus das Arbeiten fast unmöglich machen.

Psychologie steht im Mittelpunkt

„Das tiefe blaue Meer der Côte D’Azur“ ist kein Who-done-it-Krimi: Cazon begleitet den Mörder von dem Moment, der die Tat auslöst, über den Mord selbst bis zum Schluss des Krimis. Das Interesse des Lesers konzentriert sich also nicht auf die Auflösung des Falls, sondern auf die Gefühle, die zu dem Verbrechen führen und zu den Hürden, die einem Kommissar in einer Stadt im Weg sind, in der reiche Mächtige und mächtig Reiche ein Wörtchen mitzureden haben.

Eine Hauptrolle spielt in den Duval-Krimis immer die Côte, an der Cazon seit über zehn Jahren lebt. Eine Lebenskrise brachte sie 2005 dazu, ihren Job bei dem Verlag KiWi zu kündigen und nach Frankreich aufzubrechen. Dort fängt sie bei null an. Sie lebt in einer Auberge in einem Bergdorf nördlich von Nizza. Und das sehr einfach: „Es ist ein Runterkommen auf das Wesentliche“, wie sie sagt.

Allmählich entwickelt Cazon ein neues Leben. Sie schreibt einen Blog für die Zeitschrift Brigitte, der erfolgreich wird. Ähnlich wie später in ihren Romanen kommt sie an dem nicht vorbei, wofür die Côte steht: Luxus, Film, Autos, Reichtum… Denn: „Die Leute wollen etwas träumen.“ Aber sie hat immer auch einen Blick auf die „kleinen Leute“, die sich ein Leben unter den Reichen bewahren wollen.

Schließlich wird Cazon von ihrem alten Arbeitgeber wiederentdeckt und ermutigt, die Krimireihe ins Leben zu rufen. Die beschere ihr zwar ein gutes Leben. Aber um selber zu den Superreichen der Côte zu gehören, dafür reiche es nicht.

Cazon ist auch eine Botschafterin ihrer neuen Heimat: Die Duval-Romane schreibt sie für den deutschen Markt. Ins Französische wurden sie bisher nicht übersetzt. Die Tour, auf der sie Journalisten durch Cannes führt, begleitet Karin Osmuk vom örtlichen Fremdenverkehrsbüro die Autorin. Natürlich sei das Büro froh, sagt Osmuk, über eine so gute Botschafterin für Deutschland zu verfügen.

Cazon ist 1962 als Christiane Dreher in Heidelberg geboren worden. Doch als ihre eigentliche Heimat sehe sie das Rhein-Main-Gebiet an. In Mainz hat sie zur Jahrtausendwende studiert. Und Freunde habe sie dort auch noch. Vielleicht verewigt sie diese auch einmal in einem Roman.