So viele Haushalte in Mainz-Bingen stehen kurz vor der Stromsperre

Immer mehr Haushalte im Kreis Mainz-Bingen geraten beim Bezahlen ihrer Strom- und Heizkosten in Schwierigkeiten. Nach aktuellen Schätzungen der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) leben über 10.300 Menschen in Haushalten, die Energiekosten nicht oder nicht pünktlich begleichen können. Betroffen sind Singles, Paare, Familien, Alleinerziehende und viele Seniorenhaushalte.

Steigende Energiekosten belasten immer mehr Menschen

Die NGG Darmstadt und Mainz stützt sich bei ihrer Einschätzung auf Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis). Demnach haben bundesweit rund 5 Prozent der Bevölkerung Probleme, Strom- oder Gasrechnungen zu bezahlen. Besonders häufig betroffen: Mieterinnen und Mieter – sie geraten laut NGG deutlich öfter in Zahlungsrückstand als Menschen mit Wohneigentum.

NGG-Geschäftsführer Guido Noll warnt vor den Folgen der Energiepreisentwicklung:
„Steigende Strompreise setzen die Menschen unter Druck. Wer im Kreis Mainz-Bingen für einen Niedriglohn arbeitet oder sogar nur den Mindestlohn bekommt, muss ohnehin jeden Cent zweimal umdrehen. Wenn für diese Menschen Strom jetzt mehr und mehr zum Luxusgut wird, dann muss dringend etwas passieren.“

Forderung: Stromsteuer senken – sofortige Entlastung für Haushalte

Noll fordert die Bundesregierung auf, die Stromsteuer für private Haushalte zu senken – wie es bereits im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbart wurde.
„Der Effekt wäre sofort da: Mit geringeren Stromkosten könnte der Staat den Menschen prompt und wirkungsvoll unter die Arme greifen“, so Noll.

Gleichzeitig appelliert er an die Bundestagsabgeordneten aus der Region, sich in Berlin „für einen kräftigen und dauerhaften Stromsteuer-Rabatt stark zu machen“.

NGG fordert Stromnetze in öffentlicher Hand

Ein weiterer zentraler Punkt: die Zukunft der Stromnetze. „‚Strom-Autobahnen‘ dürfen nicht zur Rendite-Infrastruktur für Investoren werden“, fordert Noll. Aus Sicht der Gewerkschaft braucht es langfristig stabile Energiekosten – nicht nur für private Haushalte, sondern auch für kommunale Einrichtungen wie Schwimmbäder, Schulen und Krankenhäuser.

Die geplante Senkung der Stromnetzentgelte und die Entlastung von Gaskunden durch den Wegfall der Gasspeicherumlage seien erste Schritte, aber nicht ausreichend, um Energiekosten dauerhaft zu stabilisieren.

Industriestrompreis: Lebensmittelbranche nicht vergessen

Die NGG Darmstadt und Mainz begrüßt den vom Bund geplanten vergünstigten Industriestrompreis von rund 5 Cent pro Kilowattstunde bis 2028. Entscheidend sei jedoch, welche Branchen von dieser Entlastung profitieren.

„Gerade auch die Lebensmittelindustrie hat einen hohen Energiebedarf. Das müssen die heimischen Bundestagsabgeordneten jetzt gegenüber der Bundesregierung in Berlin deutlich machen. Auf jeden Fall ist es für die Ernährungswirtschaft im Kreis Mainz-Bingen und der Region wichtig, dass der Bund die Stromsteuer auch über das Jahresende hinaus senkt. Denn hohe Energiekosten dürfen keine Arbeitsplätze gefährden“, betont Noll.

Im Landkreis Mainz-Bingen arbeiten laut Arbeitsagentur allein in der Ernährungswirtschaft 1.780 Beschäftigte in 98 Betrieben – viele davon energieintensiv.

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