Am malerischen Rheinufer, wo der mächtige Strom eine spektakuläre Biegung vollzieht und sich durch das legendäre „Binger Loch“ zwängt, erhebt sich das Museum am Strom – ein Ort, an dem Geschichte, Kultur und Technik auf faszinierende Weise miteinander verschmelzen. Das imposante Museumsgebäude ist nicht nur ein Bewahrer von Kunst und Wissen, sondern selbst ein beeindruckendes Zeugnis der Industriekultur des späten 19. Jahrhunderts.
Die Lage des Museums könnte kaum symbolträchtiger sein:
Es befindet sich unmittelbar an der Schwelle zum UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal, einer Region, die für ihre märchenhafte Landschaft, ihre historischen Burgen und die romantischen Mythen rund um den Rhein weltberühmt ist. Vom Eingang des Museums aus schweift der Blick zu markanten Orten der Rheinromantik wie dem Mäuseturm, der Burgruine Ehrenfels und dem majestätischen Niederwalddenkmal. Nur wenige Schritte entfernt mündet die Nahe in den Rhein und fügt der Kulisse eine weitere historische Dimension hinzu.
Das Museumsgebäude selbst ist ein Meisterwerk der Gründerzeitarchitektur. 1898 als eines der ersten Drehstromkraftwerke Deutschlands errichtet, versorgte es die Stadt Bingen bis 1928 zuverlässig mit elektrischem Strom. Schon die äußere Erscheinung beeindruckt: Die großen, neogotischen Fenster, die kühne Konstruktion der Dachstühle und die monumentale Maschinenhalle erinnern an eine „Kathedrale des Fortschritts“, in der sich der Glaube an Technik und Zukunftsgestaltung manifestierte. Trotz der umfangreichen Umnutzung ist der industrielle Ursprung des Gebäudes stets spürbar geblieben. Elemente wie der historische Lastenaufzug von 1917, heute Teil der Ausstellung, zeugen noch immer eindrucksvoll von der ursprünglichen Funktion des Bauwerks.
Im Rahmen der „Route der Industriekultur Rhein-Main“, die sich von Bingen bis Aschaffenburg erstreckt, bildet das Museum am Strom einen westlichen Eckpfeiler und bietet auf rund 750 Quadratmetern eine umfassende Präsentation bedeutender historischer Themen. Der gesamte Komplex ist barrierefrei erschlossen und wird durch einen 200 Quadratmeter großen Bereich für Wechselausstellungen sowie eine Erlebniswerkstatt für junge Besucher ergänzt, die Museumspädagogik auf kreative Weise erlebbar macht.
Doch das Museum am Strom ist weit mehr als nur ein Industriedenkmal
Es ist die zentrale Institution zur Bewahrung, Erforschung und Vermittlung der Geschichte Bingens. In enger Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv sammelt und konserviert das Museum das kulturelle Erbe der Stadt und ihrer Umgebung, bereitet es wissenschaftlich auf und präsentiert es einem breiten Publikum. In einer Region, deren Bekanntheitsgrad durch die Aufnahme des Oberen Mittelrheintals in die UNESCO-Welterbeliste stetig wächst, setzt das Museum Schwerpunkte auf Themen, die Bingen weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht haben.
Im Zentrum der Dauerausstellungen steht eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des Mittelalters: Hildegard von Bingen. Die größte Abteilung des Museums widmet sich dieser herausragenden Frau, die als Theologin, Naturwissenschaftlerin, Komponistin und Beraterin eine bis heute beeindruckende Wirkung entfaltet. Die Ausstellung verfolgt das Ziel, Hildegard als historische Persönlichkeit in ihrem zeitlichen Kontext des 12. Jahrhunderts sichtbar zu machen. Dabei wird auch die Rezeption Hildegards vom Mittelalter bis in die Gegenwart beleuchtet, um ein sachliches, von Mythen und Legenden befreites Bild dieser außergewöhnlichen Frau zu vermitteln.
Ein weiteres zentrales Thema des Museums ist die Rheinromantik und die Geschichte des Mittelrheintals. In direkter Nachbarschaft zum Rhein gelegen, nimmt das Museum seine besondere Verantwortung als „Museum zum Welterbe Rheintal“ wahr. Die romantische Verklärung des Rheins im 19. Jahrhundert, die in Malerei, Literatur und Musik ihren Ausdruck fand, ist ebenso Bestandteil der Präsentationen wie die politische und gesellschaftliche Bedeutung dieser Epoche. Darüber hinaus widmet sich das Museum der gesamten 2000-jährigen Geschichte des Mittelrheins und macht so die Entstehung dieser einzigartigen Kulturlandschaft nachvollziehbar.
Ein dritter Schwerpunkt ist der römischen Vergangenheit Bingens gewidmet
Die Stadt gehört zu den bedeutenden Fundorten römischer Altertümer in Deutschland. Besonders hervorzuheben ist das „Binger Ärztebesteck“, das 1925 bei Ausgrabungen entdeckt wurde. Dieses einzigartige Ensemble von 67 chirurgischen Instrumenten bietet einen faszinierenden Einblick in die antike Medizin und ist weltweit nahezu konkurrenzlos. Es dokumentiert eindrucksvoll die medizinischen Fähigkeiten und die technische Raffinesse der Römer und ist ein echtes Highlight der Sammlung.
Das Museum am Strom ist somit nicht nur ein Ort des Staunens über vergangene Zeiten, sondern auch ein lebendiges Zentrum historischer Forschung und kultureller Bildung. Mit seinen vielfältigen Angeboten, den faszinierenden Exponaten und der einzigartigen Lage am Eingang zum Welterbe Mittelrheintal trägt es dazu bei, Geschichte lebendig zu halten und die Bedeutung Bingens als einen der bedeutenden Orte deutscher Kulturgeschichte weiterzutragen. Hier kommst du zur Webseite vom Museum
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