Lange verstand man unter dem Begriff Luxusreise den Glitz und Glamour von 5-Sterne-Hotels, exotische Destinationen wie die Malediven oder Seychellen, oder wenigstens den Abstieg in einer der renommierten Celebrity-Hochburgen in Monaco, wovon man dann stolz den Kollegen und Nachbarn berichten konnte. In den vergangenen Jahren hat sich der Trend jedoch stark gewandelt: Wahrer Luxus bedeutet für immer mehr Deutsche Abgeschiedenheit und das Schaffen transformativer Erlebnisse, die weit über bloße Urlaubserinnerungen hinausgehen. Zeit mit der Familie gilt derzeit wichtiger als pulsierende Locations, Wohlbefinden und Einklang mit der Natur sind den Touristen wichtiger als Trubel und vollgespickte Reisekalender. Der Einfluss von Social-Media trägt ebenfalls dazu bei, dass immer mehr Menschen außergewöhnliche, weniger bekannte Locations für sich entdecken, wo sie sich ihren Urlaub dann auch Einiges kosten lassen.
Wenngleich die Inflation die Lebenshaltungskosten stark in die Höhe treibt und auch in Deutschland die meisten Menschen den Gürtel enger schnallen müssen, zeichnet sich in Sachen Auslandsreisen ein erstaunlicher Gegentrend ab: im vergangenen Jahr gaben die Deutschen 18 Prozent mehr für ihren Urlaub aus als im Vorjahr und sogar drei Prozent mehr als im Vorkrisenjahr 2019. Reiseexperten erklären diese Entwicklung mit damit, dass Entschleunigung, bleibende Erinnerungen, Wohlfühlen und Gesundheit sowie bleibende, transformative Erlebnisse heute einen weitaus höheren Stellenwert in der Bevölkerung haben. Wenngleich die europäischen Touristenmagnete wie Spanien, Türkei oder Kroatien nach wie vor bei Familien beliebt sind und Pauschalreise weiterhin Popularität besitzen, erwarten sich viele Menschen von ihrem Urlaub einfach mehr. Besonders in den vergangenen Jahren lernten viele Gesundheit, Stressabbau und Zusammengehörigkeit mehr zu schätzen als Abenteuer, Nervenkitzel oder All-Inclusive-Reisen mit Völlerei und 24-Stunden-Entertainment.
Doch was versteht man nun unter „Luxusreise“, und ist diese wirklich nur etwas für die oberen fünf Prozent der Bevölkerungsschicht, die sich die abgeschiedene Luxusvilla auf den Malediven samt Privatkoch auch leisten können? Nicht unbedingt, denn unter Luus versteht man heute auch individuellere Urlaubserfahrungen in Privatunterkünften. Der Erfolg von Airbnb wie auch die zunehmende Beliebtheit von privatem Haustausch verstärkt diese Entwicklung: Reisende suchen Unterkünfte wie lauschige, komfortable Hütten in Skandinavien, abgeschiedene Strandhäuser an tropischen Locations oder Villen, die mitten in den Dschungel eingebettet sind oder gar bescheidene Unterkünfte in Südafrika, um sich hier sozial zu engagieren.
Im Einklang mit der Natur zu leben ist ein weiterer Anspruch vieler Urlauber, wenn sie sich Auszeit vom Alltag nehmen. Schon beim Aufwachen die Flora and Fauna einer Waldlichtung zu erleben, macht derzeit die Idee von Glamping so beliebt. Viele Reiseexperten wie Christien Johnson, Mitbegründer der luxuriösen Villa de Punto in Costa Rica, werben mit exotischen Tieren vor der Tür und Unterkünften direkt zwischen Dschungel und Meer. Auch Nachhaltigkeit zu fördern, wird vielen Deutschen bei ihren Urlaubsplänen immer wichtiger, weshalb vermehrt Ziele gewählt werden, die auf Umweltschutz, erneuerbare Energie und die Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks Wert legen. Auf sämtliche Annehmlichkeiten will man dabei dennoch nicht verzichten, man setzt auf erstklassigen Kundenservice, Personal, das auf individuelle Wünsche eingeht und bestenfalls einen Privatkoch, der auf lokaler Küche und gesunde Ernährung spezialisiert wird.
Was lange als Wellness-Urlaub bekannt war, geht heute noch einen Schritt weiter: Biohacking-Hotels sind angesagter denn je, wobei gerade Blue-Zones-Retreats stark im Kommens sind. Als „Blue Zones“ gelten Regionen, wo die Bewohner besonders gesund sind und lange Lebenserwartung besitzen, wie beispielsweise in Okinawa, Sardinien, die Nicoya Halbinsel in Costa Rica, Ikaria in Griechenland oder Loma Linda in Kalifornien. Retreats in diesen Regionen setzen auf sanfte Bewegung, pflanzenbasierte Speisen und bewussten Stressabbau. Oft sind sie verbunden mit Yoga, Meditation, Kochunterricht und verbindenden Aktivitäten. Biohacking Hotels wie das Mandarin Oriental in Kuala Lumpur bieten darüber hinaus diagnostische Tests und innovative Behandlungen an. Auch Entertainment nimmt inzwischen neue Formen an: statt in Vegas in den großen Casinos zu Zocken oder bekannte Shows anzusehen, reisen viele Luxustouristen lieber zur Canyon Ranch in Tuscon, Arizona – ein Luxus-Wellness-Retreat mit wissenschaftlicher Diagnostik und Entspannungsprogrammen, zumal auch begeisterte Gambler mittlerweile in Abgeschiedenheit Slots zocken können.
Ein weiterer spannender Trend in Sachen Luxusurlaub ist, dass es Touristen nicht mehr vornehmend an heiße Locations zieht: Coolcationing ist das Urlaubmachen in kühleren Regionen. Die Polarlichter in Norwegen erleben, Urlaub an einsamen Fjorden in Schweden oder Sauna-Rituale in Finnland bedeuten vielen Menschen heute mehr als Strandurlaub in Italien oder eine Kreuzfahrt durch die Karibik. Ebenfalls angesagt: Astrotourismus. Übersetzt bedeutet das: Sternegucken als Ferienerlebnis. Das Zulal Wellness Hotel am Arabischen Golf bietet beispielsweise Workshops in der Wüste an, bei denen man den nächtlichen Himmel studiert. Gleichzeitig setzt das Hotel bei seinen Behandlungen auf Arabische Heilkunst und Islamische Medizin. Das Erlebnis heißt TAIM und verspricht holistisches Wohlbefinden, wobei auch die Unterkünfte auf das Verbreiten von Ruhe und innerem Frieden konzentriert sind.
Luxus ist heute Gesundheit, mehr als gutes Aussehen und wertvolle Zeit mit der Familie statt „Gesehenwerden“. Stressfreiheit bedeutet den Urlaubern mehr als Abenteuer und Adrenalin, Individualität und Privatsphäre ist den deutschen Urlaubern wichtiger als Trubel, Action und Partymachen.