Einigung über Wehrdienst: Musterung künftig für alle Männer Pflicht

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Wehrdienst – Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich Union und SPD auf eine Neuregelung des Wehrdienstgesetzes verständigt. Wie aus Koalitionskreisen verlautete, erzielte eine Verhandlungsgruppe am Mittwochabend eine grundsätzliche Einigung. Bereits an diesem Donnerstag sollen die Fraktionen in Sondersitzungen über das Konzept informiert werden und voraussichtlich zustimmen.

Musterung wird Pflicht – Wehrdienst bleibt freiwillig

Kernpunkt der Einigung: Der Wehrdienst soll zunächst freiwillig bleiben, die Musterung jedoch verpflichtend. Künftig sollen alle jungen Männer eines Jahrgangs gemustert werden. Damit hat sich Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gegen Teile der Union und auch gegen Widerstände in den eigenen Reihen durchgesetzt.

Die Union hatte ursprünglich vorgeschlagen, nur eine begrenzte Zahl junger Männer per Losverfahren zur Musterung einzuberufen. Pistorius hingegen bestand darauf, ganze Jahrgänge zu erfassen, um im Ernstfall genau zu wissen, wer wehrdienstfähig ist. Im Verteidigungsfall würde die seit 2011 ausgesetzte allgemeine Wehrpflicht automatisch wieder in Kraft treten.

Start der Musterung ab 2027

Nach aktuellen Planungen soll die Musterung im Juli 2027 beginnen. Betroffen wären zunächst Männer des Geburtsjahrgangs 2008. Zuvor müssen alle Männer ab Jahresbeginn 2026 verpflichtend einen Online-Fragebogen ausfüllen. Darin sollen sie Angaben zu Gesundheit, Fitness, Ausbildung und ihrer grundsätzlichen Bereitschaft zum Wehrdienst machen. Frauen und Personen mit nicht-binärem Geschlechtseintrag können den Fragebogen freiwillig ausfüllen.

Union setzt Korridor für Personalaufwuchs durch

Ein weiterer Streitpunkt betraf die künftige Personalstärke der Bundeswehr. Hier konnte sich die Union mit der Forderung durchsetzen, verbindliche Ziele im Gesetz zu verankern. Demnach soll bis 2035 ein Personal-Korridor festgelegt werden, der sich an den Nato-Verpflichtungen orientiert.

Werden die Zielzahlen nicht erreicht, soll die Wehrpflicht erneut aktiviert werden können – allerdings nur durch ein weiteres Gesetz. Eine automatische Rückkehr zur Wehrpflicht, wie sie ursprünglich im Gespräch war, wird es somit nicht geben.

Losverfahren bei der Einziehung

Sollte die Wehrpflicht wieder eingeführt werden, soll sie nach einem Losverfahren erfolgen. Eingezogen würden dann nur so viele Männer, wie der militärische Bedarf erfordert. Über die genauen Abläufe soll ein separates Gesetz entscheiden.

Der Status der freiwillig Wehrdienstleistenden bleibt erhalten – ein Punkt, auf den insbesondere die Union bestanden hatte. Pistorius hatte ursprünglich vorgesehen, alle Freiwilligen als Soldaten auf Zeit einzustellen. Allerdings soll die Vergütung für Freiwillige künftig deutlich steigen, auch bei kürzeren Dienstzeiten zwischen sechs und zwölf Monaten.

Hintergrund: Bedrohungslage und Nato-Verpflichtungen

Der Kompromiss steht im Zusammenhang mit der sicherheitspolitischen Lage in Europa. Aufgrund der Bedrohung durch Russland und der neuen Nato-Planungen soll die Bundeswehr bis 2035 deutlich wachsen. Geplant ist ein Aufwuchs auf rund 260.000 aktive Soldatinnen und Soldaten sowie 200.000 Reservisten.

Die Einigung wurde am späten Mittwochabend zwischen Verteidigungsminister Boris Pistorius, den verteidigungspolitischen Sprechern Falko Droßmann (SPD) und Thomas Erndl (CSU) sowie den Fraktionsvizechefs Norbert Röttgen (CDU) und Siemtje Möller (SPD) erzielt. In der finalen Runde nahmen auch die Fraktionsvorsitzenden Jens Spahn (CDU) und Matthias Miersch (SPD) teil.

Wehrdienst: Warum werden nur Männer gemustert?