Krankmeldung

Zur Forderung von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen (Kassenärztliche Bundesvereinigung), Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erst ab dem vierten oder fünften Krankheitstag zur Vorlage eines Attests (Krankmeldung) zu verpflichten, erklärt Karsten Tacke, Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU):

„Wer glaubt, damit Arztpraxen zu entlasten, irrt. Schon heute muss nur etwa jeder vierte Beschäftigte ab dem ersten Tag ein Attest vorlegen (DAK-Gesundheitsreport 2025). Für die große Mehrheit gilt längst: Selbst krankmelden, zu Hause bleiben, gesund werden – ganz ohne Arztbesuch. Der Vorschlag greift also ins Leere.“

Aus Sicht der rheinland-pfälzischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wäre eine gesetzliche Verlängerung der Frist sogar kontraproduktiv:

„Vertrauen braucht klare Regeln. Arbeitgeber müssen auch künftig die Möglichkeit haben, im Einzelfall früher ein Attest zu verlangen – etwa bei wiederholten Kurzzeiterkrankungen. Wer das streicht, schwächt die Eigenverantwortung und öffnet Missbrauch Tür und Tor. Eine Abschaffung oder Schwächung der Pflicht zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung würde erhebliche Risiken für Betriebe und Belegschaften mit sich bringen – etwa bei Arbeitsabläufen und Personalressourcen.“

Zugleich richtet die LVU den Blick auf die eigentliche Baustelle:

„Nicht die Krankmeldung, sondern die Struktur unseres Gesundheitssystems ist das Problem. Während andere Länder im Schnitt sechs Arztbesuche pro Jahr verzeichnen, liegen wir bei zehn. Deutschland hat kein Attest-, sondern ein Steuerungsproblem. Wenn die Bundesregierung wirklich entlasten will, muss sie endlich bei der Patientensteuerung, der digitalen Vereinfachung des Verfahrens und dem weiteren Abbau von Bürokratie ansetzen – und nicht bei bewährten arbeitsrechtlichen Regeln.“

Hintergrund:

Auslöser der aktuellen Debatte ist ein Vorschlag von Dr. Andreas Gassen, dem Vorstandsvorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Er hatte gefordert, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer künftig erst ab dem vierten oder fünften Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung vorlegen müssen. Ziel sei es, Arztpraxen zu entlasten und bürokratische Abläufe zu vereinfachen. Der Vorschlag stößt jedoch bei Arbeitgeberverbänden auf Kritik. Sie befürchten, dass eine spätere Krankmeldung zu organisatorischen Problemen in Betrieben führt und die Eigenverantwortung der Beschäftigten schwächt. Statt an der Attestpflicht zu rütteln, fordern sie strukturelle Reformen im Gesundheitssystem und eine bessere Steuerung von Patientinnen und Patienten.