Uniklinik Mainz
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Ein Forschungsteam der Universitätsmedizin Mainz hat gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Immuntherapie (LIT) und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) einen bedeutenden Fortschritt in der Immunforschung erzielt. Die Wissenschaftler:innen konnten den molekularen Mechanismus entschlüsseln, wie sich regulatorische T-Zellen – sogenannte Treg-Zellen – zu spezialisierten Gewebe-Treg-Zellen entwickeln. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Nature Immunology veröffentlicht und könnten neue Wege in der Therapie von Autoimmunerkrankungen und Gewebeverletzungen eröffnen.

Treg-Zellen: Schlüsselakteure im menschlichen Immunsystem

Regulatorische T-Zellen sind eine spezialisierte Untergruppe des Immunsystems, die essenziell für die Aufrechterhaltung der Immunbalance ist. Sie verhindern fehlerhafte Immunreaktionen, die zu Autoimmunerkrankungen führen können, und unterstützen gleichzeitig die Regeneration von Gewebe nach Verletzungen, indem sie heilungsfördernde Substanzen ausschütten oder gewebeständige Stammzellen aktivieren.

„Die DNA-Methylierungsstellen sind der ‚genetische Fingerabdruck‘ der menschlichen Gewebe-Treg-Zellen. Sie ermöglichen uns, ihre spezifischen Eigenschaften besser zu verstehen“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Michael Delacher, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Immunologie der Universitätsmedizin Mainz und einer der Leiter der Studie.

Epigenetik als Schlüssel zur Zellentwicklung

Im Mittelpunkt der Studie stand die sogenannte epigenetische Regulation – Veränderungen an der DNA, die die Genaktivität beeinflussen, ohne die DNA-Sequenz selbst zu verändern. Die Forscher:innen identifizierten dabei insbesondere Methylgruppen, die sich an sogenannte CpG-Stellen der DNA anlagern. Diese Modifikationen wirken wie molekulare Schalter, die Gene aktivieren oder stilllegen.

„Wichtig war uns, nicht nur die DNA-Methylierung an den etwa 28 Millionen CpG-Stellen des menschlichen Erbguts zu untersuchen, sondern unsere Forschungsergebnisse auch in Beziehung zu weiteren Schalter-Prozessen in Treg-Zellen zu setzen. So konnten wir umfassende Erkenntnisse dazu liefern, wie sich die spezielle Funktion der Gewebe-Treg-Zellen entwickelt“, erklärt Dr. Niklas Beumer, Wissenschaftler am Institut für Immunologie und einer der Erstautoren der Studie.

Bedeutung für Autoimmunerkrankungen und Wundheilung

Die Forschungsarbeiten fanden im Rahmen des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten transregionalen Sonderforschungsverbunds TRR 355 statt, der unter der Leitung der Universitätsmedizin Mainz steht. Ziel ist die Erforschung der Heterogenität und funktionellen Spezialisierung regulatorischer T-Zellen in unterschiedlichen Mikromilieus.

Ein überraschender Fund war die Entdeckung epigenetischer Veränderungen in sogenannten springenden Genen – DNA-Abschnitten, die sich innerhalb des Erbguts bewegen können und dabei offenbar wichtige Steuerfunktionen übernehmen.

Mithilfe des neu identifizierten epigenetischen Fingerabdrucks konnten die Forschenden wandernde Gewebe-Treg-Zellen sogar im menschlichen Blut identifizieren. Diese Erkenntnis eröffnet neue Perspektiven für die Diagnose und Therapie immunologischer und entzündlicher Erkrankungen.

„Unsere Studie erweitert das Wissen darüber, wie Gewebe-Treg-Zellen programmiert sind, und zeigt damit neue Wege und Möglichkeiten auf, wie diese Zellen in der Therapie verschiedener Erkrankungen eingesetzt werden könnten – etwa zur Förderung der Gewebefunktion nach akuten Verletzungen oder zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen“, betont Professor Delacher.

Ausblick: Potenzial für Krebstherapien?

Ob Gewebe-Treg-Zellen auch bei Tumorerkrankungen eine Rolle spielen, ist Gegenstand aktueller Forschungen in Professor Delachers Arbeitsgruppe. Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB 1292 wird derzeit untersucht, welchen Einfluss das Wundheilungsprogramm dieser Zellen auf das Wachstum und die Metastasierung von Tumoren haben könnte.

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