Der Druck auf Volkswagen wächst. Deutschlands größter Autobauer steht vor tiefgreifenden Einschnitten, die besonders die Mitarbeiter in den Werken treffen könnten. Die Konzernspitze erwägt, die Job-Garantie für rund 110.000 Beschäftigte in Deutschland zu kippen. Auch Werksschließungen sind nicht mehr ausgeschlossen. Hintergrund ist ein Defizit von fünf Milliarden Euro, das dem Traditionsunternehmen fehlt.

Heute Vormittag, um 9.30 Uhr, mussten sich die VW-Vorstände vor fast 10.000 wütenden Arbeiterinnen und Arbeitern in Wolfsburg erklären. Die Stimmung war geladen. Viele der Beschäftigten sorgen sich um ihre Arbeitsplätze. Die angespannte finanzielle Lage des Konzerns wurde in aller Deutlichkeit offengelegt.

„Wir geben mehr aus, als wir einnehmen“

Finanzvorstand Arno Antlitz machte in einer eindringlichen Rede klar, wie dramatisch die Lage ist: „Wir geben in der Marke seit geraumer Zeit schon mehr Geld aus, als wir einnehmen. Das geht nicht gut auf die Dauer!“ Eine erschreckende Wahrheit, die viele in der Belegschaft aufhorchen ließ.

Besonders der Absatz in Europa bereitet dem Autobauer Kopfzerbrechen. Antlitz erklärte, dass „zurzeit zwei Millionen Fahrzeuge weniger verkauft werden als noch vor COVID“. Diese Einbußen treffen insbesondere die Werke in Wolfsburg hart. Die bittere Realität: VW fehlen die Verkäufe von etwa 500.000 Autos – dies entspreche der Produktion von zwei Werken. „Der Markt ist schlicht nicht mehr da“, erklärte der Finanzchef mit ernster Miene.

Massive Einsparungen geplant

Der wirtschaftliche Druck auf Volkswagen ist immens. Der Konzern plant, bis 2026 mehr als zehn Milliarden Euro einzusparen. Antlitz schlug bei der Betriebsversammlung regelrecht Alarm: „Wir haben noch ein Jahr, vielleicht zwei Jahre Zeit, das Ruder herumzureißen.“ Die Zeit drängt – und für die rund 110.000 Mitarbeiter in den deutschen Werken beginnt jetzt eine bange Zitterpartie um ihre Arbeitsplätze.

Volkswagen betreibt neben dem Hauptwerk in Wolfsburg auch Standorte in Hannover, Braunschweig, Salzgitter, Emden, Osnabrück, Kassel, Zwickau, Chemnitz und Dresden. In all diesen Werken steht nun vieles auf dem Spiel.

Angespannte Stimmung bei der Belegschaft

Die heutige Betriebsversammlung in Wolfsburg zeigte eindrucksvoll, wie groß die Unsicherheit in der Belegschaft ist. Rund 9.500 Mitarbeiter drängten sich in die rappelvolle Halle, bevor aus Sicherheitsgründen niemand mehr hineingelassen wurde. Schon beim Eintreffen der Vorstände wurden diese mit Pfiffen und Buhrufen empfangen. Doch als die Bosse die dramatischen Einsparpläne verkündeten, herrschte plötzlich gespenstische Stille.

Standing Ovations für Betriebsratschefin Daniela Cavallo

Ein Lichtblick für die Mitarbeiter war der Auftritt von Betriebsratschefin Daniela Cavallo. Bereits am Vortag hatte sie unmissverständlich klargemacht: „Mit mir wird es keine Werksschließungen geben!“ Ihre kämpferische Ansage erhielt bei der heutigen Versammlung minutenlange Standing Ovations von den VW-Beschäftigten. Cavallo versprach, für jeden Arbeitsplatz zu kämpfen – eine Hoffnung, an die sich viele in dieser schweren Zeit klammern.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein, ob VW das Steuer herumreißen kann – und ob die 110.000 Arbeitsplätze langfristig gesichert werden können. Die Belegschaft blickt mit gemischten Gefühlen auf die Zukunft: Hoffnung und Angst liegen eng beieinander.