Kommentar

Eine Epidemie ist ein Gamechanger: Ein Ereignis, das so einschneidend ist, dass es Dinge verändert und Abläufe in Frage stellt. Die Meldungen, dass sich das Corona-Virus ausbreitet und Krankenhäuser wegen ausbleibenden Gewinnen geschlossen werden, laufen parallel zueinander – und gehören doch zusammengedacht. Gerade das Gesundheitswesen wird stärkere staatliche Eingriffe benötigen als bisher.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Das Corona-Virus ist nicht auf den Kapitalismus zurückzuführen. Im Gegenteil. Es konnte sich unter den Umständen eines Landes ausbreiten, das den Kommunismus genutzt hat, um Menschen bei Löhnen und Arbeitnehmerrechten zu halten, die näher an den Standards der Sklaverei als denen der Marktwirtschaft sind.

Aber die Eindämmung des Corona-Virus führt uns vor Augen, dass das Gesundheitswesen eben nicht allein durch den Markt geregelt werden kann. Wenn ein kirchlicher Träger ein Krankenhaus schließt, weil er mit diesem Verluste macht, entspricht das der Marktlogik. Wenn ein Krankenhaus inmitten einer Epidemie geschlossen wird, ist das aber gesellschaftlich kaum nachvollziehbar.

Das Gesundheitswesen gehört zur Grundversorgung. So wie Strom, Wasser oder Abfallentsorgung. Die Behandlung darf nicht scheitern, weil es die Marktlogik so will. Sie darf nicht einmal leiden, weil es die Marktlogik so will.

Pflege muss bezahlt werden

Wenn der Markt sagt: Für die Pflege in Krankenhäusern brauchen wir hochqualifiziertes Personal, das sich körperlich, zeitlich und seelisch massiv einbringt – aber das alles zu den Löhnen von Schiffsschaukelbremsern tut. Und wenn das nicht klappt, holen wir eben das Personal aus Ländern, in denen deutsche Schiffsschaukelbremser als wohlhabend gelten, dann müssen wir dem Markt halt sagen: Dann regelst du das eben nicht mehr, dann übernimmt das wieder die Gesellschaft.

Die Gesundheit kommt zuerst. Das ist der richtige Grundsatz bei Corona. Wegen diesem Grundsatz akzeptieren wir sonst Undenkbares wie die Absage von Fußballspielen oder Volksfesten oder die Schließung von Schulen. Doch nicht nur in Zeiten der Epidemie sollte die Gesundheit einen hohen Stellenwert haben.

Da hat auch der Journalismus versagt. Das letzte mal, das deutsche Medien ausführlich über das Gesundheitswesen informiert haben, war 2017. Es ging um das amerikanische Gesundheitswesen. Die Berichterstattung diente dem Kampf gegen Donald Trump, dem Gottseibeiuns des Haltungsjournalismus.

Doch im deutschen Gesundheitswesen ist manches im Argen und der Berichterstattung durchaus wert. Zum Beispiel die Kostenübernahme bei Globuli. Für diesen homöopathischen Voodoo wird gesellschaftliches Geld verschwendet. Warum? Weil der marktwirtschaftliche Wettbewerb bei den gesetzlichen Kassen vorgetäuscht werden soll und Menschen mit mehr Tagesfreizeit als Sinnstiftung im Leben auf Homöopathie anspringen.

Kostenübernahme bei Globuli verbieten

Der Quatsch muss aufhören. Wir brauchen das Geld an anderer Stelle im Gesundheitswesen dringender. Etwa wenn es darum geht, Krankenhäuser auf dem Land auch dann noch zu erhalten, wenn sie Verluste erwirtschaften.

Die Forschung in Sachen Corona-Gegenmittel beziehungsweise Impfstoff könnten weiter sein. Doch es fehlte schlicht an Forschungsgeldern. Die Pharmaindustrie hat sie nicht gegeben. Die lebt von Krankheiten, die es gibt und nicht von denen, die drohen. Und die Gesellschaft hat lieber in die Schaffung von Professuren im Bereich der Gender Studies investiert.

Wenn es dumm läuft, entwickelt sich die Corona-Krise so, dass wir Patienten bald sagen können: Zwei Nachrichten. Die schlechte. Sie werden sterben. Die gute. Wir können ihr Geschlecht auf dem Grabstein diskriminierungsfrei darstellen.

Ein zynischer Scherz? Sicher. Aber wie so oft bei Zynismus auf einem ernsten Hintergrund beruhend. Der ernste Hintergrund: Gesundheitsvorsorge ist eine Kernaufgabe einer Gesellschaft. Als solche sollten wir sie wieder erkennen und behandeln.