Saarbrücken. Das Saarland dominiert die Bundesregierung. Drei von 16 Ministern kommen aus dem Land, das einen von 80 Bundesbürgern stellt. Warum ist das so?

Zum einen stecken hinter den drei Ministern drei individuelle Geschichten:

  • Annegret Kramp-Karrenbauer hat 2017 mit der saarländischen Landtagswahl den Schulz-Zug gestoppt. Ihr Sieg schaffte die psychologische Basis für den späteren (relativen) Erfolg bei der Bundestagswahl. Ihren bundesweiten Aufstieg verdankt sie diesem Moment.
  • Heiko Maas profitiert von der SPD-Tradition, die Verlierer von Landtagswahlen im Bundeskabinett zu entsorgen. Und der Saarländer ist der König der Verlierer: Gleich drei Mal hat er vergebens versucht, über Wahlen als Hausherr in die Saarbrücker Staatskanzlei einzuziehen.
  • Peter Altmaier ist ein zuverlässiger Verwalter ohne Charisma oder langfristigen politischen Plan. Er ist für das Kabinett Merkel gebaut worden.

Zum anderen gibt es aber auch etwas, das diese individuellen Geschichten miteinander verbindet: Gemessen an den Bundesergebnissen und -prognosen ist das Saarland für die beiden einstigen Volksparteien eine Hochburg. Die Grünen spielen hier keine Rolle.

Das liegt zum einen an den Saar-Grünen selber. Ihre Probleme und peinlichen Geschichten aufzuzählen, würde mindestens einen eigenen Text notwendig machen. Nur eine Anekdote: Der heutige AfD-Landesvorsitzende Josef Dörr war Landesschatzmeister unter dem langjährigen grünen Landesvorsitzenden Hubert Ulrich.

Das Saarland ist kein grünes Land

Das Saarland ist zum anderen kein grünes Terrain. Das liegt an der wirtschaftlichen Situation. In den einschlägigen Rankings schneidet das Land in der Regel auf ähnlichem Niveau wie die Ostländer ab. Ideen, die darauf beruhen, das industrielle Zeitalter überwinden zu wollen, finden nur wenig Anklang in einer Region, die darum kämpft, den industriellen Rang zu erhalten.

Wo es an öffentlichen Toiletten für Männer und Frauen fehlt, wird nicht darüber diskutiert, ob es auch an öffentlichen Toiletten für sexuell Unentschlossene fehlt. Wenn jemand 25 Minuten mit dem Auto von Eppelborn nach Dillingen braucht, aber drei Stunden mit dem öffentlichen Nahverkehr, der wird den Satz nicht unterschreiben, dass es auch ohne Auto geht. Und er wird zwar eine Partei bedenken, die meint, mit der CO2-Steuer in Wahlkämpfe ziehen zu wollen – nur halt nicht mit seiner Stimme.

Die saarländischen Politiker kommen also nicht so leicht in Versuchung, grüne Erzählungen unter eigener Farbe nachplappern zu wollen. Zumindest nicht, solange sie zuhause sind. Im Saarland haben sich die Menschen jahrelang nicht darum geschert, dass ihre Landeschefin als Putzfrau in der Faasend auftritt. Und auch nicht an manch plumpen Witz. Sie haben es sogar geliebt. Gleich im ersten Jahr ihrer Präsenz auf bundespolitischer Bühne sorgte Kramp-Karrenbauer mit diesen Auftritten für Häme und Kritik.

Im Saarland ist Heiko Maas ein anderer

Und auch Heiko Maas ist ein anderer, wenn er daheim auftritt. Ist er in Düppenweiler auf dem Lyonerfest seiner SPD, dann begrüßt er jeden der 200 Besucher mit Handschlag, hört zu und lässt sich ernsthaft auf Gespräche ein.

Wenn im Bund Schwarz-Grün kommt – oder Grün-Schwarz – dann wird es vorbei sein, mit der saarländischen Hoheit im Bundeskabinett. Die Grünen werden kein Personal von der Saar abwerben. Mit Simone Peter haben sie das einmal gemacht, nach der verlorenen Bundestagswahl 2013. Wie wenig sie selbst aus dem Bundesvorsitz geholt hat, das machen Robert Habeck und Annalena Baerbock nun eindrucksvoll vor, indem sie die Möglichkeiten des Amtes vorführen.

Kramp-Karrenbauer gilt neuerdings für die Grünen als Feindbild. Schon ihre zaghaften Versuche, nach rechts verlorengegangene Wähler für die CDU zurückzuholen, reichten, um sie in deren Milieu zu diskreditieren. Eine Koalition mit den Schwarzen werden die Grünen nur dann wollen, wenn die CDU die Politik Merkels fortführt. Womöglich bleibt Altmaier dann sogar als Fossil übrig – er wird aber nicht ausgerechnet dann damit anfangen, eigene politische Akzente zu setzen.