Saarbrücken. 41 Milliarden Euro hat der Bund diese Woche an die Kohleregionen verteilt. In Ziffern sind das: 41 000 000 000 Euro. Trotz dieser unglaublich hohen Summe hat es keine Jubelstürme in Saarbrücken gegeben, keine Autokorsos in Saarlouis. Nun liegt das zum einen daran, dass das Saarland nur Krümel vom Kuchen abkriegen wird. Zum anderen hat die Vergangenheit gezeigt, dass staatliche Investitionen in die Zukunft keine wirtschaftliche Blüte auslösen.

Ein Topf von 40 Milliarden Euro ist Nordrhein-Westfalen und drei ostdeutschen Ländern vorbehalten. In zweien davon stehen Wahlen an. Mit dem Geld werden Investitionen in die Wirtschaftsstandorte bezahlt, etwa der Ausbau der Internet-Versorgung. Ein mit 1,09 Milliarden Euro gefüllter Topf ist für das Saarland vorgesehen – allerdings muss es diesen mit Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern teilen. Wie das Geld verteilt wird und wann oder wofür, ist nicht genau definiert.

Gedacht ist das Geld als Ausgleich für den vorzeitigen Ausstieg aus der Kohleenergie. Der soll nun 2038 abgeschlossen sein – rund zehn Jahre früher als geplant. Eingebettet sind die Pläne in einen Gesetzentwurf mit dem wohlklingenden Namen „Strukturstärkungsgesetz“. Statt aus klimaschädlicher Kohlekraft soll Wohlstand gewonnen werden aus klimafreundlichem… nun gut, an solchen Detailfragen wie, wo kommt der Wohlstand künftig her, wird noch gearbeitet.

Nun wird das Saarland sich ohnehin nur mit einem kleinen Löffel aus den Geldtöpfen bedienen können. Doch auch Gewinner des Deals wie Nordrhein-Westfalen erleben gerade keine Paraden. Denn gerade an Rhein und Ruhr haben die Menschen erlebt, wie Zukunftsinvestitionen im Boden versickert sind.

„Versemmelt“

Das ist eines der Herzthemen des Journalisten Stefan Laurin, der auch den Blog „Ruhrbarone.de“ betreibt. In seinem neuen Buch „Versemmelt“ beschreibt er, wie das Ruhrgebiet den „Strukturwandel“ nach dem Ende der Zechen verpatzt hat – oder eben versemmelt.

Eine der wichtigsten Theorien in „Versemmelt“: Von Förderprogrammen geht bestenfalls ein kurzer Impuls für die Konjunktur aus. Statt zu blühenden Landschaften führt es aber, mittelfristig zu selbstzufriedener Politik, zu verkrusteten Verwaltungen und Geld, das in eben diesen Strukturen kleben bleibt, statt durch wirtschaftliche Dynamik neues Geld zu generieren.

Klingt zum Verzweifeln. Ist es in der Konsequenz auch. Aber Laurin schildert es durchaus lustig, wie Geld für Schaufensterprojekte verpulvert wurde – in der Hoffnung, dass Violinkonzerte oder neue Verkaufsbörsen-Apps, genau so viel Frühstück und Abendessen für die Menschen des Landes auf den Tisch bringen, wie zuvor die Förderung von Rohstoffen – oder nun eben die Stromgewinnung aus eben diesen.

Es bleibt abzuwarten, wofür das Geld tatsächlich ausgegeben wird: Werden Bahn- und Straßenverbindungen besser? Gibt es endlich ausreichend Netz-Abdeckung? Das würde Unternehmern, gerade jungen Unternehmern tatsächlich helfen, Wohlstand und Arbeitsplätze zu generieren.

Bürokratie abbauen

Doch vielleicht wird das Geld auch für neue Schaufenster-Projekte ausgegeben. So wie die berühmten Stammtische für Startuper. Mit dem üblichen Ablauf: Junge Menschen treffen sich, um darüber zu schwärmen, was sie vorhaben. Ein Minister kommt vorbei. Zeigt sich mit ihnen. Die örtliche Zeitung druckt es ab. Der Aktuelle Bericht singt den Evergreen „Alles ist gut“ und drei Treffen später schläft der Stammtisch allmählich ein – aber da interessiert das dann keinen mehr.

Neue Arbeitsplätze entstehen so nicht. Neue Arbeitsplätze entstehen, wenn Unternehmertum real gefördert wird: Bereitstellen von Investitionskapital in Form von Mikrokrediten, bürokratische Hürden abbauen und jungen Unternehmern als Staat entgegekommen, statt sie wie potenzielle Verbrecher zu behandeln.