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In den Schaufenstern von Bäckereien findet sich meist allerlei Ansprechendes und Leckeres. Doch Anke Strub, Inhaberin der Bäckerei Strub in Nierstein, hat ihr Schaufenster seit einigen Wochen mit einem Holzkreuz und Trauerflor dekoriert. BYC-News sprach mit ihr darüber.

„Seit Jahren wird von der Politik versprochen, Bäckereien, aber auch andere Handwerksbetriebe zu entbürokratisieren. Immer mehr, vor allem mittelständische Unternehmen leiden unter der aktuellen Situation, viele mussten bereits schließen. Während der Pandemie galten wir bei der Politik noch als Systemrelevant, jetzt scheint es den Politikern egal zu sein, dass fast jeden Tag ein Bäckerladen kaputt geht. Darauf wollte ich mit der Aktion aufmerksam machen“, so Strub.

Sorge, Mitarbeiter entlassen zu müssen

Die Bäckerei Strub, die im Jahr 1900 gegründet wurde und in vierter Generation geführt wird, beschäftigt zwei Bäckergesellen und eine Verkäuferin. Neben Anke Strub arbeitet außerdem auch ihre Tochter, die ausgebildete Fachverkäuferin ist, mit im Betrieb. Strub berichtet, dass ihr längster Mitarbeiter fast 30 Jahre dort beschäftigt ist, eigentlich ein Grund zum Feiern. Doch die aktuelle Situation lässt das nicht zu.

„Ich mache mir große Sorgen um meine Mitarbeiter, denn natürlich ist es mir sehr wichtig, auch weiterhin alle hier beschäftigen zu können. Normalerweise würden wir bald das 30-jährige Jubiläum eines Mitarbeiters feiern, doch es fällt mir in der aktuellen Situation sehr schwer, denn ich habe große Angst davor, ihm nur wenige Tage später schon die Kündigung überreichen zu müssen. Natürlich werde ich alles dafür tun, dass ich hier niemanden entlassen muss“, so Strub.

Steigende Rohstoff- und Energiepreise lassen die Betriebskosten massiv in die Höhe schießen

„Aktuell sind wir die letzte Bäckerei hier in Nierstein, die noch selbst produziert und Bäckermeister angestellt hat. Ich glaube, die Leute begreifen noch nicht, dass es nur noch Industriewaren geben wird, wenn die Bäcker ausgestorben sind, weil sie sich nicht mehr finanzieren können. Natürlich wird die Industrieware dann auch teurer, weil die Industrie ihre Preise dann selbst festlegen können und es nicht mehr günstig anbieten müssen“, so Strub. Sie habe bereits einige Backwaren aus dem Sortiment genommen, weil die Preise für das Mehl, das sie dafür bräuchte so stark gestiegen seien. Eine so massive Preissteigerung wolle sie nicht unterstützen, kritisiert Strub. Natürlich seien auch die Preise für das Heizöl sowie die Strompreise gestiegen. Ob und wie sie die kommenden Rechnungen bezahlen kann, wisse sie derzeit noch nicht.

„Wie sollen wir denn diese ganzen Kosten wieder rein bekommen? Besonders bei Backwaren arbeitet man mit Centbeträgen im Gewinn. So viele Brötchen kann man gar nicht backen, wie man verkaufen müsste. Die Kunden kommen schon auf uns zu und bitten darum, dass wir die Preise erhöhen, weil sie nicht wollen, dass wir schließen. Wir haben die Preise in der Zwischenzeit auch etwas angepasst, aber die Erhöhung sehr moderat gehalten. Wir wollen keine goldenen Wasserhähne und keinen Porsche vor der Tür, wir möchten nur unsere Kosten und unsere Mitarbeiter bezahlen können“, so Strub.

Eine Entbürokratisierung oder Kostensenkung würde helfen

Die Bäckermeisterin erklärt: „Es würde uns Bäckereien schon helfen, die Mehrwertsteuer zu senken oder eine Zeit lang vollständig darauf zu verzichten, bis sich die Betriebe wieder erholt haben. Auch diese unwichtigen Aufgaben, die Bäckereien jeden Tag bewerkstelligen müssen, fressen unglaublich viel Zeit. Ich muss beispielsweise täglich schauen wie kalt es in unseren rund 10 Kühlschränken ist und das in einer Liste eintragen. Zudem müssen wir Listen führen, wann wo und was geputzt wurde. Solche Dinge sind unsinnig und müssten abgeschafft werden. Zum einen kann man die Richtigkeit solcher Listen im Nachgang ohnehin nicht mehr prüfen und zum anderen kostet das jeden Tag unglaublich viel Zeit, die man wesentlich besser nutzen könnte“