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Tritt das Mainzer Ordnungsamt bei Einsätzen unangemessen auf? Die Stadt sagt nein. Vorwürfe, ein Mitarbeiter sei mit Sturmhaube unterwegs, träfen zum Beispiel nicht zu. Doch nun kam es zu einem neuerlichen Vorfall.


Gleich in der ersten Nacht, die Ausgangssperre war gerade gut eine Stunde in Kraft, sorgte ein Einsatz des Mainzer Ordnungsamtes für Aufsehen: Ein Einsatzteam kontrollierte drei Jugendliche, wobei mindestens ein Mitarbeiter spektakulär aus dem fahrenden Wagen gesprungen sei. Das stimme so nicht, korrigiert die Stadt auf Nachfrage von BYC-News.

„Der originäre Anlass des Einsatzes waren zunächst nicht die Jugendlichen, sondern die Streife sah im Vorbeifahren eine scheinbar hilflose Person weiblichen Geschlechts auf dem Boden sitzen beziehungsweise liegen und hat daher sofort angehalten“, heißt es in der Antwort der Stadt. Das Team sei darauf hin schnell aus dem Auto gesprungen, um  gegebenenfalls Hilfe zu leisten.

Die Einsätze des Ordnungsamtes sind ein Thema. Das tragen Leser an BYC-News heran. Und das erfährt die Redaktion auf eigenen Recherchen im nächtlichen Mainz. Der Ton ist mitunter rau. Erstaunlicherweise besonders dann, wenn von Überprüften eher wenig Gegenwehr zu erwarten ist.

Unterschiedliche Darstellungen

Mitarbeiter des Ordnungsamtes haben Durchgriffsrechte bei Einsätzen, teilt die Stadt mit. So könnten sie „mittels einfacher körperlicher Gewalt“ Zwang auf Personen ausüben. Dafür könnten sie Gegenstände der Ausrüstung wie Pfefferspray oder den Schlagstock einsetzen. Das Ordnungsbehördengesetz und das Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz regele das.

Die Darstellungen von Zeugen und der Stadt weichen mitunter voneinander ab. So haben Zeugen von fast einem Dutzend Einsatzkräften berichtet, die am Einsatz zu Beginn der Ausgangssperre beteiligt waren. Die Stadt sagt: „Es waren nur sechs Leute auf Streife.“ Das beistehende Foto vom Einsatz hat BYC-News bereits veröffentlicht.

Auch hat es BYC-News zum Thema gemacht, dass ein Mitarbeiter mit Sturmhaube bekleidet in den Einsatz gegangen sei. Da sagt die Stadt: „Sturmhauben finden keine Verwendung“. Zur Ausrüstung gehörten Handschellen, Schlagstock, Pfefferspray und Taschenlampe – in seltenen Fällen könnten Kabelbinder eingesetzt werden.

Doch von dem Mitarbeiter mit der Sturmhaube gibt es Fotos. Er ist der Redaktion bei mehreren Einsätzen begegnet und sein Name ist bekannt. BYC-News hat älteres Fotomaterial der Stadt zur Verfügung gestellt. Auf einem weiteren Einsatz kam es zu ähnlichen Vorfällen: Wieder aggressive Ansprachen, wieder überzogenes Gebahren – und wieder trug der Mann Sturmhaube.

Lösungskompetenz

BYC-News wollte wissen, wie sich die Stadt mit dem Ordnungsamt aufgestellt hat. Wer geht da nachts auf Streife? Auf unsere Nachfrage teilt die Stadt mit, dass derzeit 46 Vollzugskräfte für die Stadt im Dienst sind. Sechs dieser Stellen wurden im vergangenen Jahr – mit Beginn der Pandemie – geschaffen.

Verwaltungsfachangestellte sind es in der Regel. Die Stadt stellt aber auch Kräfte ein, die eine andere Ausbildung abgeschlossen haben – mindestens mit der Note Befriedigend. Auch setzt sie mehrere Jahre Berufserfahrung voraus. Diese Kräfte nehmen an einem zehn Wochen dauernden Lehrgang an der Hochschule der Polizei teil – bevor sie auf Streife gehen.

In den Vorstellungsgesprächen werde darauf geachtet, welche Lösungen die Bewerber für Probleme anstreben. Dies sollen sie anhand von Fallbeispielen vorführen. „Die Stadt Mainz legt großen Wert auf die persönliche und fachliche Eignung“, heißt es in der Antwort der Stadt.