2019 08 27 10.12.41 thorsten luettringhaus tabea rößner
2019 08 27 10.12.41 thorsten luettringhaus tabea rößner

Mainz. Vor weniger als einem halben Jahr sind die Grünen die stärkste Partei in Mainz geworden. Nun wurde ihre Kandidatin, Tabea Rößner, bei der Wahl zum Oberbürgermeister durchgereicht. Das liegt nur in zweiter Linie daran, dass Habeck- und Greta-Hype verpufft sind. Sondern vor allem an einem schlechten Wahlkampf.

Wahlkämpfe sind wie der Film „The Wizard of Oz“: Man braucht Mut, Hirn und Herz. Die bekommt man, sorry frau, wenn sie Freunde findet. An allem hat es dem Wahlkampf von Tabea Rößner gemangelt.

Dabei war die Ausgangslage äußerst günstig: Zuerst gab es einen Hype um den grünen Bundesvorsitzenden Robert Habeck. Dann wurde in einer Weise über Greta berichtet, die mitunter an Besessenheit denken ließ. Das alles spielte Rößner in die Hände.

Und auch Freunde hatte die grüne Kandidatin. Ein Mainzer Unternehmer, bekennendes FDP-Mitglied, hatte Unterstützer zusammen getrommelt. Auch und gerade welche, die nicht von den Grünen kommen. Das hätte ein starkes Narrativ gegen den parteilosen Nino Haase sein können. Doch die Einbindung dieser Unterstützer ins Gesamtkonzept war so schlecht wie der gesamte Wahlkampf.

Dabei hatte sich Rößner für das Gesamtkonzept Hilfe von außen geholt. Ihr Wahlkampfleiter wurde der Mitarbeiter eines großen deutschen Konzerns für Kommunikations-Technologien. Davor war er Mitarbeiter einer politischen Vorfeld-Organisation der SPD. Doch sein Output lief seiner Selbstwahrnehmung chancenlos hinterher.

Wählt mich, ich bin eine Frau

Rößners Wahlkampf baute im Wesentlichen darauf, dass sie eine Frau ist. Die Botschaft, wählt mich, ich bin eine Frau, ist aber selbst emanzipierten Menschen zu wenig. Anders als Haase und Amtsinhaber Michael Ebling setzte sie keine inhaltlichen Themen. Deren Forderungen nach neuen Stadtteilen, mehr Bäumen oder einem 365-Euro-Ticket hielt sie dagegen, dass es ausgewogene Konzepte brauche. Klingt nach: Erstmal reden, dann sprechen, dann beraten, dann abwägen und hatten wir schon Reden?

Auf Facebook gab es den Slogan „We“. In Anlehnung an Eblings „Me“. Hinzu kamen noch Videos zum Sockenwechseln. Eine Anlehnung an die mitunter gewagte Sockenwahl des Amtsinhabers. Nun ist es nie schlau, wenn sich ein Herausforderer in seinem Wahlkampf an einem Konkurrenten abarbeitet. Wenn der dann aber so beliebt ist wie der Mainzer Oberbürgermeister, dann ist das Vorgehen bestenfalls oberschlau.

Warum wurde es kein grüner Berater aus Mainz? Das führt zum Hauptproblem Rößners in diesem Wahlkampf: Die Partei stand nicht hinter ihr. Zumindest nicht die Funktionsträger. Es waren eher die Mitglieder, die nicht in Verwaltungen oder über Mandate von den Grünen profitieren, die Rößner intensiv unterstützten.

Nicht genug Hilfe von den grünen Fürsten

Mainz hat zwei grüne Dezernenten. Unter einem roten Oberbürgermeister können sie sich wie Fürsten ihrer Partei geben. Unter einer grünen Oberbürgermeisterin hätten sie stärker dienen müssen. Den Beweis, dass sie dazu bereit waren, haben sie aber nicht wirklich gebracht.

Rößner selbst ist Parteisoldatin durch und durch. Deswegen hat sie auf grüne Mainzer Befindlichkeiten Rücksicht genommen. Vor zehn Jahren hatte sie sich zum Beispiel als harte Kritikerin des Geflechts der stadtnahen Gesellschaften profiliert. Das war dieses Mal kein Thema. Kunststück. Mittlerweile mischt da Bürgermeister und Finanzdezernent Günter Beck hinter den Kulissen fleißig mit. Deswegen gab es zu diesem Thema keine Beiträge von Rößner. Vermutlich wird es aber auch dafür Konzepte brauchen.