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Nachrichten Frankfurt | Eine Studie unter der Leitung des Universitätsklinikum Frankfurt hat untersucht, ob es zu Übertragungen des Coronavirus im Flugzeug kommen kann. Dafür wurden 102 Reisende einer Passagiermaschine getestet und befragt, die Anfang März von Tel Aviv nach Frankfurt geflogen war. Die Flugzeit betrug 4:40 Stunden.


24 Personen im Flugzeug waren infiziert

„Der untersuchte Flug fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem im Flugverkehr noch keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz vor SARS-CoV-2 eingeführt worden waren. Dadurch ermöglicht die Studie Rückschlüsse auf das Übertragungsrisiko unter Normalbedingungen, in denen keine speziellen Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz vor SARS-CoV-2 vorgenommen wurden“, erläutert Prof. Jürgen Graf, Co-Autor der Studie, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikum Frankfurt sowie Flugmediziner.

Einige der Passagiere gehörten einer Reisegruppe an, die vor dem Abflug einen Risikokontakt hatte. Nach der Ankunft in Frankfurt wurden die Mitglieder der Reisegruppe getestet. Sieben dieser insgesamt 24 Personen wurden unmittelbar nach dem Flug positiv getestet, waren also bereits zum Zeitpunkt des Fluges infiziert. Bei zwei Passagieren, die nicht zu der Reisegruppe gehörten, wurde zu einem späteren Zeitpunkt eine Infektion festgestellt. In diesen beiden Fällen erscheint aufgrund der zeitlichen Abfolge eine Übertragung im Flugzeug sehr wahrscheinlich.

Befragungen und Antikörpertests

Um mögliche Übertragungen zu erkennen, wurden alle Passagiere des Flugs vier bis fünf Wochen später kontaktiert. In systematischen Interviews wurden sie nach Symptomen und Risikokontakten befragt. Alle Personen, die über Symptome berichteten, konnten sich einem zweistufigen Antikörpertest unterziehen. Ebenfalls testen lassen konnten sich alle Passagiere, die im Flugzeug maximal zwei Reihen von einem der sieben während des Fluges infizierten Personen entfernt saßen. In zwei Fällen waren die beiden Antikörpertests positiv. In den Interviews hatten die beiden positiv getesteten Personen angegeben, dass sie vor oder nach dem Flug keine Risikokontakte hatten.



Zur Zuverlässigkeit der Ergebnisse

Dr. Sebastian Hoehl, Erstautor der Studie und Arzt am Institut für Medizinische Virologie des Universitätsklinikum Frankfurt, erläutert: „Es lässt sich nicht 100-prozentig ausschließen, dass weitere Passagiere unbemerkt angesteckt wurden. Außerdem können wir nicht mit letzter Sicherheit sagen, dass die beiden Übertragungen während des untersuchten Fluges stattgefunden haben. Grundsätzlich wäre auch eine Ansteckung zum Beispiel auf dem Flughafen am Gate oder bei anderer Gelegenheit denkbar. Allerdings kommen wir aufgrund der uns vorliegenden Informationen zu der Einschätzung, dass eine Übertragung im Rahmen des Fluges sehr wahrscheinlich ist.“

Zum relevanten Zeitpunkt waren die Infektionszahlen sowohl in Deutschland als auch in Israel insgesamt noch sehr niedrig und die beiden relevanten Personen haben von keinen Corona-Fällen aus ihrem Umfeld berichtet. Außerdem haben beide Passagiere während des Fluges in der Nähe der bereits infizierten Personen gesessen.

Rückschlüsse aus den Studienergebnissen

Trotz gewisser Unsicherheiten können auf Grundlage der Studienergebnisse einige begründete Schlussfolgerungen für die Sicherheit im Flugverkehr gezogen werden. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist es zu einzelnen Übertragungen im betreffenden Flugzeug gekommen. Eine Ansteckung im Flugzeug ist also grundsätzlich möglich, insbesondere wenn wie wie im Fall der Studie keine Maske getragen wird. Die Übertragungen passierten voraussichtlich im näheren Umfeld der bereits SARS-CoV-2-positiven Personen.

„Die Anzahl der Übertragungen ist niedriger, als wir bei sieben Ausgangspatienten angenommen hätten. Das spricht dafür, dass die Luftfilteranlagen im Flugzeug Übertragungen des Virus reduzieren können – aber eben nicht vollständig verhindern. Mit Blick auf diese Ergebnisse erscheinen zusätzliche Schutzmaßnahmen im Flugzeug – wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes – sehr sinnvoll“, so Prof. Sandra Ciesek, Letztautorin der Publikation und Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt.

An der Studie war neben dem Universitätsklinikum Frankfurt und der Goethe-Universität das Gesundheitsamt Frankfurt beteiligt.