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BYC-Investigativ vom 05. April 2024: Die Zeit bis zur Kommunalwahl in Mainz schwindet und in etwa zwei Monaten besteht die Möglichkeit, in den örtlichen Wahllokalen die zukünftigen Stadtratsmitglieder zu bestimmen. Die Parteien befinden sich in den letzten Zügen ihrer Vorbereitungen, mit bereits festgelegten Programmen und Kandidatenlisten – das trifft auch auf die SPD zu. Zumindest war dies der Fall, bis sich eine unerwartete Wendung ereignete: Die Sozialdemokraten planen nun kurzfristig eine Versammlung am 15. April, denn sie müssen erneut über eine Kandidatenliste abstimmen. Der Grund für dieses unvorhergesehene Treffen? Daniela G., die in einer früheren Versammlung im Mainzer Unterhaus auf den 17. Platz der SPD-Liste gewählt wurde, soll aus persönlichen Gründen ihre Kandidatur zurückgezogen haben. Das berichtete die Allgemeine Zeitung am 5. April 2024.

Update: Die Staatsanwaltschaft Mainz hat gegenüber dem SWR am 08. April 2024 bestätigt, dass Ermittlungen gegen eine weitere Person laufen (BYC-News berichtete zuvor davon) . Details zur Identität der betroffenen Person wurden nicht preisgegeben.

Es soll um Veruntreuung von Vereinsgeldern und Spenden gehen

Am 17. Januar hatte BYC-News über eine rechte Gruppierung berichtet, die im Mombacher Stadtteil nach Räumlichkeiten suchte und einen Immobilienmakler vermittelt bekommen haben soll. Dies war der Auslöser, dass mehrere Hinweise bei der Redaktion eingingen und eine aufwendige Recherche startete. Wie der Immobilienmakler mitteilte, habe er Informationen aus Kreisen von Daniela G. zur Vermittlung erhalten. Mit Daniela G. habe er zu keinem Zeitpunkt einen persönlichen Kontakt gehabt. Die Mietanfrage der rechten Gruppierung wurde ohne jegliche Verzögerung von ihm abgelehnt.

Im Rahmen der BYC-News Recherchen fiel bei Gesprächspartnern und Informanten immer wieder der Name Daniela G. Es soll nach Angaben der Informanten um eine Menge Geld gegangen sein und um politische Informationen sowie Gelder aus Spenden und einer Vereinskasse aus dem sozialengagierten Verein Mombach Hilft. Die Domain des Vereins ist seit Tagen offline. Über das Webarchiv kann dennoch jeder Einblick auf die Homepage nehmen, bis zum Zeitpunkt der Deaktivierung. Nach Informationen von BYC-News soll es um einen sechststelligen betrag gehen.

Summen im sechsstelligen Bereich verschwunden?

Wie zuverlässige Quellen gegenüber dieser Redaktion berichteten, soll es um einen Betrag im sechsstelligen Bereich gehen. Dies wurde auch von Parteifreunden von Daniela G. gegenüber BYC-News bestätigt. Die Beschuldigte habe Parteikollegen erst sehr spät darüber informiert, hieß es weiter. Der BYC-Redaktion wurde jedoch bereits Ende Februar aus Parteikreisen mitgeteilt, das es Unstimmigkeiten im Verein von Mombach hilft e.V. und massive finanzielle Ungereimtheiten gebe, die auf Frau Daniela G. zurückzuführen seien sollen. Konkret gehe es um starke Differenzbeträge bei den Vereinsgeldern, Spenden von Unternehmen sowie Privatpersonen, die an den Verein gezahlt wurden. Eine Strafanzeige wurde bei der Mainzer Polizei am 17. März 2024 gestellt. Die Polizei hat die Ermittlungen übernommen.

Über das BYC-Network wurde mitgeteilt, dass auch Spenden in Bar an die Beschuldigte übergeben worden sein sollen. Ob diese dem Verein zu Gute kamen, konnte nicht ermittelt werden.

Fall aus 2018/2019

Es wurde ebenfalls über einen ähnlichen Fall im Jahr 2018/19 berichtet, bei dem es um eine Spendenaktion und Gelder für einen Bus zur Verpflegung von Obdachlosen in Mainz gegangen sein soll. Dabei sei von der Beschuldigten ein Spendenaufruf initiiert worden, bei dessen Auszahlung es massive Probleme gegeben habe. Wie gegenüber BYC-News berichtet wurde, soll die Beschuldigte zum damaligen Zeitpunkt in Geldnot gewesen sein und Gelder zunächst unterschlagen haben. Zu dieser Zeit war Daniela G. noch in einer anderen politischen Partei engagiert.

Nach Recherchen dieser Online-Zeitung erhärtete sich dieser Fall. Auch bei Facebook sind dazu noch Einträge aus dem Jahr 2018 einsehbar. Die Online-Zeitung Merkurist berichtete damals über den Spendenaufruf und unterstützte diesen medial. Mit den genannten Unstimmigkeiten im Anschluss an den Spendenaufruf hatte das Medium jedoch nichts zu tun. Der Bericht darüber ist aufgrund der Liquidierung der damaligen Merkurist GmbH online allerdings nicht mehr verfügbar.

Sammelaktion für das Ahrtal

Ebenfalls massive Kritik gab es an der Organisation und Durchführung der Sammelaktion vom Verein Mombach Hilft e.V. für das Ahrtal. Durch die große Reichweite und die Nutzung sozialer Kanäle konnten tonnenweise Spendengüter gesammelt werden. Allerdings sollen viele dieser Güter erst sehr spät oder überhaupt nicht ins Ahrtal transportiert worden sein. Wie Helferinnen und Helfer von Mombach Hilft bei einem Termin gegenüber BYC-News berichteten, soll ein Großteil der Spenden vernichtet worden sein. Zudem seien viele Fragen bezüglich handelbarer Waren und Spenden aufgetaucht, die plötzlich nicht mehr auffindbar gewesen sein sollen.

Ein Flohmarkt war ursprünglich angedacht, um die eingegangenen Sachspenden zu veräußern, wobei auch Externe Waren mitgenommen hätten, um diese zu veräußern. Als damals nachgefragt wurde, ob die Spender über diesen Plan in Kenntnis gesetzt wurden, erhielt man keine Informationen. Ebenso wurden keine Angaben über den erzielten Umsatz und die Verwendung der Einnahmen an die Helfenden kommuniziert, wie diese berichteten.

Man habe mehrfach darauf hingewiesen, dass man die Menschen über diesen Sachverhalt informieren müsse. Der Grund, weshalb dies nicht geschehen war, sei gewesen, dass man unglaubwürdig wirken könnte und in Zukunft weniger Spenden erhalten würde, berichtete man weiter. Einige Helfer hatten kurz darauf Ihre Unterstützung eingestellt. Man distanziere sich mittlerweile ganz klar von dem Verein.

Der Grund für ihr langes Schweigen in der Öffentlichkeit hätte mit der Reichweite des Vereins und der Facebook-Gruppe „Lust auf Mainz“ zu tun. Die Kritiker würden oft nicht ernst genommen, da es herausfordernd sei, sich gegen ein Netzwerk mit sozialem Hintergrund zu positionieren. Zudem sei es nicht das erste Mal, dass Personen, die unbequeme Fragen stellten, ohne Vorankündigung blockiert werden. Dies soll auch offen von Daniela G. so kommuniziert worden sein, man könne mit der Reichweite Kritiker mundtot machen.

Kritik an Mainzer SPD Parteikollegen

Wie Parteikollegen der Beschuldigten gegenüber BYC-News mitteilten, halten sie das Vorgehen der SPD in diesem Fall für kritisch. Man hätte, statt zu schweigen, sofort handeln müssen und der Öffentlichkeit zumindest die notwendigen Grundinformation geben müssen, betonen sie. Man wüsste im kleinen internen Kreis seit mehreren Wochen von der Angelegenheit. Schließlich sei es nicht nur ein kleines Netzwerk, das den Verein unterstützte, berichteten die Informanten weiter. Im Gegensatz zu den Aussagen der Mainzer SPD-Vorsitzenden, Jana Schmöller, gegenüber der AZ, könne man da auch nicht mehr von „privaten Gründe“ sprechen, die ursächlich für den Rücktritt von Daniela G. gewesen sein sollen.

Es mache stattdessen den Anschein, als habe man bis zur Kommunalwahl warten wollen. Der Druck „von oben“, also von der Spitze der SPD Rheinland-Pfalz, habe nach Einschätzung der Informanten ebenfalls dazu beitragen, dass so lange geschwiegen wurde. Grund dafür sei, dass interne Unstimmigkeiten die Wähler verunsichern würden, dabei wäre Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit der beste Weg gewesen. Bereits bei der Bekanntgabe der Kandidatenliste für den Stadtrat im Jahr 2023 äußerten einige Mitglieder der SPD Vorbehalte gegenüber Daniela G.

Man hoffe, dass nicht noch weitere Personen beteiligt waren, teilten die Parteikollegen mit. Intern würde aber schon über eine weitere Streichung eines Kandidaten für die Stadtratswahl gesprochen werden. Ob die Person in die Vorwürfe involviert sei, konnte man nicht mitteilen. Man könne sich nicht vorstellen, dass eine einzige Person das so hätte umsetzen können. Es sei zu hoffen, das die SPD in Zukunft ihre Kandidaten besser prüft und Hinweise und Bedenken ernst nehmen würde. Es sei kein Geheimnis, dass die SPD in zwei Lager aufgeteilt wäre, teilte man abschließend mit.

BYC-Werbepartner

Myriam Lauzi, die Vorsitzende der SPD Mombach, gab auf Anfrage von BYC-News am 6. April 2024 eine Stellungnahme ab.

„Die SPD Mombach hat am Abend des 17. März 2024 von den vermeintlichen Vorwürfen gegenüber der Vorsitzenden Daniela G. des Vereins ‚Mombach hilft e.V.‘ durch eine Vertreterin des ‚Verein Mombach hilft e.V.‘  erfahren.

Die Vorwürfe wiegen massiv. Wir haben keine Stellungnahme von Daniela G. darauf erhalten. Daniela G. hat auf die direkte, klare Erwartung der SPD Mombach hin, ihre Kandidatur zurückgezogen. Sie ist nicht mehr Kandidatin der SPD.“

Internes aus der SPD Rheinland-Pfalz geleakt?

In einem weiteren Punkt geht es um interne Informationen der SPD Rheinland-Pfalz, die an eine andere Partei weitergegeben wurden, wie die Redaktion erfuhr. Bei der Weitergabe sollen laut den Informanten auch private Angelegenheiten von SPD-Politikern und -Politikerinnen einbezogen worden sein. Diese Informationen werden derzeit geprüft und verifiziert. An der Recherche von BYC-News sind mehrere unabhängige Journalisten und Journalistinnen beteiligt.

BYC-Werbepartner

Anfragen bleiben unbeantwortet

Daniela G. hat seit 31. Januar 2024 auf keine Kontaktaufnahme durch die BYC-Redaktion reagiert. Auch hat der Verein „Mombach Hilft“ auf seinen Social-Media Kanälen seit dem 31. Januar 2024 keine Interaktionen und Postings generiert. Anfragen an den Verein wurden ebenfalls nicht beantwortet. Die Beschuldigte hat in den sozialen Medien seit dem 17. März (Datum der Anzeige bei der Polizei Mainz) nichts mehr gepostet. Nach zugespielten Informationen sollen auch bereits umfangreiche Untersuchungen durch Behörden stattgefunden haben, eine offizielle Mitteilung der ermittelnden Behörden blieb bislang aus.

Auf der Internetpräsenz der SPD-Mombach ist Daniela G. weiterhin als Beisitzerin gelistet (Stand 06. April 2024). In weiteren Einträgen wird sie als Sachbearbeiterin des Bundestagsabgeordneten Daniel Baldy (SPD) aufgeführt.

Hinweis: Bei der Unschuldsvermutung handelt es sich um einen Grundsatz im deutschen Strafverfahren, wonach eine/r Beschuldigte/r solange als unschuldig zu gelten hat bis zum rechtskräftigen Beweis seiner Schuld. 


Informationsquellen-Sicherheit: Wir legen großen Wert auf die Wahrung der Anonymität unserer Informanten. Der Schutz der Quellen steht für uns an erster Stelle, weshalb wir in investigativen Berichten keine Namen der Informationsgeber preisgeben. Ihr BYC-Team

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