20190603 134113 thorsten luettringhaus mainz reuter abschlepptour e1562586276763
20190603 134113 thorsten luettringhaus mainz reuter abschlepptour e1562586276763

Sie sind die „Helden der Straße“ und haben sich darauf spezialisiert anderen Verkehrsteilnehmern zu helfen – Zahlreiche Abschleppunternehmen sind bundesweit da, wenn PKWs oder LKWs in Not sind oder wenn es heißt so schnell wie möglich nach einem Unfall die Straße wieder frei zu machen.

Kaum eine Situation, die die „Gelben Engel“ nicht bewältigen können

In Mainz und Umgebung sorgen seit 1965 die Abschlepp- und Bergungsspezialisten vom Abschleppunternehmen Reuter aus Hechtsheim für die nötige Hilfe, die das Personal manchmal an die Grenzen der Belastbarkeit führt. Mit insgesamt 11 Fahrzeugen gibt es kaum eine Situation, die die „Gelben Engel“ nicht bewältigen können. Mit modernstem Equipment ausgerüstet, ist es egal ob es gilt ein Fahrzeug aus einer Tiefgarage zu holen, ob das Fahrzeug nach einem Unfall auf dem Dach liegt oder ob ein eingeparktes Fahrzeug befreit werden muss.

Ein Teil des Fuhrparks der Firma Reuter in Mainz | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Mit einer ESSO-Tankstelle fing alles an

Angefangen hatte alles im Jahr 1959, als Firmengründer Karl Reuter sich in Mainz-Hechtsheim mit einer ESSO-Tankstelle selbstständig machte. Neun Jahre später fuhren die Fahrzeuge bereits als Vertragspartner des ADAC. Als 1970 die Tankstelle aufgegeben wurde, konnte sich die Ehefrau des Gründers, Helga Reuter, ganz auf das Abschleppgeschäft konzentrieren. Zur Jahrtausendwende stieg Tochter Sylvia als Geschäftsführerin in das Unternehmen ein und lenkt seit dem die Geschicke der „gelben Flotte“.

In der Disposition gehen die Aufträge ein | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Der Reiz an diesem Geschäft ist, dass kein Tag ist wie der andere. Sicher gibt es auch Situationen, in denen Kunden nicht so erfreut sind, wenn eines ihrer Fahrzeuge eintrifft. Meistens dann, wenn eines ihrer Abschleppfahrzeuge von der Stadt Mainz beauftragt wird, um einen Falschparker an den Haken zu nehmen. Doch der überwiegende Teil der Kunden ist mehr als dankbar, wenn ihre Mitarbeiter vor Ort eintreffen um helfen zu können.

Dabei arbeiten die Fahrer sehr oft an der Grenze des Machbaren. Enge zugeparkte Gässchen sind hierbei noch harmlos. Größer ist die Anspannung, wenn es gilt an Unfallstellen zu gelangen. Genau wie die Helfer von Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei, haben die Fahrer fast tagtäglich mit der Problematik der fehlenden Rettungsgasse zu kämpfen.

Endlich an der Einsatzstelle angekommen, heißt es so schnell wie Möglich die Fahrbahn wieder frei machen | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Nachdem die Rettungsfahrzeuge und Co sich durch die Rettungsgasse gequält haben, machen die meisten Verkehrsteilnehmer diese wieder zu und denken nicht dran, dass der Abschleppdienst als letztes Glied der Kette auch noch an die Unfallstelle muss. Viele Staus könnten viel früher aufgelöst werden, wenn die Abschleppfahrzeuge durchkommen würden. Klar sollte jedem sein, dass es die Mitarbeiter der Abschleppfahrzeuge sind, die es erst ermöglichen, dass die Straße wieder frei befahrbar wird.

Gerade auf den Autobahnen sind die Helfer oftmals großen Gefahren ausgesetzt. Der heutige Fuhrparkleiter Sascha Kraus wurde selbst schon bei zwei Einsätzen zum Teil schwer verletzt, weil andere Verkehrsteilnehmer an der Unfallstelle unachtsam waren. So wurde er einmal bei einem Abschleppvorgang auf der Autobahn von einem LKW erfasst und schwer verletzt. Ein anderes mal kam er an eine Unfallstelle, bei dem sich ein Fahrer das Leben nehmen wollte, was jedoch erst einmal misslang. Im Beisein von Sascha Kraus vollendete er dieses dann doch noch, in dem er sich abwandte und auf die Autobahn kniete, wo er von einem LKW überrollt wurde. Mit solchen Situationen muss ein Mensch, der eigentlich nur anderen helfen will, dann klar kommen.

BYC-News hat das Mainzer Abschleppunternehmen einen Tag begleitet und konnte so selbst erfahren, wie vielfältig so ein Arbeitsalltag ist.

Ein verunfalltes Fahrzeug wird vom Hof der Firma Reuter abgeholt | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Kaum öffneten sich um 8:00 Uhr die Tore für den Publikumsverkehr, kam auch schon eine Mutter gemeinsam mit ihrer Tochter. Diese hatten das Unfallfahrzeug der Mutter auf dem Hof stehen, welches jetzt durch einen polnischen Autohändler abgeholt werden sollte.

In der KFZ-Meisterwerkstatt können die Kunden auf einen excellenten Service bauen | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Fast zur gleichen Zeit traf auch schon der erste Kunde für die eigene KFZ-Meisterwerkstatt ein, der sein Auto fachgerecht reparieren lassen wollte. Neben den normalen alltäglichen Reparaturen galt es auch einen Anhänger der Stadt mit Fächern und Regalen aus dem ALUCA-System einzurichten. Auf diese Art von Innenraumgestaltung hat sich die Fachwerkstatt sei Jahren zusätzlich spezialisiert.

Bis zur Mittagszeit galt es immer wieder, Kunden die entweder ihre verunfallten Fahrzeuge ausräumen oder abholen wollten fachlich zu unterstützen und zu betreuen.

Ein PKW fuhr rückwärts in die Fensterfront einer Bank in Wackernheim | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Und wie sollte es anders sein, gerade als sich das Team mit einem kleinen Snack eine kurze Pause gönnen wollte, kam ein Anruf der Polizei, dass in Wackernheim ein PKW rückwärts in eine Bank gefahren sei und der PKW jetzt geborgen werden müsste. An Pausenplanung, wie in vielen anderen Berufen, ist bei den „Helden der Straße“ nicht zu denken.

Wenn das Fahrzeug aufgeladen ist müssen nur noch die restlichen Spuren beseitigt werden | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Auf der Anfahrt über die A60 deutete sich auf der Gegenfahrbahn direkt der nächste Auftrag an. Ein BMW stand in einer Nothaltebucht und hatte im Motorraum bereits Feuer gefangen. Und so sollte es dann auch sein. Kaum war der Kleinwagen, der rückwärts in die Scheibenfront der Bank gefahren ist aufgeladen, kam der Auftrag, das Brandfahrzeug auch mit zu nehmen. Hierzu galt es dann jedoch zuvor auf einem Feldweg, den Kleinwagen auf die sogenannte „Brille“ umzuladen.

Ein tagtägliches Bild – die Einsatzfahrzeuge müssen sich mühevoll durch die Rettungsgasse kämpfen | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Und wie nicht anders zu erwarten, direkt nach der Auffahrt Mainz-Finthen auf die A60, begann der Kampf mit der Rettungsgasse. Immer wieder war die Durchfahrt durch unbelehrbare Verkehrsteilnehmer versperrt. Anders als die Einsatzfahrzeuge der Hilfsorganisationen, können sich Abschleppfahrzeuge nicht mit Sondersignalen den Weg frei machen, so dass die Hupe hier für den nötigen Respekt sorgen muss.

Um einen neuen Schlüssel codieren zu können, muss erst einmal das ganze Auto in die Werkstatt | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Kaum waren die beiden Unfallfahrzeuge im Hof in Hechtsheim abgeladen und der Abschlepper gereinigt, kam der nächste Notruf eines ADAC-Mitgliedes in der Dispo rein. Der Fahrer hatte seinen Fahrzeugschlüssel im Urlaub in der Schweiz im Hotel vergessen. Dem Ärger nicht genug, ging dieser scheinbar auf dem Postweg dann auch noch verloren. So musste das Fahrzeug Huckepack vom Lerchenberg abgeholt werden, so dass in der entsprechenden Vertragswerkstatt ein neuer Schlüssel codiert und mit dem Fahrzeug synchronisiert werden kann.

Doch wenn der erste Feierabendverkehr auf den Mainzer Straßen anfängt zu rollen, ist an Feierabend für die Mitarbeiter des Abschlepp- und Bergungsteams noch lange nicht zu denken. Die neu abgeschleppten Fahrzeuge müssen auf dem Hof erst einmal richtig platziert werden und bei Bedarf auch gegen Feuchtigkeit geschützt werden. So gesellen sich Fahrzeug mit den unterschiedlichsten Schicksalen auf dem Abstellgelände.

In den frühen Abendstunden kam promt die nächste Alarmierung. Ab einer Tankstelle am Real-Markt zog sich eine Ölspur über die komplette Koblenzer Straße bis nach Gonsenheim zum REWE hin. Jetzt heißt es für Sascha und sein Team erst einmal ans andere Ende des Hechtsheimer Gewerbegebietes in die Halle fahren, um die Fahrzeuge zu wechseln. Dort steht ein Spezialfahrzeug, welches nicht nur zur Reinigung von Unfallstellen eingesetzt wird, sondern gerade bei solchen Spezialaufträgen mit ausgelaufenen Betriebsstoffen zum Einsatz kommt.

Ölspurbeseitung zählt neben den Bergungsarbeiten zu einem Hauptzweig der Firma Reuter | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Und das sollte nach Möglichkeit auch nicht all zu lange Zeit in Anspruch nehmen, denn die Feuerwehr wartet bereits entlang der Strecke, um die größeren Stellen vorab zu beseitigen und den Verkehr vor der schmierigen Hinterlassenschaft zu warnen. Leidtragende sind nicht nur die Verkehrsteilnehmer, sondern auch sehr oft die Fahrer der Bergungs- und Reinigungsfahrzeuge. So auch an diesem Tag, denn ein Griff zum Handy, um bei der Familie zu Hause anzurufen, gehört schon fast zum Alltag. So musste die Partnerin des Fahrers an diesem Abend erst einmal alleine zu einer geplanten Geburtstagsfeier gehen. Ihr Mann sorgte die nächsten 90 Minuten dafür, dass der kilometerlange Straßenabschnitt wieder gefahrlos befahrbar ist und ein größeres Verkehrschaos in und um Mainz vermieden wird.

Zwischen den Einsätzen müssen die Fahrzeuge immer wieder gereinigt und für den nächsten Einsatz vorbereitet werden | Foto: Thorsten Lüttringhaus

Und sollte es mal tatsächlich nicht viel zu tun geben, so wird der Fuhrpark gereinigt, gepflegt und gewartet. Die komplette Flotte muss an sieben Tagen die Woche täglich 24 Stunden einsatzbereit sein. Urlaub kennen die Fahrzeuge das ganze Jahr über nicht.

Um auch in Zukunft das ganze Jahr alle Aufgaben bewältigen zu können, sucht das Familienunternehmen Menschen, die Spaß an solch einem Job haben. Sie sollten mindestens im Besitz einen LKW-Führerscheines sein. Zwar gibt es keinen gezielten Lehrberuf, dennoch setzt Sylvia Reuter ganz stark auf Ausbildung, der dann in einem artverwandtem Sektor erfolgt.

Weitere Informationen auf der Homepage des Abschleppunternehmens Reuter

Reuter Abschleppdienst |Curiestraße 18A | 55129 Mainz-Hechtsheim