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Mainz. Das oberste Ziel der Politik ist in der Corona-Krise Plätze in Krankenhäusern zu schaffen und für Notfälle frei zu halten. Das ist gefährdet, wenn Pflegeheime ihre Arbeit einstellen müssen. Denn dann drängen viele Betroffene eben in die Krankenhäuser. Um dieses Szenario zu verhindern, hat die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) ein Konzept vorgelegt – unter anderem soll ein Freiwilligen-Pool gegründet werden, um personelle Engpässe zu überwinden.

Der Betrieb von Alten- und Pflegeheimen soll aufrecht erhalten werden. Dort lebt oft eine Risikogruppe in Sachen Corona: Menschen, die 80 Jahre und älter sind. Ist der Virus erst einmal im Heim angelangt, breitet er sich schnell aus.

Das liegt auch daran, dass es in Deutschland an Schutzausrüstung mangelt, wie Bätzing-Lichtenthäler einräumt: „Masken, Desinfektionsmittel und Kittel sind bundesweit ein äußerst knappes Gut.“ Das Gesundheitsministerium hat die Zuteilung übernommen. In der Praxis bedeutet das aber, den Mangel zu verwalten.

Problematisch ist die Situation bei Atemschutzmasken. Die Ministerin spricht von „Textilen Barrieren“. Das hat einen Hintergrund: Abmahnanwälte sind mit Bußandrohungen über Menschen hergefallen, die im Internet angeboten haben, ehrenamtlich Atemschutzmasken für Betroffene zu nähen. Das führe in die Irre, weil diese Masken festgelegte medizinische Standards nicht erfülle.

Zwar schlössen die „Textilen Barrieren“ Übertragungen nicht aus, sagt Bätzing-Lichtenthäler. Ein Stück weit helfen, würden sie trotzdem. Wer sie nähen wolle, solle aber auf Anleitungen aus seriösen Quellen zurückgreifen – die Ministerin empfiehlt die Internetseite der Essener Feuerwehr.

Pfleger in der Quarantäne

Das Ministerium will Personal-Engpässe in den Heimen unter anderem durch Prävention verhindern. Das geschehe, indem Hygienevorschriften eingehalten werden. Außerdem gebe es bereits ein generelles Verbot, Angehörige in den Heimen zu besuchen.

Zudem setzt das Ministerium an dem Punkt an, wenn der Virus bei jemanden erkannt wurde. Schon wenn sie die Symptome zeigten, würden Einwohner isoliert und der Fall dem Gesundheitsamt gemeldet. Das gelte auch für die Personen, die in den 48 Stunden vor Auftreten der Symptome Kontakt mit den Betroffenen hatten.

Das Problem: Das sind oft Pfleger. Die müssen in dem Fall 14 Tage nach Hause – in Quarantäne. Dann fallen sie aber im Heim aus. Und das in einer Branche, die auch schon vor Corona an Fachkräftemangel litt. Personelle Engpässe können dann in den Heimen folglich schnell auftreten.

Für diesen Fall will das Ministerium einen Pool aufbauen. Freiwillige sollen sich melden: ehemalige Fachkräfte, Hilfskräfte oder Mitarbeiter aus anderen Gesundheitsberufen. Die Pflegekammer erfasst die Meldungen und bildet im Schnellverfahren die Interessierten fort. Je nach Bedarf teilt die Kammer sie den Heimen zu.

30 Tote bisher in Rheinland-Pfalz

Reicht das auch nicht, sollen Mitarbeiter, ohne die der Betrieb im Heim zusammenbricht, in Schnelltests erfasst werden. Bei entsprechendem Ergebnis können sie auch schon in weniger als 14 Tagen die Quarantäne verlassen. Entsprechende Pilotprojekte laufen laut Bätzing-Lichtenthäler schon in der Pfalz und im Hunsrück.

Die soziale Not der Bewohner soll mit Hilfe des Internets gemindert werden. Mit Hilfe des Vereins Freifunk würden Heime mit WLAN nachgerüstet. Außerdem sollen Webseminare abgehalten werden, damit die Senioren lernen, über Mails und Chats mit ihren Verwandten in Kontakt zu bleiben.

Stand Freitag, 10 Uhr hat es laut Bätzing-Lichtenthäler in Rheinland-Pfalz 3466 bestätigte Fälle gegeben. 360 der Betroffenen befinden sich in Krankenhäuser – 30 Menschen sind bisher in Rheinland-Pfalz in Folge des Corona-Virus verstorben.