Teil 2: Sie ist eine der ganz wenigen Frauen in diesem harten Männerberuf: Yvonne Becht schleppt für das Mainzer Abschleppunternehmen und ADAC-Partner Reuter täglich in und um Mainz Fahrzeuge ab. Doch nicht immer steht die harte körperliche Arbeit im Vordergrund.

Oftmals wird auch viel Fingerspitzengefühl abverlangt, denn es geht um des Deutschen liebstes Kind, das Auto. BYC-News hat die 46-Jährige einen Tag begleitet.

Mit Weitsicht durch enge Straßen

Der erste Auftrag klang zunächst spannend. Ein Unfall zwischen einem PKW und einem Müllfahrzeug, mitten in Ober-Olm. Doch viel spannender war die Anfahrt mit dem großen 18 Tonnen schweren Abschleppwagen durch die engen Seitenstraßen zur Unfallstelle. Immer wieder behinderten zum Teil falsch parkende Autos die direkte Zufahrt zu der Einsatzstelle. Mit viel Übersicht und auch Geschicklichkeit rangierte die 46-Jährige das gelbe Koloss bis zur gemeldeten Adresse.

Ein Müllwagen hatte bei Rückwärtsfahren den PKW übersehen und hat die Front so lädiert, dass dieser nicht mehr fahrbereit war. Nachdem alle Formalitäten erledigt waren, dauerte es keine 10 Minuten und der PKW war Huckepack auf der Pritsche, um dann in die gewünschte Werkstatt nach Mainz-Mombach gebracht zu werden.

Plattfuß ist ein häufiger Grund

Kaum war das Auto abgeladen, meldete sich die ADAC-Leitstelle und informierte, dass ein Clubmitglied mit einer Reifenpanne im Mainzer Stadtteil Bretzenheim in der Straße ‚Hinter der Kapelle‘ stehe und sein Fahrzeug gerne zu einem Reifenhändler geschleppt haben möchte. Vor Ort hieß es dann zuerst kurz Fotos vom Zustand des Wagens machen, dann die Gurte an den Reifen und am Kran befestigen, um anschließend den PKW auf die Plattform heben zu können. Mit Spanngurten fixiert, ging die Reise einige Kilometer weiter ins Bretzenheimer Gewerbegebiet, wo das Fahrzeug bei einem Reifenhändler abgestellt wurde. Reifenpannen gehören mit zu den häufigsten Ursachen, den Abschleppdienst zu rufen.

Erstaunte Gesichter am Seniorenheim

Zeit für eine Verschnaufpause? Fehlanzeige! Kaum waren die Daten ins System eingegeben, klingelte wieder das Diensthandy. Von Mainz-Bretzenheim ging es ins rheinhessische Nierstein. Dort hatte eine Mitarbeiterin eines Seniorenheimes Probleme mit ihrem Dacia. Dieser verweigerte die Dienste, sodass ein Werkstattbesuch unumgänglich war. Sichtlich überrascht war die Wagenbesitzerin, die mit einer Bekannten zum Parkplatz am Seniorenheim kam, dass eine Frau sich um den Transport ihres Fahrzeuges kümmern wird.

Von Nierstein ging es zur gewünschten Werkstatt im benachbarten Oppenheimer Gewerbegebiet. Mit sehr kritischen Blicken verfolgte der Werkstattbetreiber den Abladevorgang. Doch auch hier meisterte Yvonne die Situation mit sehr viel Geschicklichkeit und stellte den PKW präzise dort ab, wo der Werkstattmeister ihn haben wollte. Neben großen Komplimenten für die tolle Arbeit ließ es sich die Fahrzeughalterin nicht nehmen, dem „Abschleppbunny“, so der von ihren Kollegen verliehene Spitzname von Yvonne Becht, mit einem kleinen Trinkgeld Danke zu sagen.

Probefahrt endet in Nothaltebucht der A60

Schienen die bisherigen Aufträge ziemlich locker zu bewerkstelligen sein, war bei dem als Nächstes vorliegenden Auftrag die Anspannung, je näher das Ziel rückte, merkbar. Auf der A60, kurz hinter der Anschlussstelle Mainz-Finthen, meldete die ADAC-Leitstelle ein Pannenfahrzeug in einer Haltebucht. Vor Ort habe die Polizei die Stelle abgesichert, sodass ein sicheres Bergen des Fahrzeuges möglich sei. Bereits einige hundert Meter vor der besagten Stelle hieß es die gelbe Rundumbeleuchtung einzuschalten, um dem fließenden Verkehr zu signalisieren, dass eine Gefahr besteht. Und die bestand wirklich, da bereits bei Anfahrt sichtbar war, dass die Polizei entgegen der Meldung doch nicht vor Ort war.

Glücklicherweise stand das Pannenfahrzeug so in der Haltebucht, dass Yvonne ihren Abschleppwagen vor dem Fahrzeug in der Nothaltebucht platzieren konnte. Fahrerin und Begleiter warteten bereits sehnlichst in einiger Entfernung sicher hinter der Leitplanke auf die Rettung. Denn nicht nur die Beiden wollten nach der missglückten Probefahrt wieder in den sicheren Heimathafen gebracht werden. Auch für das kleine Fellknäuel, welches sich zitternd auf dem Arm der Fahrerin befand, war die Situation sichtlich unangenehm.

Wenige Zentimeter entscheiden über Leben und Tod

Gerade bei solchen Autobahneinsätzen bedarf es extremer Konzentration und einer gewissen Routine. Oftmals befinden sich zwischen den helfenden Händen und den vorbei rasenden Fahrzeugen nur wenige Zentimeter. So auch hier. Kaum ein Fahrzeug drosselte die Geschwindigkeit. Mit einem Auge den fließenden Verkehr im Blick, mit dem anderen die Steuerknüppel und das zu bergende Fahrzeug, meisterte die 46-Jährige auch diese nicht ganz ungefährliche Situation souverän.

So löste sich dann auch die Anspannung, als alle Beteiligten in der großräumigen Fahrerkabine Platz gefunden hatten. Einen besonderen Logenplatz hatte sich der kleine Spitzmischling ausgesucht. Gesichert von Frauchen, beobachtet das kleine Fellknäuel das ganze Geschehen direkt von der Ablage über dem Handschuhfach aus. Am Ziel in Gonsenheim angekommen ließ es sich der kleine Vierbeiner nicht nehmen, sich mit einer kleinen Schmuserunde bei Yvonne für den tollen Einsatz zu bedanken.

Hier geht es zum 1. Teil:

Frauenpower beim Mainzer Abschleppunternehmen Reuter