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Die Idee hinter dem Lippenstift-Index ist einfach: In wirtschaftlich schwierigen Zeiten greifen Verbraucher häufiger zu kleineren, erschwinglichen Luxusgütern wie Lippenstift, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken und ihre Stimmung zu heben. Diese Theorie wurde erstmals 2001 von Leonard Lauder, dem ehemaligen Vorsitzenden von Estée Lauder, formuliert. Er beobachtete, dass die Verkäufe von Lippenstiften in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit stiegen, während der Absatz von teureren Luxusartikeln stagnierte. Aber lässt sich dieser Effekt tatsächlich in Zahlen belegen?Anlässlich des Internationalen Tags des Lippenstifts am 29. Juli haben der Beauty-Online-Shop Parfumdreams und das Forschungsteam von DataPulse diese Frage untersucht. Hier sind die Ergebnisse ihrer Studie:

Wirtschaftsabschwünge in Deutschland

Die deutsche Wirtschaft erlebte in der jüngeren Vergangenheit zwei bedeutende Einbrüche: während der Weltfinanzkrise 2008 und der COVID-19-Pandemie 2020. In beiden Fällen schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) erheblich.Während der Finanzkrise 2008 und der anschließenden Rezession stieg die Arbeitslosigkeit und das Verbrauchervertrauen sank. Ähnlich war es während der Pandemie 2020, als Lockdowns und wirtschaftliche Unsicherheit die Arbeitslosenzahlen in die Höhe trieben.

Theorie oder Praxis? Der Lippenstift-Effekt unter der Lupe

Zu Beginn der Finanzkrise 2008 berichteten zahlreiche Medien über einen Anstieg der Lippenstiftverkäufe. So meldete beispielsweise The Guardian, dass große Kosmetikunternehmen wie L’Oréal, Beiersdorf und Shiseido steigende Verkaufszahlen verzeichneten.Trotz dieser Berichte sind die Verkaufszahlen während der Finanzkrise nicht eindeutig belegt. Kosmetikunternehmen wie Estée Lauder und Beiersdorf meldeten 2009 Umsatzrückgänge. Der VKE-Kosmetikverband verzeichnete 2009 einen leichten Rückgang der Umsätze mit dekorativer Kosmetik, während der IKW einen Umsatzanstieg meldete. Diese widersprüchlichen Daten lassen Raum für Interpretation.

Die Corona-Pandemie und der Lippenstift-Effekt

Der nächste große wirtschaftliche Abschwung kam mit der COVID-19-Pandemie. Dieses Mal waren die Umstände jedoch anders: Lockdowns und Maskenpflicht führten dazu, dass Lippenstifte weniger gefragt waren. Nach den Lockdowns erholten sich die Lippenstiftverkäufe jedoch schnell. Daten von Parfumdreams zeigen, dass der Absatz von Lippenprodukten ab 2021 stark anstieg. Auch die Google-Suchanfragen nach “Lippenstift” in Deutschland bestätigten diesen Trend.

Ein zweifelhaftes Phänomen

Obwohl der Lippenstift-Effekt während der Pandemie nicht auftrat, gibt es Hinweise darauf, dass er in anderen Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit bestehen könnte. Doch die widersprüchlichen Daten aus der Finanzkrise und der Pandemie werfen Fragen auf.Einige Experten argumentieren, dass der Lippenstift-Effekt möglicherweise durch andere Faktoren beeinflusst wird. So könnte die Inflation nach der Pandemie den Lippenstiftabsatz gesteigert haben, da größere Ausgaben unerschwinglich wurden. Vielleicht muss der Lippenstift-Index also neu definiert werden.

Lippenstift als Symbol

Der Lippenstift-Effekt mag in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit als eine interessante Theorie erscheinen, doch die Realität zeigt ein komplexeres Bild. Die widersprüchlichen Daten und die unterschiedlichen Umstände der Finanzkrise und der Pandemie werfen Fragen auf, ob dieser Effekt wirklich als verlässlicher Indikator für das Verbraucherverhalten dienen kann.

Trotzdem bleibt der Lippenstift ein kraftvolles Symbol. Er steht nicht nur für Luxus und Mode, sondern auch für Widerstandsfähigkeit und den Wunsch nach Selbstverwirklichung. In Zeiten, in denen die äußeren Umstände ungewiss sind, bietet der Lippenstift den Menschen eine Möglichkeit, Kontrolle über ihr eigenes Erscheinungsbild und damit auch ein Stück ihrer Identität zu behalten. Diese symbolische Bedeutung des Lippenstifts könnte erklären, warum seine Popularität selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bestehen bleibt oder sogar wächst.

Die jüngsten Daten deuten darauf hin, dass die Nachfrage nach Lippenstiften und anderen Kosmetikprodukten wieder steigt. Dies könnte auf eine wiederkehrende Stabilität hindeuten, aber auch auf das anhaltende Bedürfnis der Menschen, sich gut zu fühlen und gut auszusehen, unabhängig von den äußeren Umständen.

Der Internationale Tag des Lippenstifts am 29. Juli erinnert uns daran, dass solche kleinen Luxusgüter mehr sind als nur Konsumartikel. Sie sind Ausdruck persönlicher Freiheit und Kreativität, Zeichen von Optimismus und Stärke. Der Lippenstift mag als Indikator für wirtschaftliche Trends umstritten sein, doch seine Rolle als Symbol für menschlichen Geist und Resilienz bleibt unbestreitbar.

Mehr Informationen zur Studie unter
https://www.parfumdreams.de/lipstick-index