200623 videokonferenz regionalitaet europa 03
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Die Bundesministerin für Landwirtschaft Julia Klöckner (CDU) hat die Bürger aufgefordert, vorausschauend einzukaufen, auf heimische Produkte zurückzugreifen und sich gegen das Kükenschreddern – und das in nur einen einzigen, wenn auch bemerkenswerten Pressemitteilung.


Doch. Die Morgenrunde im Landwirtschaftsministerium kann man sich vorm inneren Ohr vorstellen: „Wir müssen was zu Ostern machen.“ „Ja, was mit Einkaufen.“ „Und mit Kükenschreddern.“ „Ja was denn nun?“ „Ach einfach alles zusammen.“ „Ok und pack schon mal die Ausrufezeichen aus.“

Nur so lässt sich die Pressemitteilung erklären, die Klöckners Haus nun vorgelegt hat. Schon das mit den Ausrufezeichen ist so eine Sache: „Wer Ausrufezeichen verwendet, traut der Kraft seiner eigenen Sprache nicht“, hat Sprachpapst Wolf Schneider die Ablehnung ausgedrückt, die er gegen den in Strich und Punkt ausgedrückten Missionierungswillen hegt. In Klöckners Pressemitteilung finden sich vier Ausrufezeichen.

Mitarbeiter schützen

Schneider scheint recht zu haben und Klöckner ihrer eigenen Aussagekraft zu misstrauen. Ihren Bürgern auch. Die könnten aus dem Ostereinkauf ein Superspreader-Event machen, fürchtet die Super-Ministerinnen-Nanny: „Wer vorausschaut, schützt!“, hält sie dagegen. Dieses Ausrufezeichen steht in der Pressemitteilung wirklich am Ende dieses Aussagesatzes.

Es gelte „sich selbst, andere Kunden und die Marktmitarbeiter“ zu schützen, sagt die Ministerin und bittfordert ihre Bürger daher auf, Einkäufe frühzeitig zu planen und dafür die ganze Karwoche zu nutzen. Man könnte fragen, warum die Ansteckungsgefahr für die Mitarbeiter niedriger wird, wenn sich die Aerosole gleichmäßig über die Woche verteilen, statt zu Stoßzeiten ausgestoßen zu werden. Man darf in einer Pandemie aber auch nicht zu viel wissen wollen. Dann lieber appellieren und Ausrufezeichen ausstreuen, so wie Klöckner es in der Mitteilung tut: „Das hilft uns allen!“

Klöckners Schwenk

Dann schwenkt Klöckner thematisch um: „Die Feiertage verdeutlichen auch, wie wichtig es ist, die Gewissheit zu haben, dass regionale, saisonale Produktion gesichert und das Angebot für die Bürger verfügbar ist – und zwar dezentral.“

Warum das so ist? Warum das gerade Feiertage verdeutlichen? Was ihr Ministerium dazu beiträgt? Wie hoch der Anteil der regionalen und saisonalen Produkte im Supermarkt ist? Mit Fakten hält sich Klöckner in ihrer launischen Mitteilung nicht auf. Lieber ist sie gefühlig: „Heimische Landwirte und Erzeuger sind systemrelevant.“ Stimmt. Auch wenn dem Satz ein Ausrufezeichen gut getan hätte.

Eier ohne Kükentöten

Wem das bisher zu belanglos, zu nichtssagend ist und wer sich fragt, was das alles soll, wird an Klöckners nächstem Schwenk Spaß haben: „Und natürlich spielen Eier zu Ostern eine große Rolle.“ Da habe ihr Haus Wichtiges erreicht: „Mit unserem Gesetz gegen das Kükentöten sorgen wir zudem dafür, dass ab dem kommenden Jahr in Deutschland kein Ei mehr angeboten wird, das aus einer deutschen Brüterei kommt, in der Eintagsküken getötet werden.“ Schon jetzt böten einige Unternehmen Eier ohne Kükentöten an – preislich oft nur ein paar Cent teurer.

Nach so viel konkreter Politik wird Klöckner dann wieder launig: „Unsere Landwirte und die Händler versorgen uns Verbraucherinnen und Verbraucher mit frischen, regional erzeugten, hochwertigen Lebensmitteln. Ich danke all denjenigen, die auch in Krisenzeiten dafür sorgen!“ Ohne das Ausrufezeichen hätte man vermutlich nicht gemerkt, wie wichtig das ist.