Kommentar: Mit einem Quiz könnten Programmierer im Netz derzeit großen Erfolg feiern: „Welche Corona-Regeln“ gelten im Moment gerade für Euch? Trotzdem bietet das keiner an. Denn es lohnt sich nicht. Kaum wäre der Programmierer fertig mit der Arbeit, wären die Antworten schon wieder überholt.


Da wird montags verkündet, welche Verordnung freitags in Kraft tritt. Mittwochs wird erst die volle Verordnung veröffentlicht, die aber dienstags schon wieder in drei Punkten überarbeitet wurde. Donnerstags ist dann der Ärger groß, weil die neuen Öffnungen ja erst morgen gelten – aber kommt dann der Freitag, wird die nächste Verordnung angekündigt, die donnerstags in Kraft tritt, mittwochs veröffentlicht, aber dienstags noch mal geändert wird. Und der Bürger denkt sich dabei: „Hähhh?“

In einer Kneipe ging es neulich um die Frage: Wie viele Menschen dürfen draußen an einem Tisch zusammen sitzen: Zwei aus zwei unterschiedlichen Familien. Beliebig viele aus zwei Familien. Fünf, wenn sie draußen sitzen. Beliebig viele, wenn sie weit genug auseinander sitzen. Nein, nur dann wenn sie während der ganzen Zeit die Maske anbehalten. Außer beim Essen und Trinken. Vier Köpfe – fünf Meinungen.

Status einer Hausordnung

Und das ist nur das Chaos für Menschen, die strikt in Landesgrenzen denken: Da arbeiten dann vier Leute auf zwei Schichten verteilt, um sich aus dem Weg zu gehen. Sie können sich aber zusammen in ein Auto setzen, um auf eine Baustelle in der Nachbarstadt zu fahren. An der Landesgrenze müssen dann zwei aussteigen und für die weitere Strecke den Bus nehmen, weil hier jetzt nur noch zwei in einem Auto sitzen dürfen. An der Baustelle angekommen können sie dann im Gegenzug hier in einer Schicht weiterarbeiten. Und wenn sie sich fragen, warum das alles sinnvoll ist, kommen sie auf die Antwort: „Hähhh!“

Die Einschränkungen in der Pandemie sind notwendig. Immer noch. Es gibt weder einen Wirkstoff- noch einen Impfstoff. Kommt es zu Verstößen wie bei einem Gottesdienst in Frankfurt, droht sofort ein massenhafter Ausbruch von Covid-19.

Trotzdem bleiben die Verordnungen Einschränkungen der Grundrechte. Entsprechend sollte sie die Politik mit der notwendigen Ernsthaftigkeit behandeln. Momentan haben die Corona-Verordnungen aber eher den Status, der vergleichbar mit der Hausordnung einer Jugendherberge ist, in die jeder schreibt, was ihm gerade wichtig ist.

Zurück zu klarer Kommunikation

Gesetze müssen eingehalten werden. Das ist eine der wichtigsten Regeln, wenn das staatliche Zusammenleben gelingen soll. Umfragen zeigen, dass eine überwiegende Mehrheit auch bereit ist, die Verordnungen einzuhalten. Dafür ist es aber notwendig, dass sie die Regeln wirklich kennen. Und dafür wiederum braucht es klare Linien und eine nachvollziehbare Kommunikation:

  • In erster Linie auf die geltenden Regeln hinweisen.
  • Neue Verordnungen erst vorstellen, wenn sie auch beschlossen sind und nicht, wenn Detailfragen noch diskutiert und dann geändert werden müssen.
  • Neue Verordnungen erst vorstellen, wenn sie fertig formuliert sind und nicht nach der Ankündigung drei Tage warten, bis sie im Netz veröffentlicht werden.

Keiner kann heute eine zweite oder dritte Welle ausschließen. Wie sollen die Menschen dann Verordnungen ernst nehmen, wenn sie den Eindruck haben, dass dabei der politische Sieg des Oppositionsführers über den Staatssekretär oder des Ministers über den Ministerpräsidenten wichtiger ist, als zu verhindern, dass sich der Virus verbreitet? Genau der Eindruck wird aber momentan vermittelt.

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