Während der letzten vier Wochen konnten Menschen mit Atemwegsbeschwerden sich telefonisch von ihrem Hausarzt krankschreiben lassen. Das hat Ärzte entlastet und das Ansteckungsrisiko der Beteiligten verringert. Doch die Selbstverwaltung des Gesundheitswesen hat diese Möglichkeit gleich mit den ersten Lockerungen kassiert – zum Unverständnis der Gewerkschaften und der Ärzte.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB fordert, die Regelung zu verlängern, statt abzuschaffen: „Jetzt zu beschließen, sich bei Atemwegsbeschwerden nicht mehr telefonisch krankschreiben zu lassen, zeugt von wenig Realitätssinn“, sagt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.

Entschieden darüber hat der Gemeinsame Bundesausschuss. Der besteht aus Vertretern des Gesundheitswesens und fungiert als Selbstverwaltung des Gesundheitswesens. Wie bekannt wurde, war es der Druck der Krankenkassen, der dazu geführt hat, dass die Möglichkeit zur telefonischen Krankschreibung wieder zurückgenommen wurde.

Online-Anbieter verspricht Krankschreibungen

Buntenbach zeigt wenig Verständnis für den Beschluss: „Zum einen sind wir mit der Corona-Pandemie noch lange nicht über den Berg.“ Der Virus breite sich weiter aus und in den Praxen fehle es an Masken und anderem, um das Personal zu schützen. 
„Zudem ist es wissenschaftlich erwiesen, dass Beschäftigte stark dazu neigen, erkrankt zur Arbeit zu gehen“, so Buntenbach. Das sei in Zeiten einer Pandemie noch wahrscheinlicher, da die Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes größer und wirksamer sei. Auch die „Freie Ärzteschaft“ hat den Entschluss des Ausschusses als „unverantwortlich“ kritisiert.
Die Entscheidung ist umso schwerer zu verstehen, da es dem Online-Portal Au-Schein.de offensichtlich erlaubt ist, Krankschreibungen übers Internet und ohne jeden direkten Kontakt zu einem Arzt auszustellen. 14 Euro kostet laut der Seite der Service – 8 Euro Aufschlag, wenn der Krankenschein mit der Post zugeschickt wird.