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Wer hat sich mit Covid-19 infiziert? Wer ist bereits immun? Um so mehr die Wissenschaft über die Krankheit weiß, desto besser werden die Chancen, die Pandemie einzugrenzen. Deswegen sollen massenweise Tests gemacht werden. Das sei aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und die Kosten dürften nicht allein den gesetzlich Versicherten aufs Auge gedrückt werden, mahnt Dietmar Muscheid, Vorsitzender des Verwaltungsrats der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland.

Die Tests selbst seien nicht umstritten, meint Muscheid: Aus epidemiologischer Sicht seien sie sogar dringend empfohlen. Allerdings gehe es nun um die Frage, wer diese bezahlen soll: „Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe gehört in die Finanzverantwortung der öffentlichen Hand und darf nicht zur weiteren finanziellen Belastungsprobe der gesetzlichen Krankenversicherung führen“, sagt Muscheid. Infektionsschutz und Seuchenbekämpfung gehörten zur Gefahrenabwehr und seien somit eine staatliche Aufgaben.

In Deutschland herrscht eine Pflicht zur Krankenversicherung. Eine überwiegende Mehrheit ist gesetzlich versichert. Doch es gibt Ausnahmen: Beamte, Unternehmer, Selbstständige und Besserverdiener sind oft privat versichert. Als solche genießen sie häufig eine medizinische Vorzugsbehandlung – etwa kürzere Wartezeiten bei Fachärzten. Müssen die Kassen die Tests zahlen, profitieren viele Beamte, Unternehmer, Selbstständige und Besserverdiener von den Tests – müssen aber für die Kosten nicht aufkommen.

Kassen durch Pandemie bereits belastet

„Dass im ersten Schritt Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen und weiteren Gesundheitspartnern geholfen wird, ist vollkommen richtig, denn sie stehen im Kampf gegen das Virus an vorderster Front“, sagt Muscheid. Da sei schnelles Handeln durchaus ein wichtiger Faktor gewesen. Die bisherige Covid-19-Gesetzgebung könne jedoch nur der erste Teil eines umfassenden Rettungsschirms für das deutsche Gesundheitswesen sein.

„Die Krankenkassen halten das Gesundheitswesen finanziell am Laufen“, sagt Dr. Bernd Vogler, ebenfalls Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland. Pandemiebedingte Einnahmeausfälle und Mehrausgaben träfen aber auch die gesetzlichen Krankenkassen „mit voller Wucht“. Deswegen fordert der Chef des AOK-Verwaltungsrates nun zusätzliche Entlastungen. Die Zuweisung aus dem zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2020 für den Gesundheitsfonds von einmalig 3,5 Milliarden Euro und den Ausgleichsfonds der sozialen Pflegeversicherung von  einmalig 1,8 Milliarden Euro zur Stabilisierung der Beitragssätze sind hierzu als einen ersten Schritt zu werten, so Vogler.


Vogler und Muscheid teilen sich den Vorsitz des Verwaltungsrates der AOK Rheinland-Pfalz/Saarland und teilen sich die daraus entstehenden Aufgaben zeitlich auf. Muscheid ist auch Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes DGB Rheinland-Pfalz/ Saarland.