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Durch die Pandemie sind viele Menschen arbeitslos geworden. Einer ihrer ersten Wege führt zur Agentur für Arbeit, um Unterstützung zu beantragen. Doch der ist während der Pandemie in manchen Orten nur digital möglich. Was wiederum die Betroffenen um eine extrem absurde Erfahrung reicher macht: das Selfie-Ident-Verfahren.

Über die Internetseite der Agentur können sich Arbeitslose anmelden. Sie können auch ihre Unterlagen einreichen: Kündigungen oder Verdienstbestätigungen zum Beispiel. Das tat auch Stefan Adler. In Folge von Corona war er arbeitslos geworden und wegen des Lockdowns war es ihm nicht möglich, wie er das vorhatte, freie Aufträge zu generieren.

Doch nachdem Adler Antrag und Unterlagen eingereicht hatte, stellten sich Probleme ein: Als der Antrag auf Arbeitslosengeld schon seit einigen Wochen abgegeben war, kam ein Anruf von der Agentur: Zeitgleich müsse er einen Antrag auf Hartz IV stellen, um in der Grundsicherung zu sein. Aber auf der Seite der Agentur stehe, man könne jeweils nur einen Antrag stellen, erwiderte Adler. Ja, das sei überholt und noch nicht geändert worden, lautete die Antwort – nach fast einem Jahr Corona.

Zwei Formen Datenschutz

Das war allerdings nicht das Ärgerlichste, was Adler erlebte. Denn das kam mit dem Selfie-Ident-Verfahren. Zwar hatte er der Agentur Kündigungen und Arbeitszeitbestätigungen von Stefan Adler digital eingereicht. Aber das reichte noch nicht, um sicherzustellen, dass er auch wirklich Stefan Adler ist.

Er solle seine Identität digital bestätigen. Das ist einfach. Beziehungsweise: Das könnte einfach sein. Adlers Ausweis hat eine Nummer, die ist beim Einwohnermeldeamt hinterlegt und könnte von der Agentur abgeglichen werden. Aber das passiert nicht. Datenschutz.

Um Adlers Daten zu schützen, wird stattdessen ein Selfie-Ident-Verfahren gestartet. Adler musste die App der Firma Nect auf seinem Handy installieren. Dieser Drittfirma wiederum musste er den Zugriff auf seine Fotos gewähren. Zur Erinnerung: Das alles geschieht im Dienste des Datenschutzes.

Bearbeitung erst nach Lockdown

Über die APP muss er nun die Vorderseite und die Rückseite seines Ausweises fotografieren. Dann muss er ein Selfie-Video einspielen. Auf diesem muss er Worte wie Elefant einsprechen. Nach mehreren Fehlschlägen glich die APP das Bild des Ausweises mit den Aufnahmen ab.

Jetzt ist Adler offiziell bei der Agentur für Arbeit angemeldet. Seine Daten sind geschützt. Gut. Eine Firma hat jetzt Bilder seines Ausweises – von Vorder- und Rückseite… Aber das betrachtet die Agentur offensichtlich als die bessere Lösung.

Nun hätte Adler sich dem Verfahren verweigern können. Dann wäre die Bearbeitung seines Antrags einfach aufgeschoben worden bis nach dem „vorübergehenden Lockdown light“, wie es in einem Anschreiben hieß. Zur Erinnerung: Der dauert bereits vier Monate und sein Ende ist nicht in Sicht. In der Zwischenzeit kann er dann von vielem leben: von Ersparnissen, Luft, Liebe – oder dem Datenschutz.


Der Name wurde geändert und ist der Redaktion bekannt.