Wenige Wochen vor den Wahlen am 26. Mai ist Europa in aller Munde. Kaum ein Tag vergeht, an dem die Europäische Union nicht die weltweiten Schlagzeilen beherrscht. Schon alleine das Debakel rund um den Brexit, der wenige Tage vor dem festgesetzten Austrittsdatum vertagt wurde, füllt Zeitungen, Nachrichtensendungen sowie zahlreiche Talk-Shows.

„Europa befindet sich aktuell in einer besonderen Situation, in der auch der Populismus ein gewichtiges Wort mitgesprochen hat und die europäische Gemeinschaft vermehrt in Frage gestellt wird“, gab Landrat Ernst Walter Görisch zu bedenken.

Politisches Frühstück im Kreishaus

Der Vorsitzender der Europa Union Deutschland Kreisverband Alzey-Worms hatte anlässlich des diesjährigen Politischen Frühstücks, zu dem er neben Kandidatinnen und Kandidaten für das Europäische Parlament auch Schülerinnen und Schüler der Alzeyer Gymnasien sowie weitere interessierte Bürgerinnen und Bürger ins Kreishaus eingeladen.

Umso wichtiger sei es, in diesen Zeiten die Werte und Vorzüge Europas ins Bewusstsein der Allgemeinheit zu rufen. Auf all die Fragen und Zweifel gebe es nämlich nur eine Antwort: Die Bevölkerung mitnehmen, einbinden und so das Interesse an europäischen Themen zu wecken.

Wie steht es um Europa?

Im Rahmen einer interessanten und anregenden Podiumsdiskussion unter der Leitung des Landtagsabgeordneten und Geschäftsführers des Kreisverbandes, Heiko Sippel, traten die Wählerinnen und Wähler mit den Kandidatinnen und Kandidaten für das Europäische Parlament in Sachen Europa in unmittelbaren Dialog ein.

Wie steht es um Europa vor der Wahl? Bedarf es Europa an neuen Visionen? Für welche Themen treten die jeweiligen Parteien ein? – Dies waren mitunter Fragen, die das Publikum an Christine Schneider (CDU), Marcus Scheuren (FDP), Corinne Herbst (SPD), Jutta Paulus (Bündnis 90/Die Grünen) und David Schwarzendahl (Die Linke) richtete.

Erstkandidaten mit verschiedenen Beweggründen

Die fünf Bewerberinnen und Bewerber kandidieren zum ersten Mal um einen Sitz im Europäischen Parlament und tun dies aus den verschiedensten Beweggründen.
Doch einig sind sich alle: Europa ist die Zukunft! Um im globalen Wettbewerb mithalten zu können, bedarf es des grenzüberschreitenden Zusammenhaltes und –wirkens der Nationen.

„Heute nehmen wir oftmals europäische Errungenschaften wie beispielsweise die Personenfreizügigkeit als selbstverständlich hin. Doch diese sind nicht unumkehrbar“, ermahnte Marcus Scheuren der sich als Sohn einer Schottin und eines Deutschen selbst als Erasmus-Kind bezeichnet.

Keine Demokratie ist selbstverständlich

Nach Auffassung von Corinne Herbst, für die Europa eine Herzensangelegenheit ist, bedarf es bei der Erneuerung Europas jedoch nicht nur einer Neustrukturierung der Institutionen, sondern auch eines Umbaus in den Köpfen der Europäer, denn „keine Demokratie ist selbstverständlich“.

Der Verdrossenheit gelte es mit mehr Transparenz entgegenzuwirken, wie Jutta Paulus zu erkennen gab. Europa sei die Ebene, auf der zum Beispiel in Sachen Klima- und Umweltpolitik Räder gedreht werden können. So sehen die Bewerberinnen und Bewerber aller vertretenen Parteien grundsätzlich in der Europäischen Union ein Erfolgsmodell mit mehr oder weniger Abzügen.

Neue Ziele aktiv umsetzen

Insbesondere im Bereich der Bürokratie, mit der die EU in der Bevölkerung oftmals negativ in Verbindung gebracht wird und so nicht immer nachvollziehbar ist, bestehe Nachbesserungsbedarf. Auch fehle es aktuell noch an gleichberechtigten Sozialstandards, bemängelte David Schwarzendahl, der sich ein Europa auf Augenhöhe wünscht.

„Wir dürfen jedoch nicht nur neue Ziele setzen, sondern müssen diese auch aktiv umsetzen“, betonte Christine Schneider, die sich insbesondere mit der Frage beschäftige, wie die Landwirtschaft der Zukunft auszurichten ist.

Kontroverse 90 Minuten

In der gut 90minütigen Gesprächsrunde standen neben Landwirtschaft und Weinbau auch die Themen Klima- und Umweltschutz, Digitalisierung, Finanz- und Außenpolitik, Europäischer Mindestlohn sowie Handwerk und Pflege zur Debatte.

So kontrovers die Gesprächsrunde an manchen Stellen auch war, so einig war sich das Podium bei der Frage nach der Wunschvorstellung von Europa in 20 Jahren: Die EU als Stabilitätsanker mit attraktiver Außenwirkung, die Politik für das Gemeinwohl macht.

„Es ist unsere Aufgabe, den europäischen Gedanken weiter in die Bevölkerung zu tragen“, so Görisch und Sippel, die aus Veranstaltungen wie dieser, neue Motivation schöpfen, weiterhin für Europa einzutreten.