Nathalie Böhm engagiert sich seit Jahren ehrenamtlich in der Obdachlosenhilfe. Hierfür ist sie auf ein geeignetes Fahrzeug angewiesen, um schnell dort zu sein, wo Hilfe benötigt wird. Nach dem Ihr „Paulchen“ sie im Stich ließ, musste eine Lösung her. Wir haben Nathalie Böhm, Engel der Obdachlosen, die letzten Tage begleitet und mit ihr zusammen das neue Fahrzeug abgeholt:

Frau Böhm, wie kam es zum Spendenaufruf?

Mein VW-Bus „Paulchen“ ging letztes Jahr kurz vor Weihnachten beim Ausfahren der Sozialaktion „Weihnachtsgeschenke im Schuhkarton“ kaputt und da die Instandsetzung den Fahrzeugwert überstiegen hätte, musste ein Neuer her. Deshalb haben meine Freunde über verschiedene Medienportale einen Spendenaufruf gestartet, um meine ehrenamtlichen Tätigkeiten weiterhin ausführen zu können.

Wie war die Resonanz auf den Spendenaufruf?

Ich war überrascht über die positive Resonanz und total überwältigt, dass sogar meine Obdachlosen einen Teil Ihres Tagegelds gespendet haben. Ein Obdachloser erhält am Tag 13,88€ – davon haben viele die 0,88€ täglich in die Spendendose geworfen. Darüber hinaus sind viele Privatpersonen, aber auch Frau Malu Dreyer, Dr. Eckhardt Lensch und Dr. Friedel Rohr dem Spendenaufruf gefolgt.

Wofür genau wurde das Spendengeld verwendet?

Von dem Spendengeld habe ich zunächst eine Mercedes A-Klasse der 1. Generation gekauft. Dieses Fahrzeug diente zum Übergang, bis ich ein geeigneteres Fahrzeug mit größerer Ladefläche gefunden habe. Vor 2 Wochen konnte ich dann den neuen gebrauchten Volkswagen T4 Bus von der freiwilligen Feuerwehr Schotten-Götzen erwerben. Der Transporter ist ein ehemaliges Feuerwehrfahrzeug vom Baujahr 1991 und hat eine Laufleistung von 64.000 km. Es gab für dieses Fahrzeug mehrere Interessenten; jedoch hat die Feuerwehr auf Grund des sozialen Aspektes mich als Käufer ausgewählt und hat mich auch dabei unterstützt, das Fahrzeug vom Behördenfahrzeug zum Privatfahrzeug umzurüsten. Das Blaulicht musste entfernt werden, genauso wie die Beschriftung und diverse Innenausstattung.

Das Fahrzeug hat jetzt neuen TÜV bekommen und am 12.11.2018 konnte ich es endlich anmelden.

Frau Böhm, Ihr letztes Fahrzeug hatte den Namen „Paulchen“ – wie heißt denn jetzt der Neue?

Das neue Fahrzeug heißt „Grisu“, wie der kleine Drache aus der Kinderserie, der immer Feuerwehrmann werden wollte.

Sie hatten sich auch für die TV-Sendung „Mein neuer Alter“ beworben. Was wurde daraus?

Ja, das ist richtig. Wir hatten uns dort beworben und es gab auch einen Drehtag, der über 8-10 Stunden lief. Bei den Dreharbeiten handelte es sich jedoch erstmal nur um ein Vorstellungsvideo über meine Person und die Geschichte dazu. Ich sollte zeitnah eine Rückmeldung erhalten, ob ich in die Sendung komme, aber nach 6-wöchiger Vertröstung bekam ich nach mehrmaliger Nachfrage dann die Absage, da meine Geschichte nicht in das Konzept der Serie passte.

Für was wird das Fahrzeug verwendet?

Ich befördere die Obdachlosen damit zu Ärzten oder Behörden und bei Bedarf auch in Unterkünfte. Weiterhin verteile ich mit dem Fahrzeug Nahrungsmittel, Isomatten, Schlafsäcke, Kleidung uvm. an die hilfsbedürftigen Menschen und den dazugehörigen Hunden. Im Winter wird der Bus auch mal als Aufwärmstation genutzt.

Gibt es in Zukunft weitere ehrenamtliche Projekte, für die das Auto in Anspruch genommen werden soll?

Ja, da gibt es einige neue Projekte, die wir gerade angehen.

Ein Beispiel möchte ich gerne nennen: Wir sind gerade dabei, mit der George-Ford Akademie und Boost your City ein soziales Projekt der Gewaltprävention umzusetzen. Immer mehr Obdachlose (Frauen, Kinder, Männer) fallen Gewaltdelikten zum Opfer. Das neue Projekt soll Ihnen Selbstbewusstsein geben und Ihnen helfen, sich bei Angriffen bestmöglich zu schützen und zu verteidigen. Die Präventionskurse sollen für die sozialschwachen kostenlos angeboten werden und voraussichtlich können wir im Januar 2019 schon starten. Hierbei soll „Grisu“ als Shuttleservice für die Obdachlosen, sozialschwachen Kinder und Frauen, die Gewalt zum Opfer gefallen sind, dienen. Weitere Details zu diesem Projekt folgen in nächster Zeit.

Vielen Dank für Ihre Zeit und auch, dass wir Sie in den letzten Tagen begleiten durften, um einen Einblick in Ihre Arbeit zu bekommen.

Ich möchte mich ganz herzlich bei allen Spendern und Unterstützern bedanken und freue mich riesig, dass ich pünktlich zu Weihnachten mit einem tollen Fahrzeug wieder voll im Einsatz sein kann.

Hinweis der Redaktion: Der Erfahrungsbericht der letzten Tage im Umfeld der Obdachlosen wird folgen