Furpach und Saarbrücken. Videospiele sind böse – heißt es allenthalben: Sie fressen Zeit, sorgen für Suchtgefahr oder halten Kinder vom Lernen ab. Die Barmer hat nun gemeinsam mit der Hamburger Spieleentwickler „RetroBrain“  in Furpach und Saarbrücken einen Test gestartet, der etwas anderes beweisen soll. Die therapeutische Spielkonsole „memoreBox“ soll Senioren helfen, ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten zu trainieren. 

„Die Videospiele lassen sich mit leichten Körperbewegungen im Sitzen und Stehen steuern“, sagt Jens Brandis. Er ist bei Retro-Brain der zuständige Projektmanager. Die memoreBox sei von Experten aus Wissenschaft, pflegerischer Praxis und Spieleentwicklung konzipiert worden, um den Pflegealltag zu bereichern und zeichne sich durch einfache und verständliche Spielabläufe aus. Zudem würden die Spieler Erfolgserlebnisse erfahren:

„Das Spielen in der Gemeinschaft fördert die Kommunikation untereinander sowie mit dem Pflegepersonal oder den Angehörigen.“ Die Spielkonsole könne Auswirkungen altersbedingter Erkrankungen wie Demenz und Parkinson verringern, das Risiko von Stürzen mindern und durch gemeinsame Aktivitäten die Inklusion in Seniorenheimen fördern. Bei der Memore-Box werden die Bewegungen der Spieler direkt auf einen Fernseher übertragen. Sechs Spiele stehen zur Auswahl: Tanzen, Kegeln, Postbote, Tischtennis, Sonntagsfahrt mit dem Motorrad und Singen.

Kontrollgruppe darf nicht spielen

Getestet wird die Memore-Box seit diesem Donnerstag im Johanna-Kirchner-Haus in Saarbrücken. „Prävention durch digitale Medien wird in unserer Gesellschaft – in der die Digitalisierung künftig eine weitaus größere Rolle spielen wird – ein dauerhaft wichtiger Baustein sein“, sagt Monika Bachmann (CDU). Die saarländische Gesundheitsministerin besuchte die Präsentation des Projektes. Bundesweit nehmen 100 Pflegeheime an dem Test teil, zwei davon im Saarland. Weitere teilnehmende Einrichtung ist das „AWO Seniorenzentrum Furpach“ in Neunkirchen.

Pro Heim werden zwei Gruppen zu je fünf Spielern gebildet. Eine Gruppe spielt drei Stunden pro Woche mit der Memore-Box, die andere bildet eine Kontrollgruppe, die nicht spielt. In regelmäßigen Abständen wird über die Begleitforschung erfasst, wie sich die körperliche und geistige Verfassung der teilnehmenden Pflegeheimbewohner verändert. Die Pflegeheimbewohner können unabhängig von ihrer Kassenzugehörigkeit teilnehmen. Die Projektlaufzeit für die teilnehmenden Pflegeheime beträgt ein Jahr. Begleitet wird der Test von der Charité Universitätsmedizin Berlin, der Humboldt-Universität Berlin und der Alice Salomon Hochschule Berlin.

Unterstützt wird das Projekt von der Barmer: Die Krankenkasse hat die Seniorenheime ausgesucht und für den Versuch gewonnen. Außerdem finanziert die Kasse die Entwicklung der Box und die wissenschaftliche Begleitung des Versuchs.

„Die memoreBox ist keine handelsübliche Spielkonsole“, sagt Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Die Box sei ein computergesteuertes Bewegungsspiel mit therapeutisch abgestimmten Übungen für ältere Menschen. Die Spiele würden therapeutische, präventive und rehabilitative Elemente integrieren, die unter anderem aus Erkenntnissen der Geriatrie, der Neuropsychologie sowie der Physio- und Musiktherapie entwickelt wurden. „Die Barmer finanziert die begleitende Forschung und übernimmt die Mietkosten für die Memore-Box. Als gesetzliche Krankenkasse hat sie die Aufgabe, gesundheitsförderliche Präventionsangebote in Pflegeeinrichtungen zu unterstützen“, sagt Kleis.