Saarbrücken. Der Bund will künftig nicht mehr nur noch nach Osten schauen, wenn es um die Förderung strukturschwacher Regionen geht. Das müsste fürs Saarland eigentlich eine gute Nachricht sein. Doch es gibt einen Haken: Bisher sagt keiner, wann oder wie viel Geld fließen soll.

„Verfassungswidrig“ seien die Zustände in manchen Regionen Deutschlands, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Andreas Siegert im Interview mit Agrarheute.de. Wenn etwa ältere Leute auf Bus und Bahn angewiesen seien, dauerten die Wege unzumutbar lang. Und er warnt: Durch die Ausdünnung der Bevölkerung auf dem Land könnten zum Beispiel die Presse für Trink- oder Abwasser in den nächsten Jahren um 40 Prozent steigen.

Nun hat die Politik das Problem durchaus erkannt. Vor gut einem Jahr wurde eine Kommission gegründet, die sich mit den ungleichen Lebensverhältnissen in Deutschland beschäftigte. Mit am Tisch saßen Vertreter vom Bund, den Ländern und aus den Kommunen.

Zwar hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ein Zwölf-Punkte-Programm vorgestellt, das die Kommission erarbeitet habe. Aber die Präsentation sollte mehr Einvernehmen vortäuschen, als wirklich herrscht: So wird es keinen gemeinsamen Abschlussbericht der Kommission geben, wie die FAZ berichtet hat.

Das Zwölf-Punkte-Programm bleibt an vielen Stellen ungenau: Eine Milliarde will der Bund den Ländern für ein besseres Angebot an Bussen und Bahnen geben. Wie sich diese verteilen wird, steht noch nicht fest. Auch der Internet-Empfang soll in abgehängten Regionen besser werden. Die Rede ist von einer Infrastrukturgesellschaft, die das in die Hand nehmen soll. Ob die gegründet wird? Nicht so schnell. Nicht so konkret. Die Infrastrukturgesellschaft wird geprüft. Geprüft.

Bund will überschuldeten Kommunen helfen

Am wenigsten konkret ist der Plan, wenn es ums Geld geht. Der Bund will überschuldeten Kommunen helfen, wenn diese sich selbst an der Entschuldung beteiligen. Wie das aussehen muss? Unter welchen Umständen es Geld gibt? Oder wie viel? Das ist alles noch offen. Nur dass Bundesmittel nicht mehr ausschließlich nach Osten fließen sollen, sagt Seehofer.

Doch ist das auch vor dem Hintergrund der Debatte zu sehen, welche die Bundesregierung um den Fortbestand des Solidaritätszuschlags führt. Die SPD hat es zum Prestigeprojekt erhoben, diesen zu erhalten. Obwohl nach 30 Jahren der Solidarpakt II ausläuft. Schwächeren Ländern im Westen Geld zu versprechen, könnte die Unterstützung sichern, die Sozialdemokraten für die Verlängerung brauchen. Doch ihr eigener parlamentarischer Geschäftsführer im Bundestag, Carsten Schneider, relativiert schon: Auch weiterhin werde 90 Prozent des Geldes nach Osten fließen, wie ihn der Spiegel zitiert.

Die Große Koalition im Saarland lobt vorerst die Große Koalition in Berlin: „Ich begrüße den Beschluss. Damit unterstreicht die Bundesregierung, dass sie die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland als eine gesamtstaatliche Aufgabe betrachtet“, sagt Ministerpräsident Tobias Hans (CDU). Nun müssten Bund, Länder und Kommunen rasch mit konkreten Verhandlungen beginnen.

Hans: „Unverschuldet in Schieflage“

Die saarländischen Kommunen seien aufgrund des Strukturwandels unverschuldet in eine finanzielle Notlage geraten. Sie benötigten die Hilfe des Bundes und die Solidarität aller Länder: „Insbesondere mit dem Saarlandpakt haben wir unsererseits alles unternommen, um der Haushaltsschieflage der Kommunen entgegenzuwirken. Damit haben wir unterstrichen, dass wir nicht nur auf die Hilfe anderer setzen. Wir erwarten nunmehr von der Bundesregierung Unterstützung und von den anderen Ländern den vom Bund eingeforderten politischen Konsens.“

Finanzminister Peter Strobel (CDU) sieht den Silberstreif am Horizont: „Erstmals stellt der Bund mit dem Bericht den Kommunen Hilfen bei der Überwindung ihrer Kassenkredite in Aussicht, um dadurch einen Beitrag zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse zu leisten.“ In diesem Zusammenhang spielten der Strukturwandel und die damit verbundenen hohen Sozialausgaben eine bedeutende Rolle. „Sie sind oft die Hauptursache für die kommunale Kassenproblematik.“

Strobel verweist auf den „ Saarlandpakt“, der den Kommunen mehr Geld bereit gestellt habe und stellt die Städte und Gemeinden daher in die Pflicht: „Jetzt kommt es darauf an, dass auch die saarländischen Kommunen ihre Hausaufgaben machen und der Bund den Stabilisierungs- und Aufholprozess der saarländischen Kommunen finanziell unterstützt.“