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TV-Duelle sind oft der dramatische Höhepunkt eines Wahlkampfs. Doch in Rheinland-Pfalz ist es ein Rückspiel im UEFA-Cup, in das Herausforderer Christian Baldauf (CDU) mit einem 0:4-Rückstand reingeht. Das neue Politbarometer des ZDF spricht für Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

33 Prozent für die SPD, 29 für die CDU – laut dem neuesten ZDF-Politbarometer ist die Wahl am 14. März schon entschieden. Zumal die Koalitionspartner der SPD auf 11 Prozent (Grüne) und 7 Prozent (FDP) kommen. Eine Unzufriedenheit mit der Landesregierung ist demnach auch nicht auszumachen: 59 Prozent wünschen sich Dreyer als Ministerpräsidentin, 28 Prozent Baldauf.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag muss also einen deutlichen Rückstand aufholen. Das TV-Duell ist Baldaufs letzte Chance. Doch es ist nur eine kleine. Zum einen läuft die Wahl bereits. Ein Drittel hat laut der Süddeutschen Zeitung schon die Unterlagen zur Briefwahl angefordert.

Anwalt fürs Arbeitsrecht

Zum anderen – ohne Christian Baldauf zu Nahe treten zu wollen – vorsichtig ausgedrückt – bei allem Respekt – also wirklich sehr vorsichtig ausgedrückt: Ein Volkstribun ist er nicht gerade. Baldauf ist Rechtsanwalt. Doch keiner dieser wortgewandten amerikanischen Strafverteidiger, die wir aus Filmen und Serien kennen, sondern ein Experte fürs Arbeitsrecht, dessen Welt versäumte Kündigungsfristen und Angemessenheits-Überprüfungen sind.

Trotzdem hätte Baldauf der richtige Kandidat für Rheinland-Pfalz sein können. Vor fünf Jahren ist die CDU hier krachend gescheitert, hat einen zweistelligen Vorsprung innerhalb weniger Wochen verspielt. Julia Klöckner hatte die offene Konfrontation zu Dreyer gesucht und ihr so geholfen, die eigenen Anhänger erfolgreich zu mobilisieren.

Diesen Fehler hat die CDU dieses mal vermieden. Baldauf präsentierte sich seriös, freundlich und staatstragend. Dreyers Anhänger sollten nicht zum Wahlkampf ermutigt werden. Und davon abgesehen setzte Baldauf auf eine Geheimwaffe. Doch die schlägt jetzt im eigenen Lager ein: die Kanzlerin.

Kanzlerin belastet Wahlkampf

Armin Laschet und Daniel Günther traten 2017, im Jahr der letzten Bundestagswahl, als Herausforderer an. Dank Merkels Beliebtheit schafften sie es in die Staatskanzleien in Kiel und Düsseldorf. Auf diesen Effekt durfte Baldauf auch hoffen. 2020 war auch noch das Jahr der Rekordwerte für die Kanzlerin – in sämtlichen Beliebtheits-Umfragen.

Doch nun ist der Lockdown bereits in seinem fünften Monat. Und es ist nicht mal mehr eine Frage, ob man für oder gegen diese Maßnahme ist. Das Krisenmanagement der Kanzlerin ist es, das die Beliebtheitswerte der CDU durch die Decke gehen lassen – nur halt durch die Kellerdecke. Laut ZDF-Politbarometer ist die Union in Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg um 4 Prozentpunkte abgerutscht seit der letzten Umfrage.

Eine Task Force, die berät, wie man Schnelltests einkauft, die es zeitgleich bei Aldi gibt. Eine Millionen teure staatliche Warn-App, die nicht funktioniert – und deswegen von einer App abgelöst wird, die ein Rapper entwickeln ließ. Das Versagen der Bundesregierung in der Pandemie erreicht absurde Ausmaße. Merkel ist so nicht mehr ein Fuß auf dem Gaspedal der Wahlkämpfer, sondern zwei Füße auf ihrer Bremse.

Der Bauchladen

Also alles Merkels Schuld? So einfach ist es natürlich auch nicht. Baldauf hatte gute Gründe auf sie in seiner Strategie zu setzen. Doch sich alleine auf sie zu verlassen, ist halt auch zu wenig, für jemanden der Ministerpräsident werden will. Zumal es im Team Baldauf ein Kardinalversäumnis gegeben hat.

Dieses Versäumnis besteht darin, dass sein Team es nicht geschafft hat, ein eigenes Profil für ihn zu entwickeln. Erst spät wurde er aufs Schild gehoben. Zu sehr legte die CDU-Landesvorsitzende Klöckner wert darauf, allen klar zu machen, dass er nur ein Kandidat von ihren Gnaden ist.

Doch neben dieser politischen Entscheidung gab es auch handwerkliche Fehler, die eine Profilbildung verhindert haben. Die CDU betreibt seit Jahren eine Strategie des Bauchladens. Die Idee: Die Partei müsse auf alle Themen reagieren können, dürfe sich nicht zu sehr festlegen, um nicht zu polarisieren.

Der Jim Belushi der Landespolitik

Das Ergebnis: Beliebigkeit. Das wichtigste Thema der CDU Rheinland-Pfalz ist immer das nächste. Oberster Umweltschützer, Kümmerer in der Bildungspolitik oder Stichwortgeber in der Pandemie-Bekämpfung. Baldauf hat schon alle Rollen gespielt. In der letzten wurde es dann schon peinlich, roch nach Verzweiflung. So geht Baldauf als Jim Belushi der Landespolitik ins Gedächtnis ein. Man weiß, dass er in unzähligen Filmen mitgespielt hat, aber man kann sich an keinen einzigen erinnern.

Baldaufs Versäumnis ist, dass er die Politik des Bauchladens nicht beendet hat. Und dass er auf Leute gesetzt hat, die schon vor fünf Jahren gezeigt haben, dass sie zur Abteilung Verbocken gehören. Bei mancher Führungskraft stellt sich die Frage, wie viele Gelegenheiten sie noch erhalten, das unter Beweis zu stellen?

In den nächsten fünf Jahren wird es Baldaufs Aufgabe sein, den Laden so aufzustellen, dass er in einem ehemaligen Stammland Wahlen gewinnen kann. Auch ohne die Hilfe einer Kanzlerin. Oder er dreht heute Abend ein 0:4. Hat’s ja alles schon gegeben. Zumindest im UEFA-Cup.


Das TV-Duell beginnt um 20.15 Uhr und ist im SWR zu sehen. BYC-News streamt es hier.