Dramatisch sinkende Erzeugerpreise, steigende Kosten und zunehmende politische Unsicherheiten führen erneut zu massiver Unruhe in der Landwirtschaft. In ganz Deutschland sowie in vielen europäischen Regionen bereiten Landwirtinnen und Landwirte neue Protestaktionen vor. Auch in Rheinland-Pfalz wird am kommenden Wochenende mit deutlichen Demonstrationen gerechnet.
Für Samstag und Montag hat der LsV Deutschland e. V. (Landwirtschaft verbindet) landesweite Proteste angekündigt. In Rheinhessen ist zudem für Sonntagabend ab 19.30 Uhr eine Versammlung mit Traktorenaufzug am LIDL-Zentrallager in Wöllstein geplant. Damit rückt erneut der Lebensmitteleinzelhandel in den Fokus der Kritik.
Monopolkommission bestätigt Kritik der Landwirtschaft
Rückendeckung erhalten die Landwirte durch aktuelle Untersuchungen der Monopolkommission zur Wettbewerbssituation in der Lebensmittellieferkette. Demnach habe sich das Kräfteverhältnis in zentralen Wertschöpfungsketten – etwa bei Milch, Fleisch und Getreide – weiter zugunsten großer Handelskonzerne verschoben. Die Folge sei eine immer weiter auseinandergehende Schere zwischen niedrigen Erzeugerpreisen auf den Höfen und hohen Verbraucherpreisen im Handel.
Die Studie verweist auf massive strukturelle Ungleichgewichte zwischen Landwirtschaft und Handel und betont die Notwendigkeit stärkerer wettbewerblicher Kontrolle. Aus Sicht der Landwirtschaft bestätigt dies den Eindruck, dass Handelskonzerne ihre Marktmacht konsequent ausnutzen.
Kritik an LIDL und dem Lebensmitteleinzelhandel
„Es reicht: Schluss mit Dumpingpreisen auf Kosten der heimischen Landwirtschaft. LIDL verfügt über enorme Marktmacht – wer so viel Einfluss hat, trägt Verantwortung. Diese Macht darf nicht länger dazu genutzt werden, Bauern und Winzer wirtschaftlich in die Knie zu zwingen und Erzeugerpreise immer weiter zu drücken“, erklärt Markus Puder, Vorstand von Landwirtschaft verbindet Rheinland-Pfalz.
Nach Darstellung der Organisationen agiere der Handel hinter den Kulissen anders, als es die öffentlichkeitswirksame Werbung mit Regionalität und Nachhaltigkeit suggeriere. Statt ein fairer Partner zu sein, würden Preise diktiert, die häufig unter den tatsächlichen Produktionskosten lägen.
LSV Deutschland warnt vor Eskalation der Proteste
Der LsV Deutschland e. V. warnt vor einer weiteren Zuspitzung der Lage. Besonders kritisch sehen die Betriebe die anhaltende Preisschwäche bei nahezu allen landwirtschaftlichen Produkten – von Getreide über Milch und Fleisch bis hin zu Wein. Gleichzeitig sorgten neue Freihandelsabkommen für zusätzlichen Wettbewerbsdruck.
„Unsere Betriebe geraten immer stärker unter existenziellen Druck. Es kann nicht sein, dass wir höchste Standards erfüllen sollen, während zugleich die wirtschaftliche Basis wegbrechen darf“, betont Marc Berger, Vorstand von Landwirtschaft verbindet Deutschland.
Forderungen an Handel und Politik
Der Lebensmitteleinzelhandel stehe klar in der Verantwortung. Nach Ansicht des LSV diktieren LIDL, Edeka, Rewe und Aldi seit Jahren Preise, die eine kostendeckende Produktion unmöglich machen. Notwendige Strukturreformen seien bislang ausgeblieben.
„Wir brauchen keine symbolischen Gesprächsrunden mehr – wir brauchen gewinnbringende Preise, verlässliche Verträge und ein Ende des ruinösen Preiswettbewerbs“, so Berger. Wer Regionalität und hohe Standards bewerbe, müsse diese auch angemessen bezahlen.
Der LSV Deutschland fordert vom Handel unter anderem:
- ein sofortiges Ende der Weihnachts-Preisaktionen
- eine faire Anpassung der Preise an Markt- und Kostensituation
- Transparenz bei der Preiszusammensetzung
- die Bevorzugung regionaler und saisonaler Produkte
- sowie die Unterstützung der Vorschläge von EU-Agrarkommissar Hansen, darunter Verträge vor Produktionsbeginn, ein Verbot des Verkaufs unter Produktionskosten und eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung.
Warnung vor langfristigen Protesten
Auch die Politik steht aus Sicht der Landwirtschaft in der Pflicht. Trotz zahlreicher Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft sei bislang wenig umgesetzt worden. Gleichzeitig belasten steigende Energie-, Arbeits- und Bürokratiekosten die Betriebe zusätzlich.
„Die Politik muss endlich faire Wettbewerbsbedingungen schaffen, Marktmachtmissbrauch eindämmen und gleiche Standards für Importware durchsetzen. Sonst verlieren wir unsere heimische Landwirtschaft – und mit ihr ein Stück Versorgungssicherheit“, warnt Berger.
Sollten Handel und Politik nicht kurzfristig reagieren, kündigt der LsV Deutschland e. V. entschlossene und langfristige Proteste an. Die Landwirtschaft sei nicht bereit, weitere leere Versprechen hinzunehmen.





