Die neue Heimat deutscher Online-Stars – zwischen Vision und Kritik
Wer auf Instagram, YouTube oder TikTok unterwegs ist, begegnet immer häufiger sonnigen Skyline-Aufnahmen, blitzenden Luxuskarossen und Palmenpanoramen. Die Absender? Bekannte deutsche Influencer – doch statt aus Berlin oder München stammen diese Bilder aus einer Stadt, die zunehmend zum neuen Epizentrum der deutschen Creator-Szene wird: Dubai. Was einst als Ferienziel für Superreiche galt, ist heute ein beliebter Wohnsitz für Content Creator, Unternehmer und digitale Nomaden. Diese deutschen Influencer sind nach Dubai ausgewandert – und zwar nicht nur für den Lifestyle, sondern vor allem für die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben.
Hinter dem Blitzlichtgewitter steckt jedoch weit mehr als nur ein Drang zur Selbstinszenierung. Dubai bietet ein faszinierendes Wechselspiel aus steuerlichen Vorteilen, Infrastruktur für digitale Geschäftsmodelle und internationalen Netzwerken. Kritiker werfen den Auswanderern allerdings vor, moralische und gesellschaftliche Kompromisse in Kauf zu nehmen. Der Umzug in die Vereinigten Arabischen Emirate ist deshalb nicht nur ein geografischer, sondern auch ein ideologischer Schritt, der kontroverse Diskussionen entfacht – sowohl online als auch offline.
Immer mehr Auswanderer interessieren sich für das Leben in Dubai, sei es aus wirtschaftlichen Gründen, wegen des Klimas oder aufgrund der wachstumsorientierten Mentalität vor Ort. Gerade in den sozialen Medien wird der Eindruck vermittelt, dass Dubai das ultimative Ziel für alle ist, die aus dem Hamsterrad ausbrechen wollen – doch was steckt wirklich dahinter?
„Diese deutschen Influencer sind nach Dubai ausgewandert – nicht nur wegen der Sonne, sondern wegen der Chancen, die sie in Deutschland nicht mehr sehen.“
Hinter den Kulissen: Warum Dubai zur Influencer-Metropole wurde
Dubai ist längst mehr als nur ein Symbol für Ölreichtum und gigantische Bauprojekte. In den letzten Jahren hat sich die Stadt zu einem Knotenpunkt für digitale Geschäftsmodelle entwickelt – mit gezielter Förderung, Highspeed-Internet, internationaler Infrastruktur und Visaprogrammen für Unternehmer. Influencer profitieren dabei vor allem von einem Punkt: der strategischen Positionierung Dubais als Business-Destination für Selbstständige. Der Standort ist nicht nur steuerlich attraktiv, sondern bietet auch ein kulturelles Umfeld, das sich bewusst modern und weltoffen gibt.
Viele deutsche Content Creator berichten davon, dass sie sich in Dubai zum ersten Mal „frei“ fühlen – geschäftlich wie persönlich. Der Zugang zu internationalen Marken, Events und Kooperationen wird als deutlich einfacher empfunden als in Europa. Auch der Wettbewerb sei ein anderer: Statt mit der deutschen Medienlandschaft konkurrieren zu müssen, betreten sie einen globalen Marktplatz, der neue Möglichkeiten eröffnet. Die Zahl derer, die von Deutschland nach Dubai ziehen, wächst kontinuierlich. Insbesondere in Bereichen wie Fitness, Luxus, Beauty oder E-Commerce gilt Dubai mittlerweile als ein echtes „Mekka“ für Reichweite und wirtschaftlichen Erfolg.
Ein weiterer Beweggrund: Die Stadt bietet staatlich unterstützte Visamodelle wie das „Golden Visa“ oder das „Freelance Visa“, speziell für digitale Unternehmer und Influencer. Dies ermöglicht eine langfristige Planung ohne Angst vor auslaufenden Touristenvisa. Gleichzeitig investieren viele Auswanderer in Immobilien – sei es zur Eigennutzung oder als Kapitalanlage in einer Stadt, deren Skyline sich im Monatstakt verändert.
Finanzielle Freiheit oder Steuerflucht? Die wirtschaftlichen Beweggründe im Detail
Für viele deutsche Influencer war der Entschluss, nach Dubai auszuwandern, nicht primär eine Lifestyle-Entscheidung, sondern ein strategischer Schritt zur finanziellen Optimierung. In Deutschland unterliegen Selbstständige, Unternehmer und besonders gut verdienende Content Creator einer hohen Steuerbelastung – Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und oft auch Umsatzsteuer fressen einen erheblichen Teil des Gewinns auf. In Dubai hingegen herrscht ein ganz anderes Klima: Wer als Privatperson Einkommen generiert, zahlt dort keine Einkommensteuer. Kapitalerträge, Immobilienverkäufe oder auch Kryptowährungsgewinne bleiben in vielen Fällen ebenfalls steuerfrei – ein Paradies für alle, die online Geld verdienen und ihren Wohnsitz flexibel gestalten können.
Viele der Auswanderer geben offen zu, dass dieser Aspekt ein entscheidender war – gerade weil das Geschäftsmodell als Influencer häufig auf skalierbarem Einkommen basiert. Wer seine Einnahmen über Kooperationen, Affiliate-Marketing, digitale Produkte oder Abo-Modelle erzielt, kann durch einen Wohnsitzwechsel enorme Beträge sparen. Das bedeutet nicht nur mehr persönliches Vermögen, sondern schafft auch mehr Spielraum für Investitionen, Projekte und Rücklagenbildung. Einige nutzen die Steuerersparnis, um eigene Marken aufzubauen, Immobilien zu erwerben oder Agenturstrukturen zu etablieren – alles unter dem Dach der steuerlich günstigen Rahmenbedingungen in den Emiraten.
Allerdings: Der Vorwurf der Steuerflucht steht im Raum. Die öffentliche Debatte dreht sich oft darum, ob es moralisch vertretbar ist, von der deutschen Gesellschaft zu profitieren – durch Reichweite, Sprache und Marktpräsenz – und gleichzeitig keine Steuern in Deutschland zu zahlen. Gegner argumentieren, dass diese Praxis unsolidarisch sei, insbesondere wenn die Influencer ihre Marken weiterhin überwiegend an deutsche Follower verkaufen. Befürworter hingegen sehen darin unternehmerische Freiheit und die logische Konsequenz eines globalisierten Arbeitsmodells. Die Diskussion ist emotional aufgeladen – aber nicht pauschal zu beantworten.
Zur besseren Übersicht ein Vergleich einiger wirtschaftlicher Faktoren:
| Aspekt | Deutschland | Dubai |
| Einkommensteuer | bis zu 45 % | 0 % |
| Kapitalertragssteuer | 25 % + Soli | 0 % |
| Umsatzsteuer auf digitale Güter | 19 % | optional je nach Modell |
| Gewerbesteuer | kommunal, variabel | nicht existent |
| Unternehmensgründung | aufwendig, reglementiert | unkompliziert über Freezones möglich |
Zusätzlich gibt es zahlreiche steuerliche Sondermodelle und Business-Lizenzen, die speziell auf digitale Nomaden und Influencer zugeschnitten sind. In sogenannten „Freezones“ können Unternehmen innerhalb weniger Tage gegründet werden, inklusive eigener Bankkonten und Visa-Optionen. Viele dieser Modelle erlauben es, mit geringem administrativem Aufwand ein rechtssicheres Setup aufzubauen. Kein Wunder also, dass Dubai für viele wie ein wirtschaftlicher Neustart wirkt – in einem System, das Unternehmertum nicht nur erlaubt, sondern gezielt fördert.
Lifestyle und Alltag in Dubai – Realität statt Hochglanzfilter
Instagram-Storys aus Infinitypools, TikToks zwischen Wolkenkratzern und YouTube-Vlogs in Designvillen – das öffentliche Bild vom Alltag in Dubai wirkt makellos. Doch jenseits der inszenierten Social-Media-Realität zeigt sich ein Leben, das durch starke Gegensätze geprägt ist. Einerseits bietet die Stadt einen Lebensstil, der kaum Wünsche offenlässt: Sauberkeit, Sicherheit, exzellente medizinische Versorgung, High-End-Gastronomie und luxuriöse Freizeitangebote sind allgegenwärtig. Gleichzeitig ist Dubai auch eine Stadt der Regeln, sozialen Codes und klimatischen Extreme.
Der Sommer in Dubai ist gnadenlos. Temperaturen über 45 Grad, hohe Luftfeuchtigkeit und Sandstürme gehören zum Alltag zwischen Mai und September. Aktivitäten im Freien werden auf ein Minimum reduziert. Indoor-Fitnessstudios, klimatisierte Malls oder private Lounges sind dann die Rückzugsorte – eine Realität, die in den Social-Media-Feeds oft ausgeblendet wird. Auch das soziale Leben ist anders strukturiert als in Deutschland: Treffen finden häufiger in privaten Settings oder exklusiven Locations statt, die Community ist international, aber oft flüchtig.
Zudem gibt es kulturelle Regeln, die insbesondere im öffentlichen Raum zu beachten sind. Kleidung sollte respektvoll gewählt werden, Zuneigungsbekundungen sind eingeschränkt erlaubt, und Alkoholkonsum ist gesetzlich reguliert. Für Influencer bedeutet das, Inhalte sensibler zu gestalten – besonders wenn sie authentisch sein wollen, ohne gegen lokale Normen zu verstoßen. Hier zeigt sich ein Spagat zwischen freier Entfaltung und kultureller Rücksichtnahme.
Auch in praktischer Hinsicht stellt Dubai hohe Anforderungen: Wer eine Wohnung mieten will, muss in der Regel die komplette Jahresmiete im Voraus zahlen. Nebenkosten, Visa-Verlängerungen, Krankenkassenbeiträge und Fahrzeugunterhalt summieren sich schnell – Dubai ist kein Ort für „billiges Auswandern“, sondern für kalkulierten Luxus. Trotzdem berichten viele Auswanderer von einem insgesamt positiven Lebensgefühl. Die Stadt bietet eine Struktur, in der Erfolg gefördert und Dienstleistung großgeschrieben wird – ob beim Concierge, im Krankenhaus oder im Business Center.
Was sagt die Community? Reaktionen aus Deutschland und der arabischen Welt
Die Entscheidung, als Influencer nach Dubai auszuwandern, bleibt nicht ohne Reaktion – weder im Netz noch im persönlichen Umfeld. Gerade in Deutschland stoßen die Beweggründe auf gemischte Gefühle. Viele Follower äußern Bewunderung und Neid zugleich: Bewunderung für den Mut zum radikalen Neuanfang, Neid auf den scheinbar grenzenlosen Erfolg. Doch es gibt auch scharfe Kritik. Influencern wird vorgeworfen, sich dem gesellschaftlichen Engagement in ihrer Heimat zu entziehen und ein verzerrtes Bild von Realität zu vermitteln – ein Leben voller Luxus, frei von Steuern, fernab der Sorgen, die viele Menschen im Alltag beschäftigen.
In Kommentaren und Reaktionsvideos auf Social Media wird dieser Diskurs offen geführt. Häufig wiederkehrende Fragen sind: Warum profitiert jemand weiter von deutschem Publikum, wenn er sich bewusst aus Deutschland zurückzieht? Wird hier ein Lebensmodell idealisiert, das für viele gar nicht zugänglich ist? Und wie authentisch sind die Inhalte, wenn sie in einem Umfeld entstehen, in dem kritische Meinungsäußerung begrenzt ist?
Interessant ist jedoch, dass auch innerhalb der arabischen Welt die Influencer-Welle aus Europa nicht nur als positiv gesehen wird. Während die Regierung den Zuzug digitaler Unternehmer fördert, gibt es in Teilen der einheimischen Bevölkerung eine gewisse Skepsis. Viele empfinden die zunehmende Präsenz westlicher Selbstinszenierung als oberflächlich oder kulturell distanzlos. Umgekehrt bemühen sich manche Influencer, Brücken zu bauen: durch Sprache, durch das Einhalten lokaler Regeln oder durch den Austausch mit arabischen Creatorn.
In der Community der Auswanderer hingegen herrscht weitgehend Solidarität. Man hilft sich bei Behördengängen, teilt Kontakte zu Anwälten, Steuerberatern oder Visaservices, organisiert Treffen in Coworking-Spaces oder beim Brunch in exklusiven Hotels. Diese Subkultur in der Wüste wächst – und mit ihr eine neue Generation an deutschen Stimmen, die Dubai nicht nur als Kulisse nutzen, sondern als Plattform für den eigenen Markenaufbau.
Was bleibt? Ein Blick auf Trends, Auswirkungen und offene Fragen
Die Entwicklung ist eindeutig: Immer mehr deutsche Influencer – ob aus Fitness, Business, Mode oder Familien-Content – entscheiden sich für ein Leben in Dubai. Es ist ein Ort, der wie geschaffen scheint für digitale Geschäftsmodelle, visuelle Inhalte und unternehmerische Freiheit. Doch die Frage bleibt, welche Auswirkungen dieser Trend langfristig haben wird – für die Plattformen, für die Gesellschaft und für die Glaubwürdigkeit von Influencern als öffentliche Stimmen.
Es wäre naiv, den Umzug nach Dubai rein als persönliche Entscheidung zu betrachten. Dahinter steckt ein komplexes Zusammenspiel aus wirtschaftlichem Kalkül, globaler Positionierung, Marktdruck und Selbstverwirklichung. Diese deutschen Influencer sind nach Dubai ausgewandert – das ist Fakt. Doch ob sie damit auch ein besseres Leben führen, lässt sich nur schwer beurteilen. Für manche ist es ein Upgrade, für andere nur eine neue Inszenierung. Was bleibt, ist die Diskussion darüber, wie weit digitale Unabhängigkeit gehen darf – und ob wirtschaftlicher Erfolg wirklich alles rechtfertigt.
Die nächsten Jahre werden zeigen, ob Dubai seine Rolle als Influencer-Magnet festigen kann oder ob sich die Szene neuen Hotspots zuwendet – etwa nach Singapur, Zypern oder zurück nach Europa. Sicher ist: Die Frage nach sozialer Verantwortung, Transparenz und Authentizität wird Influencer auch in der Wüste nicht loslassen.





